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Diese Seite enthält 42 Gedichte (Prosa-, Reim-Gedichte und Sonette)

Tacheles I (337)1/Vergleiche (73/3836)

Lass doch dieses Kindsgerede,
dieses vorwurfsvolle Plappern,
wiederholt’s doch nur dies stete
optimistisch flache Sabbern,
dass so cool sei diese Zeit,
wohlstandsgeil und voller Chancen,
blitzend auf als Wahlfreiheit
bis in Ich- und Drogen-Trancen.
Das sind alles Kundenlügen,
dienend als Entlastungsmären.
Faktisch muss man sich betrügen,
weil hier alles ist Versehren …
Wertmisere, Selbstaufgabe,
Deklassierungseinerlei.
Niemand da, der sich noch habe …
Selbstwertarm als Girl und Guy.

Sparkassenangestellte (338)2

Man würde vielleicht, 
Zeuge dieser folgenden zwei, drei Minuten,
sagen, ihre Vorgesetzte habe sie dazu angehalten,
mich korrekt, fachkundig 
und freundlich zu bedienen;
man würde wahrscheinlich, da naheliegend, 
anmerken,
dass das ökonomische Interesse der Institution 
und also auch ihr eigenes am Erhalt ihres Arbeitsplatzes
die eigentlichen Gründe für ihr schauspielerisch 
einigermaßen gelungenes Verhalten sei:
Das reflexhafte, zur zweiten Natur gewordene 
einstudierte Lächeln,
dieser leise Anflug fast unmerklicher Rest-Anmut,
direkt unterhalb der Augenpartie absterbend,
die stupend übertriebene, 
auf das Hervorrufen von Optimismus 
zielende Höflichkeit,
die eine feine Spur von aufbegehrender Unterwürfigkeit
allerdings  nicht ganz verbergen kann,
eine zwischen Gleichgültigkeit 
und Verlogenheit sich biegende,
irgendwie aber doch gewinnende Verfügbarkeits-Komödie,
routinierte Umsicht und perfekt abgespulte 
Bedienungswilligkeit,
nicht zu vergessen die wahrscheinlich nicht gemimte
misstrauische Distanz 
Fremdheit taxierender Feindschaft.
Eine Orgie kapitalistisch abgerichteter Maskerade,
die ich aus der sterilen Atmosphäre 
des Kassenraums herauswittere,
ohne dass die kommandierende Erotik fehlte,
lungernd zwischen weiblicher Feingliedrigkeit 
und psychenutilitaristisch getränkter Nichtssagendheit.
Mit dieser Sicht der Dinge 
träfe man gewiss etwas ungefähr Richtiges,
wenngleich sie viel zu einseitig wäre,
denn in diese quasi allseriöse Banalität 
von geschäftiger Alltagsbewältigung
fließt doch zugleich etwas ganze Fundamentales ein,
spätestens genau dann,
wenn die Angestellte ihren Kopf 
leicht in meine Richtung dreht,
um mich schweigend auf mein Eigeninteresse 
hinzuweisen,
doch bitte konzentriert mitzuzählen,
so, als wolle sie mich beschwören,
die existenzielle Schwere und Ernsthaftigkeit 
des nunmehr folgenden Vorganges
nicht zu verkennen oder gar 
leichtfertig zu bagatellisieren:
Die Scheine gleiten durch exaktheitsdurstige Finger.
Die Stimme ist tonlos, fast trauerdürr,
metaphysisch gleichsam erregt 
angesichts der Papier gewordenen Pleonexie,
unweicher, dunkler und weit entschlossener jedenfalls
als zuvor beim Abhaspeln jener Floskelposse.
Das Hirn ist hingegeben und zugleich trunken
von angespannter intellektueller Wachheit 
beim Artikulieren der Zahlennamen:
10, 20, 30, 40, 50, 60, 70, 80, 90, 100.
Winzige Pause. Dann:
10, 20, 30, 40, 50, 60, 70, 80, 90
- kaum merkliches, zugleich erleichtertes Innehalten -
200!
10, 20, 30, 40, 50, 60, 70, 80, 90 - 
verhaltenes Triumphieren - 300!
Und noch die kleinsten Münzen, die sie, 
spitz gepackt, säulenweise aufstapelt,
erzwingen jene plump erscheinende Bestimmtheit 
dinglichen Stumpfsinns,
der längst unverschämt selbstherrlich 
durch unsere ausgedünnten Seelchen läuft.
Niederlagenseite menschlicher Existenz:
Die alle Geistmächtigkeit korrumpierende und
- verstauben die Altäre, zerfällt die Horde,
brechen die Haltmärchen aus,
toben die Phrasen,
geifert die realitätsflüchtige Tugendeitelkeit,
kichern die Surrogate und Adiaphora -
verstörende Artefaktenverhaftetheit,
das drastisch knebelnde Bedürfnis
des in sich selbst gehetzten Individuums
im Dauerkampf um den würdefrei 
sachbefangenen alltäglichen Subsistenzerhalt:
Miete, Nahrung, Vergnügen, Urlaub, 
Prestigekonsum, Selbstwertsteigerung …
und überhaupt um die Befriedigung wesenstiefer 
Ich-, Hab-, Macht- und Genuss-Sucht. 
Da realisierte sich ein fundamentaler 
menschlicher Vorgang:
Das Ineinanderschießen von Stoff, 
Wert und Dauerbedürftigkeit.
Bis in die Stimmführung, die Bewegungsabläufe 
und das nach außen gesetzte,
theatralisch-komplexe Seelenspiel.
Analog den Grundgegebenheiten von Kreatürlichkeit,
technischer Intelligenz und Geisteswelt.
Wesensfluch für einen der Natur entlaufenen, 
auf sich selbst verwiesenen 
hypertroph verhirnten Primaten:
Radikal einsam,
vergänglichkeitsgetrieben,
illusionsbedürftig,
wohllebenshaltlos 
durch ein sinnloses Dasein sich lügend.

*metaphysisch = ein sinnlich nicht Fassbares betreffend (etwa: Gott); 
*Adiaphora  griech: Überflüssige Dinge, das, was man nicht braucht; *Subsistenz: veraltet für Lebensunterhalt; 
*hypertroph griech.: in übertriebenem Maße, überspannt, überzogen; 
*Primaten = Herrentiere, die so heißen, weil wir (sozusagen die „Überaffen“) an deren Spitze stehen: (1) Mensch, (2) Menschenaffen (Schimpanse, Gorilla, Orang Utan, Gibbon), (3) Tieraffen: (a) die afrikanischen: Catarrhini (Schmalnasenaffen) und (b) die südamerikanischen: Platyrrhini (Breitnasenaffen) (4) Halbaffen (etwa die auf Madagaskar oder die in Asien)

Klarstellung III (339)3

Gott ist fort.
Die Freuden sind’s.
Fort ist auch die Heiterkeit.
Eros, Würde? Ohne Ort.
Die Vernunft die eines Kinds:
Tugendfanatismuskleid.
Soll in Sacke und Asche gehen.
Ob des Elends von so vielen.
Soll für diese Welt einstehen,
schuldig mich betroffen fühlen.
Noch mal also: Gott ist fort.
Mit ihm aller Sinn und Zweck.
Niemand ist sich selbst noch Hort:
Jeder Halt ist weg.
Wir begingen Geistes-Mord.
Gehe nicht in Sacke und Asche.
Deutschverlogen nicht gezinkt.
Greife lieber mal zur Flasche.
Allhin, wo noch Rausch gelingt.
Ist doch alles nur noch Masche,
der verdinglicht man versinkt.

