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Diese Seite enthält 57 Prosa-, Reim-Gedichte; keine Sonette

Ich-Selbst-Quant (3032)1

Zeitgeistausfluss: Reduziert zum Hedo-Utilitaristen,
Emotionen-Verbraucher, Star-Anhimmler und 
Propaganda-Verwerter, Benthams Panopticon-Insasse.
Ökonomisch normiert zur Standard-Monade:
Körperding: Bedürfnis- und Verbrauchs-Einheit
Politisch im Unklaren gehalten von opportunistischen
Realitätsverweigerern und geistig korrupten Tugendbolden.
Biologisch der 3. Schimpanse. Ein willenloser Spielball
kommandierender Neuronen … ein zufälliger 
evolutionärer Auswurf eines sinnlosen Geschehens
in einem quasi-ewig expandierenden Universum.
Und als Zeitgeistausfluss, Standard-Monade, Umsatzpotential
und Nebenprodukt eines sinnlosen evolutionären Geschehens,
erkläre ich hiermit Staat, Gesellschaft, Recht, Wirtschaft,
Naturwissenschaft und Technik 
einen geistigen Guerilla-Krieg (den letzten: allvergeblichen) … 
Wohl wissend um die totalitäre Sinnlosigkeit 
in diesem gewaltigen Spiel 
zögerlicher Gelegenheits-Nichtse.
Längst dabei, das Menschliche selbst 
erlösungsdigital für immer aufzuzehren.

Agent (3033)2

Ich sage permanent das Gleiche.
Nur dass man es nicht leicht bemerkt:
Dass man erleichtert vor sich selber weiche,
indem man, Markt gehorsam, sich verzwergt.

Gepresst in eine objektive Lage,
die noch das feinste Fühlen dominiert
Und einen treibt auf die soziale Waage,
die nach Vernutzung austariert.

Und das ist unausweichlich so.
Zumal entlastend auch noch angenehm:
Man fühlt behütet sich im großen Zoo,
betrieben vom Gesamtsystem.

Zahlen statt Verfeinerung (3034)3

Nicht, dass es mir an Schwermut fehlte, 
an Trauer, Wehmut, Spät-Melancholie.
Doch faktisch bin ich nichts als eine net-beseelte
Sozialmonade als Verbraucher-Pi.
Das sich erschöpft in Zwangs-Vollzügen 
eudämonistisch-ökonomischer Dressur.
Abstrakt und anonym sich einzuwiegen
den Schwundgehalten psychischer Zensur.
Durch Siegen, Überragen, Kunst-Ekstasen,
die, ontologisch kontraproduktiv,
bestimmen noch die nihilistisch-smarten Phrasen,
zu brüsten sich als diesseitstief: Als völlig geistlos …
Geist ist längst verpönt
in dieser metaphysisch toten
Verflachungsorgie, die als Zahl sich krönt
nach technologisch-diktatorischen Geboten.

SMS/Getrieben//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (3035)4

Es ist so hemmend, 
wenn man weiß,
dass alles Handeln
sich Begriff entzieht.
Man handelt trotzdem.
Auf Geheiß
der Selbstsucht,
der man stets geschieht.

Spezies-Niedergang (3036)5

Wer hätte diesen Niedergang verstanden
als nihilistisch-destruktiv?
Man käme doch sich selbst abhanden,
verstünde man, wie tief
sich senken müssten die Bedeutungsschatten,
die Welt und einen selbst zu dunkeln,
sich trancesiech zu bewahren vor dem einsichtsglatten,
bewusstseinshell absurden Funkeln
sapienter Existenzmiseren.
Am Tropf von Gleichungsuntertänigkeiten,
die psychisch-metaphysisch hart versehren,
das Menschliche als Trance abscheiden.
Im Kern schon Niedergang verschworen,
auf diesen angelegt von vornherein:
Durch Intellekt-Großtaten sukzessiv verloren
in technologisch nunmehr repressivem Nein.

SMS/Unterleibstheologie (3037)6//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen

Obwohl erschöpft,
will ich auf keinen Fall
jetzt schlafen gehen:
Deiner Enthemmungsvirtuosität
kultkopulativ entfesselnden 
Leiblichkeit
fleischzentrisch noch einmal 
entgrenzungserlöst 
zu verfallen.