All-Verfall (340)4

Was mich da anweht,
ist Verfall:
Ob ethischer, ob rechtlicher,
ob staatlicher, ob kultureller:
Ein All-Verfall,
der immer schneller
sich gleichsam autonom 
von selber sät.

Wir können nur ihn
über uns ergehen lassen;
zumal ihn kaum noch 
auch als Selbstverlust 
erfassen:
Depersonalisierung, Dekadenz,
Verwahrlosungsbegehren,
die als Entlastungszwänge
hilflos uns versehren.

Transzendenter Daseinsort/Sonett (341)5

Mein Heimatdorf, das hab ich nie verlassen,
in Wingertzeilen mir die Welt zu deuten,
mich in Geläute-Trancen zu vergeuden,
um jenen trauten Gott nicht zu verpassen.
Der mich bis heute hindert zu verprassen
an Gaukeleien mich mit leeren Beuten
für Fun-Traum-Seelen, die Klamauk sich häuten.
Inzwischen Sinnersatz in allen Klassen.
Und so wird’s bleiben, bis ich einstmals wieder
anheim bewusstseinslosen Stoffen falle.
Sei’s zwischen Ähren, unter einem Flieder,
sei’s schmerzlos streifend eine Dornenkralle.
Dass dann der Einsamkeiten stille Lieder 
dem Nichts sich widmen in ‘ner Leichenhalle.

Annäherungen an mich selbst (342)6

Das Treiben außer mir? Nun Nutzensause.
Doch eine solche liegt mir nicht.
Ich bleib in meiner Klause
bei Einsicht, Einsamkeit, Geist und Gedicht.
Nicht dass es mir um Arroganz da ginge,
verächtlich jene zu betrachten.
Nein. Nein. Mein Ziel war stets, mir selber zu gelingen.
Und schaffte ich’s, entsprechend mich zu achten.
Zumal auch jene gar nicht halten kann,
was sie uns suggeriert:
Glück, Freiheit, Lust … Gar religiösen Bann.
Indes zu deren Schein uns nur verführt.
Und so frontal uns aussetzt Fakten:
Wie Marktknechtschaft, Prestigesucht, Lebenslügen,
bedürfnisempiristisch uns zu takten:
heteronomem Kurzvergnügen.
Indes warum ich mich auf diese Art erfuhr,
das kann ich nicht genau erklären.
Wohl auch, weil ich sehr früh schon nur
Verlassenheit und Hohn mich musste zäh erwehren.

Sonett über die Ablenkung vom eigenen Ende (343)7

Was soll’s! Ich trinke eine Flasche Roten.
Und lass die Welt sein, was sie immer ist:
Ein Elends-Ort, der auf sich selber pisst.
Vor allem auch auf seine Tugendnoten.

Auch deshalb trink ich, weil die Lebensfrist
als bald vorbei mir melden alle Boten
des alten Körpers, dem sich Angst schon hisst.
Die freilich nicht mehr rühren wird den Toten.

Vielleicht gelingen noch ein paar Gedichte.
Für niemand wohl …. Na dann umsonst verfasste.
Die meisten sind ja längst Vergnügungs-Wichte:

politisch-wirtschaftlich sich selbst Verprasste.
Und die, die brauchen anspruchslose schlichte
Belämmerung, sich doch längst selbst Verblasste.
        
Unberührbar (344)8

Ich war mal Lehrling in einem Autohaus
in Ludwigshafen am Rhein.
Ich sollte mich zum Großhandelskaufmann
ausbilden lassen.
Drei Monate dauerte die Lehre.
Dann wurde ich entlassen.
Ich hatte die Berufsschule geschwänzt.
Eine Berufsschule in Mannheim.
Ich lungerte ziellos in der Stadt herum.
Dann ging ich in ein Sportstudio.
Dabei war ich erwischt worden.
Das war 1966, 
zwischen Oktober und Dezember.
Indes warum mache ich daraus ein Gedicht,
Ende März 2016, fast 50 Jahre später?
Nun:
Die Einsamkeit war damals dieselbe wie heute.
Die Leere war damals dieselbe wie heute.
Die Gleichgültigkeit, meine und die der andern
mir gegenüber, war damals dieselbe wie heute.
Und diese mich rauschhaft überströmenden Glückstaumel,
das sind auch dieselben wie damals -
Als liefe irgendein Daimon durch mich hindurch,
sie blindlings und ungezählt an mich zu verteilen.
Weit aussickernd bis an den Rand der Unberührbarkeit
durch erbärmliche Artgenossen,
wispernden Nihilismus und surreales Weltgeschehen.
Längst duzend sogar die Vergänglichkeit,
ludere ich geistgeborgen hellsichtig dahin,
immer noch kindlich erschauend
meine windgetragenen Scherbendome.

Einige ganz persönliche Erinnerungen an die DM/Andeutungen (345)9

Für ein paar Pfennige kaufte ich,
Ende der 1950er Jahre, meine erste Zigarette.
Eine Bali.
Man konnte sie damals noch einzeln kaufen.
1963 verdiente ich die ersten paar hundert Mark.
Einen Plattenspieler wollte ich mir kaufen.
Marke Dual.
4 Wochen Ferienarbeit in einer Früchteverwertung.
Ich habe da mit Leergut gefüllte Kästen
mit einer Sackkarre zu einem Laufband transportiert.
Das war die Aufgabe.
Und als ich ein Jahr später in einem Lichtspieltheater 
im Dunkel einer der letzten Sitzreihen,
schüchtern und unbeholfen 
meine erste Liebe anknutschte -
schlaksig war sie, madonnenhaft und,
wie es sich kurz darauf herausstellte, 
verachtungslüstern  und charakterlos,
verdankte ich das zwei Kinokarten 
für zusammen 2,40 DM,
wenn ich mich richtig erinnere.
Längst geruchlose, zungenverweste Banalitäten.
Gewiss.
Beizender Tabak, stechender Apfelsaft,
Elvis Presley-Hits und der Geruch warmer Mädchenhaut,
der in verwirrende Erwartungen und 
undeutliche, Herzklopfen provozierende, 
Versprechungen riss. 
Kindliche Früherfahrungen
und doch auch schon endgültig mitprägende,
Seelentrance ausrichtende allemal.
Und in den spätesten Erinnerungen immer noch  
so unauflöslich zartbrutal mit der DM verknüpft,
dieser quasi omnipräsenten DM.
Die zumal, wie die Köpfe der meisten damals,
so auch das ärmlich-schäbige Zuhause 
anonym beherrschte,
diese lastende Bodenlosigkeit 
mit ihrem Mangel an Geborgenheit,
der, das immerhin ahnte ich, unverschuldet war.
Ihrer, der Eltern, Unfähigkeit geschuldet,
mir eine Erziehung angedeihen zu lassen,
die würde diesen Namen verdient haben.
Alkohol, Angstanfälle, Eheprobleme und 
eine rapide Entfremdung voneinander 
verhinderten es.
Ein stupender Zerfall eines familiären 
Behütungsdilettantismus setzte ein.
Reaktiv, auf meiner Seite, sich erweiternd 
in eine magisch angereicherte Welt des Imaginären,
phantasmagorischer Selbstüberhöhungen und 
einsamkeitsverbluteter Alltagssurrogate.
Die ich mir auch nur mit Hilfe der DM leisten konnte:
Tagtraumgeschwängerte Psychenläufe zwischen einem Kleinstadtzentrum, Kneipen und Friedhofstillen.
Tassenverlungerte, geschwänzte Schultage 
in verrauchten Cafés, Pseudovertrautheit lügend 
mit anderen familiär und sozial deklassierten 
jugendlich zynischen Außenseitern,
kindisch lässigkeitskultig,
entlastet von Zweck und Verpflichtung.
Rock’n Roll und Beat-Platten abspielend.
Emotional aufwühlend, 
einlullend in trivialbrünstige Ausdrucksverströmungen,
physischen wie psychischen.
Kinofilme verschlingend 
mit in einen bewunderungsprall-narkotischen 
Bann ziehenden  Zelluloidhelden, 
in deren Körper man phantasieweise schlüpfte,
deren Art zu sprechen, 
Mimik und Verhalten man nachahmte.
Besonders ich, der körperlich deklassierte, 
die adipöse Unform und Zielscheibe
bedenken- und rücksichtslos über mir 
ausgekübelter Häme,
um für anderthalb Stunden Abstand von mir selbst 
und meinen menschenfeindlichen Realitäten 
zu gewinnen:
Nachmittage stundenlangen Flipperspiels.     
Die zufallskatapultierte Kugel faszinierte mich so sehr,
dass sie mich allen Daseinsdreck vergessen ließ.
Rohem Proletarierprotzen hingegeben
in irgendeiner der Dorfkaschemmen,
hermetisch verzweiflungsdicht auch es.
Bitter, spottkrass, hodenlastig.
Elektrisierendem Zocken endlich,
das es mir, ich hatte dabei sehr viel Glück,
erlaubte, die Scheine und Münzen zu gewinnen,
meine Ersatznischen zu finanzieren.
Die meines schimärenbesetzten Alleinseins,
die Heuchlerakrobatik einer tränenden Randexistenz,
Anerkennungsprostitution,
Ausgeschlossenheitswehen,
Pawlow-Versuche der Selbstekeldämpfung.
Immerhin ergatterte ich zudem 
- besser: Mein Vater zwang mich dazu,
einem seiner Kumpel einen Gefallen zu tun -
eine regelmäßig immer während der letzten Monatstage 
auszuführende Hilfsarbeit,
die mir zusätzliches Geld einbrachte:
Das Einsammeln von Gebühren 
für einen privaten Unternehmer 
in Sachen Müllentsorgung,
was mir, neben dem Zocken, auch eine, 
wenn auch nicht üppige, Summe von 
- ich weiß es nicht mehr so genau -
vielleicht 20 bis 30 Mark monatlich einbrachte,
die ich u. a. in den Kauf 
von Rock’n Roll-Langspielplatten steckte.
Im Übrigen eine lehrreiche Aufgabe,
lernte ich doch auf diese Weise auch 
die näheren Verhältnisse der Kunden 
jenes Unternehmers kennen:
Die von Einsamen, Eigensinnigen, Unglücklichen, 
vom Leben Enttäuschten, 
Charakterlosen auch.
Sie erzählten mir das nicht. 
Aber ihre Gesichter, ihr Gehabe, ihr Verhalten, 
ihre Marotten zumal verrieten sie mir soweit,
dass ich ihnen ihre Innenweltverfassungen 
intuitiv abfühlen konnte.
Hilfloses Seelenschlingern ‚
eines körperlich schwerstgezeichneten
und sozial verkommenen Jugendlichen, 
auch gegen die anonym auslesende,
aber von mir überscharf empfundene Nichtbeachtung 
durch eine streng hierarchisierte Bürgerschaft:
Bigotte Dorfhonoratioren voller Presbyter-Stumpfsinn, 
Eitelkeit und Hybris in jedem Augenblick verströmend,
tugendinbrünstig überlegenheitssicher …
Schollenstolze Großbauern,
joviale Parvenüs, arrivierte Geschäftsleute,
fußballtolles Proletariat und jene studierte Oligarchie 
mit ihrer defensiv virtuosen Verachtungs-Strategie …
Arzt, Pfarrer, Jurist, Steuerberater usw.,
die, sich glorifizierend, zu erhöhen versuchten. 
Indes doch auch fühlbar menschlich,
kreatürlich getrieben von genetischer Mediokrität auch,
weniger böse als vielmehr homotypisch 
dünkelhaft normal.
52 Jahre hat die DM dieses, mein spreißelzwergiges,
dumpfzielloses und subjektiv als gescheitert gefühltes 
Dasein mitgeprägt:
Intimste Bestrebungen wie katastrophales Versagen,
Selbstwertverlust und Scham,
Erniedrigung und Würdelosigkeit,
feinsinnigste Niedertracht,
folgenlos speichelnde Redlichkeit aber auch,
die ich doch,
wider Willen gramingeniös abgerichtet 
auf pathologische Hellsicht,
schon früh zu entlarven wusste als Schwäche,
schlimmer: Anbiederung als Selbstaufgabe,
selbstquälerische Feigheit 
und quasi sykophantische* Schmierigkeit.
Bloß dieses Durstes nach Dazugehörigkeit wegen,
so kommandierend auch noch den Rest 
an Selbstachtung untergrabend.
Wie alle diese Niederlagen, Zusammenbrüche,
Verwundungen und Hinfälligkeiten.
Allesamt obendrein unzurechenbar.    
Ich habe die DM geschätzt,
geschätzt, wie man eben das stofflich Tote,
das Gegenständliche schätzen muss.
Steht man doch 
in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihm,
hat es so bitter nötig, 
um die eigne Existenz materiell zu bewältigen.
Und wofür hätte dies mehr gelten können
als für die DM, 
diese Währungseinheit abstraktester Indolenz,
wurde das Verhältnis zu ihr doch immer vertrauter,
entwickelte sich gar, 
je erfolgreicher das Land sein Wirtschaftswunder 
umzusetzen in der Lage war,
zu einer Art Anhänglichkeit,
die zuletzt in irrationaler Überhöhung 
dieser DM endete:
Stand sie doch irgendwann 
für eine neue nationale Identität,
einen anderen deutschen Menschen,
der endlich zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit 
und die Wertschätzung eines Wohlstandes 
gefunden habe,
der geeignet sein würde, ihn davor zu bewahren,
sich noch einmal auf ein politisches Abenteurertum 
präzisester Verwaltungs- 
und Selbstzerstörungs-Bestialität einzulassen,
symbolisierte sie doch auch eine neue Geltung, 
Wertschätzung und Anerkennung 
deutscher industrieller Leistungskraft.
Und zumal auch den politischen Willen, 
sich als verlässlicher Teil 
des westlichen Bündnisses zu bewähren.
Ich selbst hatte sogar einen ganz subjektiven Grund, 
die DM zu überhöhen,
verdankte ich doch jener stupenden Leistungskraft, 
für die sie als Währung stand, 
dass ich nicht einen Tag auch nur arbeitslos war. 
Was mich auch in die Lage versetzte, 
mich weiterzubilden.
Mir, um es genau zu sagen, 
die sublimste aller Daseinsausflüchte 
und Selbsttäuschungsmittel: Bildung anzueignen,
der ich würde, ich glaubte es zu wissen, 
am Ende weit mehr zu schulden haben als die Chance,
mich innerlich von meinem Herkunftsmilieu zu befreien 
und zu entfernen 
um ein materiell besseres 
und intellektuell reicheres Leben zu führen.
Indem sie mir, diese Bildung, jenes Mindestmaß an 
Selbstdistanz, Selbstwert und Selbsterkenntnis ermöglichte,
das mir half, mich vor mir selbst zu bewahren:
Vor einer Persönlichkeitsstruktur, die mich, 
auch als Reaktion auf die bitteren Erfahrungen 
der Kindheit und frühen Jugend, 
zu Gewaltausbrüchen, 
Extremismus
und emotionaler und sozialer Zerrüttung 
und Verwahrlosung geneigt machte, 
mir irgendwann womöglich 
selbst zu entgleiten in ein Leben 
nihilistisch autodestruktiver Radikalität …
In Metall gegossenes Deutschsein, war sie mir, 
diese DM,
eine Repräsentantin überpersonaler Dazugehörigkeit 
zu einem Volk,
zu dem freilich ein ungetrübtes Verhältnis aufzubauen 
ich nie vermocht hatte,
doch heimgesucht und überwuchert 
von einem tiefen Misstrauen ihm gegenüber, 
zumal auch von Angst, zuweilen Hass und Ablehnung …
Innerlich in den roh-kalten Täuscherfratzen 
einer Heimat befangen,
die sich mir als solche 
gar nicht hatte aufbauen können.
Sodass nichts weiter blieb als diese DM,
fiktionales Überbleibsel vernarbter Scheinvertrautheit,
das nun auch nicht mehr ist.
Indes mir die deutsche Sprache blieb,
die aber, zumal von den Deutschen selbst vernachlässigt, 
ja: partiell aufgegeben, trivialisiert 
und regelrecht abgelehnt, zuweilen gar verachtet,
im Rahmen eines rapiden 
allgemeinen kulturellen Niedergangs 
in Schund-, Obszönitäten-, Entschämungs- 
und Gossen-Ergriffenheit,
definitiv nichts mehr zu ändern vermag daran,
dass ich einem Volk nicht angehören will,
das - eigensinnig, weltfremd, 
fanatisch wertfundamentalistisch 
und empörungslüstern realitätsfeindlich -
nunmehr verkümmerungsfrenetisch danach geifert, 
sich zu verlieren 
in einem Selbstentmächtigungsdilettantismus 
allfälliger Inkompetenz,
seine in die Verblendung 
eines Tugendübermenschentums umgeschlagene 
Hybris deutschen Allmachtsanspruchs 
vor der Welt als messianische Farce 
deutscher Verlogenheit selbstverlächerungsgierig 
aufzuführen.

*Sykophanten griech.: „Feigenanzeiger“ im alten Griechenland; gewerbsmäßige Ankläger im alten Athen; „Verräter“, „Verleumder“

Faktensichtung/Sonett (346)10

Was haben die an Selbstzwangmacht noch drauf,
all diese körpertrunkenen Monaden,
die, längst doch auch moralisch überladen,
versanken einem strikten Stumpfsinnlauf
als psychisch-kulturellem Ausverkauf …
effektvernarrt sich selbst gezielt zu schaden,
da unterworfen Wohlstands-Gram-Diktaten, 
die spaßorgiastisch fesseln sie zuhauf?
Nicht viel mehr, da sie faktisch monoman 
nur folgen können den Gegebenheiten:
Den Zwängen einer rationalen Bahn,
die’s mit sich bringt, prekär sich zu entgleiten
in einen Selbstglorifizierungswahn,
wie Hybris-Opfer müssen ihn erleiden.

Antworten auf einen Vorwurf (347)11

Ich sei so negativ,
fast nihilismusfroh?
Das kann schon sein.
Hier ist nichts tief
und überhaupt ist’s hier
doch immer so,
dass man verfehlt sich ….
ganz allein.
Notwendig stumm ist,
Stofftarot.
Ein Leben lang
nur Knecht und Gier. 

Das Übliche (348)12

Es ist ja nicht so, dass ich ränge 
um meiner Nächsten Zuneigungen.
Das schüfe mir ja doch noch weitre Zwänge:
Neid, Ablehnung und böse Zungen.
Bin glücklich, nur für mich zu sein.
Nichts zu erwarten noch zu hoffen.
Ich war mein ganzes Leben lang allein.
Auch noch von Eros, Gier und Sucht besoffen.
Wahrscheinlich geht das allen so.
Nur dass die meisten es gern von sich schieben:
Dass unser Dasein ist gemein und roh.
Beherrscht von Marktdiktaten, Ichsucht und Belieben.

Uns selber ausgeliefert. Ohne Gott (349)13

Uns selbst vollständig ausgeliefert,
werden wir uns nicht entkommen.
Sind wir doch, 
als Ratio-Knechte zutiefst irrational,
völlig außerstande,
uns vor uns selbst zu schützen.
Einsichten, 
die genügen,
um zu wissen,
wohin wir letztlich wohl gelangen werden …
Zumal von Gott verlassen,
dieser Großfiktion,
uns Ausweglosigkeiten zu ersparen.

Totalitäre Banalität (350)14 
       .
Die totalitäre Banalität,
der sich die Individuen 
dieser zerfallenden Gesellschaft,
gleichsam entlastungsfrenetisch 
auf einen trivialegalitären,
marktdionysisch-technisch hergestellten 
Emotionalismus reduziert,
motorisch unterleibsromantisch von Hits, 
Schlagern und Bestätigungstexten 
kommandohedonistisch erregt,
vergnügungsverdämmert überlassen,
ist einer der wesentlichen Gründe dafür,
dass ich in eine, schon Jahrzehnte anhaltende,
gewohnheitsmäßige Abwehrhaltung 
gegen jene gedrängt,
nicht nur metaphysisch,
sondern auch kulturell,
ästhetisch-lyrisch,
politisch und sozial,
einsamkeitshilflos geworden bin:
Ich existiere im Dauerbewusstsein 
einer unaufhebbaren Bezugslosigkeit,
die mich,
völlig auf mich selbst zurückgeworfen,
drastisch drängt,
all das in Gedichte zu bannen,
die mir wenigsten eine Art 
verlassenheitsentfesselter Autoresonanz gewähren …
gepaart mit der Ahnung 
einer möglicherweise weitaus 
subtileren Verknechtung jener Individuen:
Die einer digital gesteuerten All-Entmündigung.

Zum deutschen Wesensextremismus (351)15

Es ist nicht einfach, meine massiven Aggressionen 
im Zaum zu halten,
zumal diese gar nicht aus empirisch greifbaren Geschehenszusammenhängen resultieren,
sondern aus dem 
diffusen Erahnen einer Verkommenheitsinbrunst, 
ja: -lüsternheit,
die, in allerlei Ausformungen:
staatlich,
rechtlich,
ökonomisch,
kulturell,
ethisch und existentiell, 
die gegenwärtige deutsche Gesellschaft gleichsam 
panpotent heimsucht,
eine Gesellschaft,
offenbar bereits so sehr entsolidarisiert, 
dass sie in der Gleichgültigkeit 
gegenüber sich selbst eine letzte,
deutschpathologisch-tugendlaszive, 
weinerlich hilflose,
quasimetaphysische Genugtuung fühlen 
und genießen mag …

Als Selbstentmächtigungstrauer darüber, 
dass sich die übrige Welt der deutschen Vision 
einer guten, gerechten, agapemystisch ergriffenen,
gütigen und politmessianisch erlösten,
kurzum: sittlich vollendeten Menschengemeinschaft 
zu überlassen, offenbar letztlich doch,
wohl von Natur aus elendslüstern,
nicht gewachsen zeigt.
       
Für Gautama Buddha (352)16

Dem schieren Lebensdurst,
so faktisch einer Drangsal-Euphorie
von Lust und Selbstentfaltung hingegeben,
wär ich bereit,
ihn immer wieder zu durchlaufen,
den Teilchenkreislauf funkelnder Magie,
die so besessen macht von seinem Was und Wie …
Ihm alles, was er bietet, abzuraufen …

Wenn da nicht dieser große Weise wäre
aus Indien, der vor langer, langer Zeit,
es längst schon tiefer: besser wusste:
Das Dasein? Es ist Leid.
Das es daher zu überwinden gälte,
um aufzugehen einem Endzustand -
nicht Nichts, nicht Sein,
auch nicht Bewusstseinsstand ...
Ein X, nicht greifbar als, was uns, 
wie immer auch erträumt, bezelte …
Uns zu vermeiden Selbst- und Welt-Verluste,
Verrat und Niedertracht,
Macht, Scham und all diese Formen,
sich Lust und Sinn und Halt und Zweck zu taufen,
die Welt zu binden an das Recht und Normen
polit-moralischer Gewissenskruste …
von Utopien angeregt, 
von Wahn zu Wahn zu laufen:
Europas weltzentriertes Gegen-Nein.
Ganz mild belächelt von der Weisheit Nie.

Existieren auf Abruf (353)17

Einsamkeitsverrieselte Psychentorkelei 
durch ein leerformelumschwiegenes,
totalitärhedonistisch irrationales Gesellschaftsgefüge 
von in sich selbst eingesperrten Orientierungslosen,
gezwungen, sich ständig zu inszenieren, zu optimieren, 
beliebt und interessant zu machen …
und so progressiv schleichend zu vermittelmäßigen …
sich hinzunehmen zumal als unausweichlich Schäbigkeit und Niedertracht ausgesetzte,
abstrakt sakralisierte Pseudoautonome …
stumpfsinnwirr auch ihrer eigenen Verlogenheit,
Indolenz, Wirklichkeitsverleugnung 
und Gewissensarmut verfügt …
Bis die Wesensgnome wieder auf toben …
gewaltlüstern und vernichtungsgierig.

Am Ende (354)18

Was wird’s gewesen sein am Ende?
Was fragst du das?
Das weißt du doch.
Versäumte Glücke: 
Spenden leerer Hände …
Ein ingeniöses Ratio-Joch
als mammonhedonistisch
inszenierte Blende 
und seelenlos
verramschte Tücke.

Nihilismus-Spiel (355)19

Indes, was soll ich mich denn grämen,
erregen, aggressiv empören?
Mich gar der Posse dieses Daseins schämen,
das doch Charakterlosigkeit will ehren,
Verlogenheit, Verwahrlosung, Verdrehen 
von Fakten, die man gar nicht leugnen kann:
Was einen freilich mag nach oben wehen,
sei man auch nur profaner Ehrgeizbann …
Gemeines Spiel, narzisstisch leer,
ein Nichts, indes des Zeitgeists Bote,
sich so zu profilieren tugendhehr
bei seinesgleichen – eben jeder Schote*.
Ist doch die Welt, wie sein sie muss:
Definitiv determiniert.
Ein atomarer Zufallsguss.
Der auch uns selbst hat doch herausgeführt
aus einem evolutionären Fluss:
Dem Nihilismus-Spiel, 
in dem sich jeder - schuldlos - dann verliert.

*Schote: jiddisch „Einfaltspinsel“
      
Nach allem, was ich höre … (356)20

Wenn ich es mir so richtig überlege,
dann sollte ich viel öfter ‚scheiße’ sagen 
und ‚fuck’ und ‚cool’ und ‚wow’ und ‚geil’…
Mich locker machen, um vom feeling her, 
mich allem schneller anzupassen.
Zumal’s doch gilt, nur Schund sich noch zu liken. 
Auf die performance kommt’s primär da an,
success und image einzuheimsen.
Denn anders wird mich keine Sau verstehen.
Ich muss mich also selbst aufgeben.
Und Sachen sagen, die mir Eindruck schinden.
Wie tough wir seien als verfickte champs,
to make us great and powerful.
Zum Beispiel auch durch Sexshowmoves
bombastisch-zirkushaft, ganz anmutslos.
Ein Stumpfsinnaufschrei von Behelfsnarzissten,
ganz typisch auch für Markttrabanten 
und legendäre movie heroes:
Gelernter Unbedarftheit Schicksalsposse.

Spätes Gedicht II/ Für homo sapiens bambergensis (357)21 Vergleiche (14/820)
 
In manchen Stunden denke ich an dich.
So intensiv, 
wie ich mir’s eigentlich nicht leisten kann.
Ein Körperwrack.
Krank, schwach, Verfall ergeben.
Ein Siechtum, 
ringend längst um jeden Stich.
Wie gern verfiele ich 
noch einmal deinem Bann.
Ich meine, diesem magisch schieren, 
von Ratio scheinbar ungetrübten Leben: 
Vollendungsfeuchter Lust an sich.
Was gäb ich da nicht alles drum!
Wahrscheinlich freilich würde ich versagen.
Kaum fähig, 
noch ein Glas zu halten …
Vor lauter Zittern,
sonst auch körperlichen Plagen …
Mir grabschubmächtig nur zu deuten.
Mein Gott, 
was würde mich die Sehnsucht jagen:
Der Urbefehl erotisch tiefster Zwänge,
im Manna deiner Lippenspalten 
noch einmal panekstatisch Dasein zu entbittern
in deines Schamhaars 
Trost- und Sinngepränge.

Bestandsaufnahme I (358)22

Lebt man für sich, 
fällt einem manches ein,
was einem, andern zugehörig, 
eher nicht einfiele.
So etwa, 
dass absurd ist dieses Gramdasein:
Gefüge atomarer Zufallsspiele.
Dass, völlig unfrei, man Monade ist,
die sich nach Gleichung, 
Markt und Technik richten muss …
Genau genommen, 
nur sich selbst abküsst,
Objekt von Geld-, Betrugs- und Phrasen-Fluss.

In einer Wohlstands-Orgie tief gefangen,
ist’s wirklich klug, 
für sich zu bleiben.
Sich möglichst 
zu entziehen ihren Scheinbelangen …
Sich Einsicht, Kunst: 
sich toter Geistmacht aufzureiben.

Bestandsaufnahme II/Wer und was wir sind (359)23

Wir haben alle Sehnsucht nach dem Absoluten.
Obwohl wir alle ahnen, es ist Illusion.
Indes auch wissen, 
dass wir Zeit ausbluten,
Verfall verfügt, der Worte Mohn,
Zwang, Scheitern und geplatzten Träumen …
Und was da sonst uns noch zerbrechen mag.
Tatsächlich dauernd doch getrieben
und Augenblicken nur beflissen
(Pleonexiegelüsten, Fakten-Sollen),
uns also leibgefangen strikt versäumen
und unterwerfen allem Kruden
(zumal wir das grad müssen wollen).
Evolutionsverhängnis, feind dem Guten,
notwendig Barbarei verschrieben …
Vergeblich rufend nach dem Absoluten.

Bestandsaufnahme III/Selbstausdeutung (360)24

Meinen Sie, ich hätte dürfen
autonom mich selber wählen?
Hätte einfach müssen schlürfen
aus den Gaben, die mir zählen …
Ihrem Kern nach Wort und Geist?
Mich zu deuten in Gedichten?
Was mir Daseinschance doch heißt?
Auch mir so ein Glück zu lichten?

Mir liegt anderes zugrunde:
Krankheit, Trauer, Einsamkeit …
Manche trostlos leere Stunde,
angefüllt mit stillem Leid.
Trunksucht, Ängsten ausgebrochen,
Asozialität und Scham …
Wesenstief mir eingestochen:
Lebenslanger Gram.

Offen muss ich freilich sagen:
Fähig wär ich nie geworden,
ohne Geist mich selbst zu tragen …
Mich und meine Seelenhorden,
die aus Wesenstiefen brechen,
nur mit Mühe zu verschließen …
alles Mitleid roh verzechen,
sich ergebend Es-Verliesen.

Bestandsaufnahme IV (361)25

Kurzum: Ich leg die Karten auf den Tisch:
Ein Niemand bin ich am Gesellschaftsrand.
Ein unbedeutender, ganz kleiner Fisch.
Indes mit Göttern, Geist und Kunst bekannt.
Erkenne so, wie’s um uns wirklich steht:
Ich muss mir keine Illusionen machen.
Wir sind verdinglicht alle uns verweht
als Sekundärverschnitt von toten Sachen.
Verfahren, Gleichung, Fortschrittsideale
entpuppten längst sich als Belämmerungen:
Beglückungstraum in einer Phrasenschale.
Was mir nichts hilft: Ich bleibe abgerungen
dem objektiv zentralen Wesensmale:
Sich selbst als X zu sein. Gewalt gedungen.

Bestandsaufnahme V/Sonett (362)26

Die Virtuosität der Faktenflüchtigkeit:
Erlebnismonoman sich selber zu verfehlen …
Das ist das allen kommandierte Psychen-Kleid,
das diesen späten Mächten muss als Antrieb zählen:

Erlebniszauber und Entfesselungsgeleit,
das uns zu Kindern macht, die sich aus allem stehlen,
was sie sich selbst entlarvte als Verspaßungs-Neid.
Der macht, dass sie als Warenabklatsch sich empfehlen.

Ein kollektiv verdrängter Angleichungsprozess
an technisch provozierte Wirklichkeitsverluste.
Und dann Gewöhnung an den kommenden Exzess:

In Zwangsgehorsam ohne kulturelle Kruste,
sich zu ergeben einer inneren ivresse,
die sich als Selbstmachttrance dann schiebt ins wach Bewusste.

Bestandsaufnahme VI/Homo sapiens/1 (363)27
Zu vergleichen sind die Gedichte (6/365 und  6/366 auf dieser Seite = 6, s. u.), dann (23/1413) und (30/1788)

Was verdiente wohl dies Wesen
- kindisch, grausam, niederträchtig,
macht- und lust- und geltungssüchtig,
würdelos, weil außerstande,
autonom sich selbst zu zwingen?
Häme, Hass, gar Untergang?
Nein. Man muss genauer lesen:
Ein sich ausgesetzter Drang,
seiner selbst doch niemals mächtig,
ohne irgend Sinnbelang,
Zeit und Lagen: Welt verwoben,
ist es sich prekärer Zwang,
rücksichtslos sich auszutoben.
Angststarr vor dem Wissen flüchtig,
davor, dass sich alle Bande
lösen werden daseinsnichtig:
Es nicht geben kann Gelingen …

Dann ist es wohl freizusprechen
von Verantwortung und Schuld,
Zufallswurf, sich zu verzechen
Traum-, Gewalt- und Ratio-Kult.
      
Bestandsaufnahme VII (364)28

Ich will mich weder selber finden
noch auch das Sprachrohr sein von Randfiguren,
von Wählerschaften, gar von Unterdrückten,
von Selbstwertspekulanten und Enttäuschten.
Doch nicht mal fähig, für mich selber einzustehen …
Mich auch nicht schieben in den Vordergrund,
narzisstisch mich zu inszenieren
als Leerperson und Trost der geistig Armen. 
Zumal den meisten völlig unverständlich.
Weil ich auf Reize nicht und nicht auf Werte reagiere.
Zumal auch weiß, um mich kann’s hier nicht gehen.
Denn kein Sozialatom kann noch Bedeutung haben …
Wen könnte ich denn faszinieren so?
Bin weder Staatsschauspieler noch auch Sieger,
kein Star, kein Held, kein Gaukelmime;
nicht Guru, Daseinsprofi oder Weisheitsträger,
schon gar nicht Spezialist für Lebensfragen …
Will von Geschwätz nichts, nichts von Würde hören,
von Tugend nichts und nichts von Lebenslügen …
Was kümmert mich auch diese Welt,
die ich indes doch gut genug begreife,
als dass mich ihre Sorgen rührten?
Ich sag’s ganz offen: Meine ist sie nicht.
Auch wenn ich täglich doch ihr Spielball bin,
sie alle Selbstmacht mir geraubt hat schon,
mich fast erstickt mit ihrer Zwergvernunft,
die ihre Exponenten doch so gern bemühen.
Wie etwa Powerfrauen und Behelfsmachtmagier.
Für mich nur will ich sein. Für mich allein.
Ob als Person, ob nicht, das ist mir ganz egal.
Ich zweifle eh doch, eine solche auch zu sein.
Doch nur ein Zufallswurf der stummen Hyle,
aus der heraus ganz spät geworden
zur Pseudo-Krone dieser Darwin-Farce:
Bipede Trauer-, Angst-, Bedarfs-Einheit,
heteronom zumal drauf angewiesen, 
Natur und selbst sich technisch umzuschaffen.
Wer weiß, zu was zuletzt, zu welcher Last,
dem Geist entlaufen, dem Gedicht
und all dem Zauber, wie ihn Gott vorsah …
Ein wenig plump, eine wenig unverschämt,
verblendet … selbstwertkrank und hochprekär,
determiniert der eignen Unschuld ausgesetzt …
Sag leis ich bald ihr schon Adieu …

Bestandsaufnahme VIII/Homo sapiens/2 (365)29

Mein ganzes Leben mir geträumt,
es virtuos geschönt.
Dank Geistesmacht die Welt versäumt.
So blieb ich mir im Kern versöhnt.
Zumal mir klar war, 
was sich abspielt hier,
das ist ein kollektiver 
Selbstverlust.
Ein Psychopathen-Spiel 
von Überragen, Lust und Gier.
Indes doch radikal
systemgemusst.
Ich träume weiter, immer weiter.
Mir ist die Welt egal.
Längst doch sich selber ohne Leiter,
zerstört von Ratio, Tugend, Ich und Zahl.
  
Bestandsaufnahme IX/Homo sapiens (3) (366)30

Man mag was immer auch erstreben,
entsprechend hoffen, suchen, glauben, machen:
Der Leib allein, nur er, 
kann unsrem nimmersatten Rachen 
die Seinskraft solcher Augenblicke geben,
die uns in Zuversicht und Glücksmohn reißen,
die uns dann weiter tragen als Entlastungschancen,
zu meistern auch des Alltags Sorgenweisen,
genarrt von jener Gaukeltrancen.

Indes wir müssen uns gelingen wollen
- Befehl aus unsrer Wesenstiefe -.
Indes das ist kein freies Sollen.
Noch nicht mal normative Perspektive.
Wir tun doch alles für dies Rätsel Existieren.
Auch wenn es wenig gibt nur her …
Routine, Täuschung, rücksichtsloses Gieren …
verkennungsanonym und tugendleer.

Bestandsaufnahme X (367)31

Ein wenig intellektlastig ist das ja schon,
was ich hier Gedichte nenne.
Es geht da eher um Welt- und Selbst-Enthüllung
mittels kühler analytischer Betrachtungen 
existenzieller Halt- und Sinnlosigkeit:
Radikal ehrliche Selbstvergewisserung …
Würde es selbst auch gerne lyrischer:
affektmelancholischer, zartfühlender,
optimistischer, tröstlicher, kurz:
gefühlsekstatischer haben.
Allein die Welt, in der ich existiere,
lässt das nicht zu.
Und mir oder sonst jemandem 
etwas vormachen, das will ich nicht.
Diese Welt ist nämlich rational bestimmt.
Meint sie, gibt sich als solch bestimmte vor:
Fortschrittswelt. Erlösungsmaschinerie.
Tatsächlich ist sie metaphysisch tote Drangsal,
zutiefst irrational,
den eigenen Untergang,
kindisch hoffnungstrunken und tugendfanatisch,
sehenden Auges in Kauf nehmend.
Durch Kapitalismus, Technik, Künstliche Intelligenz und Naturwissenschaften.
Und denen bin ich ein Bedürfnisding,
eine Konsumpotenz, 
ein Lustpfleger (ein treffender Ausdruck von Gottfried Benn).
Also betröge ich mich doch selbst,
wenn ich mir vormachte,
dieser Welt ließe sich,
Gedichte machend, 
noch die herrliche Sehnsucht abgewinnen,
sich selbst als individuellen Bedeutungsträger 
fassen zu können.
Und selbstverständlich bin ich mir das.
Aber das ist nur eine - menschlich verständliche - Illusion.
Tatsächlich verträume ich mich in mir selbst:
In einer mich anmurmelnden Selbstgesprächsartistik.
Menschlich objektiv deklassiert (radikal vereinzelt). 
Niemandem mitteilbar.
Endzeit-Monolog.
Delphi-Krüppel.

Schattenflimmern (368)32/Für homo sapiens bambergensis

Totalitäre Augenweide, du 
(das Adjektiv ist angebracht),
längst tote Sehnsucht, 
mir entglitten
im Leibverfall der späten Jahre:
Und der lässt Träume 
nicht mehr zu …
Wie oft 
hab ich an dich gedacht,
an deine hautsublimen Mitten.
Wohl wissend, 
es gibt kein Wozu,
kein Ziel, nur eine Bahre.
Das Ganze 
bleibt umsonst erlitten.
Dir grade deshalb noch mal 
tiefsten Dank,
dir lethereichen Körperstundenpracht.

Sich selber greifbar nicht … (369)33

Wie einfach es zuletzt doch ist,
die großen Daseinslinien zu begreifen:
Man beugt sich Einsamkeit, Verfall und Frist,
versucht vergeblich, andere zu streifen.
Ein Leben lang in sich gezwungen,
verzehrt man sich Entlastungstrancegefügen.
Nicht einmal ansatzweise sich gelungen.
Gedrängt von eignem Ungenügen.
Man ist ja Widerspruch in sich:
Ist Drangsal, Ratio, Geist und Werten.
Den andern, Fremden, ausgesetztes Ich.
Wie könnte man sich da noch erden?
Nicht mal sich selber darf man kennen:
Man deutet sich nur aus.
Um sich in Perspektiven zu verrennen:
Als Deutungsschliche ohne Halt und Haus.

Hineingefühlt in Daseinskerne (370)34

Ein Mammonkosmos sich benommner Seelen,
die tricksen, 
um sich zu bereichern,
sich aufzuplustern als der neue Adel,
indes sich selbst verscherbeln, 
nicht begreifend,
dass sie auf Abruf doch nur existieren.
Naiver Ratio Spreu und Opferscharen,
Besagungskrasse, 
hilflos ausgeliefert 
sapienter Barbarei (dem Wesenszwang) …
Apathischer Bedeutungsstille …
Des Daseins Krumen-Halden einstmals 
hilflos an zu weinen.

Realitätssinn I (371)35/Vergleiche: (15/868), (15/869), (19/1107), (31/1849) und (31/1863 bis 1866)

Ich brauche keine Daseins-Pyramide,
muss nicht errichten mir den Babel-Turm.
Ich lebe spät: In einer Waren-Schmiede,
in der ich faktisch bin Verbraucher-Wurm.
Ich glaube nicht, dass ich hier was bedeute,
in dieser Wahn-Gesellschaft ohne Sinn:
Bin ich Monade doch im Husch der Leute,
die sich in Angst, Verdrängung, Rausch gehn hin.
Weshalb’s egal mir ist, ob sie sich halte,
zerstörerisch in jeder Hinsicht doch:
Ein krankes X als Psychen-Halde:
Enthemmungs-Onanie als Hedonismus-Joch.    

Meinem großen Lehrmeister, dem Wind, gewidmet/ Sonett (372)36

Als Kind schon haben sie mich fasziniert,
die trocknen Blätter jener dunklen Bäume,
die Herbstwind spielend ins Verderben führt,
in einsamkeitserfüllte, leere Räume.
Das hat mich damals substanziell berührt.
Als ob mein Dasein haltlos sich versäume,
ein Schlittern sei, von Wispern dirigiert,
mir buchstabierend Existenz-Alpträume.
So blieb mir nur, die Dinge umzukehren:
Als welkes Blatt mein dumpfes Sein zu jagen.
Auch jener unsichtbaren Macht zu Ehren.
Begriff so bald dies Dasein als Zerstören.
Dass uns Schimären in Verderben tragen,
was mich der Unsichtbare konnte lehren.

Tiefer Wunsch I (373)37
Vergleiche (51/2565)

Die letzten Jahre 
halbwegs unbeschadet überstehen:
Investorengünstig 
organisierter Menschlichkeit entkommen,
der Ausbeutung auch durch Kriminelle, 
der fürsorglichen, 
vor Phrasen triefenden Verhöhnung 
durch Politdünkel und Wertschätzungsverlogenheit …
Überhaupt der Tatsache, 
dass ich, alt, lästig, nutzlos, überflüssig 
und zumal eine verfallshässliche, 
permanente Mahnung dem Jugend-, 
Schönheits- und Körperkult 
einer entschämungsinfantilen Gesellschaft bin …
Das ist meine Hoffnung 
auf dem Weg zum Grab hin.
Was danach sein wird,
kann (und muss) mir egal sein,
heimgekehrt sozusagen 
ins atomare Nichts:
Befreit von mir selbst, 
den anderen, 
dieser öden Ratio-Welt,
der es nie gelingen wird,
sich von ihrer Hybris, Barbarei, 
Machtverworfenheit und archaisch 
irrationalen Selbstzerstörungsgier 
zu befreien:
Evolutionskatastrophaler Gefangenschaft: 
zu Unschuld und Ausweglosigkeit 
unentrinnbar verfügt.
        
Anlässlich eines Konzerts der Rolling Stones (374)38
(am 3.8.22? - Ich hab es nicht genau verstanden - gaben die Rolling Stones in Berlin (auf der Waldbühne) ein Konzert. So der Bericht in den Fernsehnachrichten.

1965 seien sie da das erste Mal aufgetreten.
Die Besucher damals hätten getobt, 
ja, seien völlig aus dem Häuschen geraten, 
gewalt- und zerstörungssüchtig 
(halt eben so, wie Underdogs rebellieren: 
aggressiv, kopflos, sich selbst schädigend 
und auf dumpfe Weise anmaßend). 
Die drei von damals verbliebenen Bandmitglieder
sind inzwischen 75, 79 und 80 Jahre alt.
Der Großteil des Publikums 
erlebte den Auftritt wohl als eine Art 
religiöses Ereignis.
Ein Deutscher etwa - so um die 60 Jahre  alt - 
war so ergriffen, 
dass er, gefragt, was er von der, 
stonestypisch aufreizend, 
provokant und hysterisch 
dargebotenen performance halte, 
fast 15 Sekunden lang schwieg, 
um dann,
gleichsam fortgerissen von dem, 
was er gesehen und gehört hatte, 
mystisch-verklärt zu antworten: 
crazy, horny, fucking shit ...

Ohne Zweifel eine Antwort, 
die die auch politisch wie ökonomisch erwünschte 
Innenweltkonditionierung, hier durch Pop-Musik, 
exakt wiedergibt: Make love, be free, have fun, 
be quick-tempered, nasty, impertinent and helpless.
Und, das nicht zu vergessen, 
was das Image der Stones angeht, 
rebellisch zu sein, wie alle Vertreter 
heutiger populärer Musikrichtungen es sind, 
nichts weiter also,
als nützliche Idioten des Konsumkapitalismus - 
Zeitgeistproduzenten: 
Vermittler eines Selbstdeklassierungsfeelings,
die, ohne es selbst zu wissen, 
Verbraucherseelen darauf abrichten, 
sich an Emotionsprimitivismen 
(Entfesselungs- und Erlösungs-Belämmerungen)
zu klammern, die sie dann dazu bringen, 
gegen sich selbst als Personen zu revoltieren.

Und das ist nicht rebellisch, 
das ist Konsumspießertum:
dauerentlastungsbedürftig infantil,
orientierungslos und radikal außengesteuert.

Redlichkeit I/Sonett (375)39Vergleiche: (6/376), 6/377, 6/378), (8/506) und (37/2200)

In etwa habe ich es schon begriffen,
dies Dasein, dem wir alle drangsiech frönen.
Sind wir’s doch selbst, ihm radikal verschliffen,
so dass wir’s uns als höchstes Gut stets schönen.
Das müssen, mit uns selbst uns auszusöhnen,
wenn wir, korrupt, uns wieder mal verpfiffen.
Sind wir doch Wesen, die sich selbst verhöhnen …
Soziale Täuscher, die sich feig umschiffen.
Darf ich mich dann, wenn es so ist, beschweren,
wohl wissend um die Ausweglosigkeiten,
dass niemand es vermag, sich zu erwehren
der Kern-Kommandos, die ihn drastisch leiten,
ihn gegen sich und alle andern kehren?
Wohl nicht. Zumal wir selbstfremd uns entgleiten.

Redlichkeit II (376)40/Vergleiche: (6/375), 6/377, 6/378), (8/506) und (37/2200)

Dass mir am Ende sie allein nur bliebe:
Die stumme Einsamkeit in toten Tagen …
Das wusste ich. 
Auch dass dies niemand wollte,
mir hätte angetan … aus Bosheit oder Indolenz.
Das sind mitnichten auch nur Zufallshiebe.
die ich zuletzt mir könnte noch verjagen, 
wie ich es klugerweise dann auch sollte …

Nein. Nein. Sie ist die radikale Konsequenz
aus einem hochkomplexen Weltgetriebe,
das, wie ich ahne, selbst sich nicht mehr tragen
und nicht mehr steuern kann, naiv entrollte
der Selbstsuchtkreatur fataler Ratio-Exzellenz.
Verschleiert freilich durch die tief verlogne Diatribe,
dass sie zu meistern wären, unsre Lagen,
wenn jeder jedem nur Respekt und Würde zollte …
Welch Kartenhaus, welch fade Dekadenz!

*Diatribe griech.: Moralpredigt

Redlichkeit III (377)41/Vergleiche:(6/375), 6/378), (8/506) und (37/2200) 

Illusionslos bin ich allemal.
Weshalb ich auch von mir nicht viel erzählte.
Knecht Ratio, Hybris, Gier und Zahl.
Zudem Idiot auch, glaubte ich, ich wählte 
mein Dasein mir als kantische Person.
Denn dazu bin ich völlig außerstande:
Ein Phrasen, Siegern, Plebs verschliffner Mohn
in einem niedergangserpichten Lande.
Was in mir vorgeht, ist bedeutungslos.
Weil nichts als nur Reflex auf Außen:
Gebarme, das sich hoch schreit als grandios;
indes Gesinnungsspielball primitiver Sausen.
          
Redlichkeit IV (378)42/Vergleiche: (6/375), (6/376),(6/377), (8/506) und (37/2200)

Von objektiven Mächten -
Medien, Technik, Markt und Wissenschaften -
sekündlich unsrer selbst benommen,
sind wir inzwischen völlig außerstande 
- und sei’s nur ansatzweise noch -
uns selber sei es psychisch-ethisch,
sei es gar geistig auszurichten,
um jener Zwänge manchmal zu entkommen …
Sie steuern unser Wollen, Fühlen, Denken.
Sei es als inhaltliches, sei’s formales Joch.
Uns freilich helfend so,  
uns delirierend ihnen anzuhaften.

Sie sind es, diese Mächte, die uns lenken
in Wirklichkeitsverluste, Tugendutopien,
in aggressive Ich-Beklommenheit,
Identitätszerfall und willenloses Delirieren
totalitärer Subjektivität …
Gewissensohnmacht ausgesetzt
und ehrgeizpathologischem Versagen …
enthoben Scheitern, Grenzen, Leid,
Humanität und sich Verlieren.
Narzisstisch selbstwertleer gehetzt:
Orientierungslosigkeit verweht.

Wenn alle eine Würde haben,
indes nicht fähig sind, 
sie selber sich zu geben …
als Gleiche gelten,
ohne es zu sein, 
sich Freie heißen,
selbstsuchthörig sich zu inszenieren,
wenn alles gilt und nichts mehr zählen darf …
Dann müssen wir uns untergraben,
erlebnismagisch uns entgleisen,
uns Anomie-Gelüsten auch verweben
Staat, Recht, Person und Halte ruinieren …
Am Ende uns dann Algorithmen wünschen: 
Uns Knechte steuernd nach Bedarf.
 

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