Vor Arbeitsbeginn (3038)7

Früh morgens. Ganz allein noch im Büro.
Auf andre muss ich da nicht achten.
Nicht auf ein mürrisches Hallo,
nicht intrigantes Trachten.

So nutze ich die paar Minuten aus,
um mich in Zeilen zu verlieren,
die sprengen dieses Armenhaus
von Launen und Allüren,

von Selbstwertwunden und Empfindlichkeit.
Kurzum die menschlich doch so wirre Enge
von Zeitgeistwunden einer Markteinheit:
Entgrenzung ich-gestylter Menge.

Über mich selbst IV (3039)8

An sich ist mein Leben viel zu trivial,
ereignislos und wiederholungsträchtig,
Büro-Routine eben … Neben den üblichen
Alltagsvollzügen wie Einkaufen, 
Sport machen, Fernsehen, Reklame-,
Nachrichten- und Tugend-Konsum …
kurzum: zu eintönig,
um auch nur ein Gedicht darüber zu machen.

Dieses Leben ist als unmittelbares 
metaphysisch völlig leer,
ist ohne jedweden religiösen, geistigen 
oder auch ideellen Gehalt: 
Marktmonadenvollzug: Eudämonistischer Kalkül.
Genau genommen ist es Leib-Optimierung,
Ich-Pflege, Werte-Halluzination, 
Effektirrationalität und Erregungszufuhr.

In diesem lachgasbegünstigten Ramschen 
von dauerangepriesenen Verbraucherglücken
sammelt man sich vor allem Surrogate,
im Rahmen einer freizeitlichen 
Selbstschändungs- und Belämmerungs-Orgiastik
im Dienst von DAX und Wohlstandssteigerung 
mittels wissenschaftlicher Formeln,
technischer Verfahren und Banken-Zockerei:

Als hoch gezüchteter, narzisstischer Reizverwerter
zwischen Bio-, Zeitgeist- und Markt-Tyrannei,
vegetiert man sich, utilitaristisch ausgepicht,
zwischen kunstekstatischen Ich-Ablenkungsmanövern,
Entrückungs-Blues, Pop-Musik-Stumpfsinn,
Freizeitirrationalität und deerotisierenden
Macht-, Überwältigungs- und Sex-Nahkämpfen 
in die schleichende personale Destruktion.

Und wahrscheinlich ist das sogar notwendig,
weil man anders - luzide, geistweltoffen,
noch nicht ganz verschäbigt, entseelt und gewissenlos -
diese alltäglichen Daseinszerstückelungen
im Bann von atemlos-marktschreierischer Hektik,
Entfesselungsgaunerei, Propagandazermürbung
moralischer Überforderung und radikaler Einsamkeit
nicht einmal mehr ansatzweise ertrüge.

Meine Gedichte I (3040)9

Sie lassen ab von Schein-Moral,
von Idealen und naiven Werten.  
Verzichten strikt auf Volksvertreter-Mohn:
politverlogne Tugendschlachten
rein machtstrategisch intendiert.
Sie loben nicht die Spaß-Exzesse,
nicht das sich selbst belämmernde Erleben.
Noch glauben sie, dass Wohlstand könne
auf Dauer auch erhalten werden,
sind wir dabei doch zu zerstören
all das, was uns vielleicht bewahren könnte:
Naturintaktheit, Einsicht, Religion 
… all das, was ich Verzicht auch heiße:
durch radikale Selbstbescheidung.

Meine Gedichte II (3041)10

Sie würden mich in vielen Staaten
doch in Gemeindienstzellen bringen,
denn was sie sagen und worum sie ringen,
wäre ein Dorn im Auge ihrer Potentaten.

Die alles Geistige doch hassen müssen,
weil es als ichschwach sie sich zeigt:
Als Macht-Werkzeug, von Zwang und Wahn zerrissen,
zu Selbstvernichtungslust geneigt.

Weshalb ich will ein Loblied singen
auf alle Demokraten;
die, wenn auch selbst sich nur beflissen,
beachten mögen, was der Geist verschweigt. 

Meine Gedichte? (3042)11

Ins Leere allesamt geschrieben.
Und das, das muss so sein.
Sind sie doch völlig zeitgeistfremd.
Indes sie haben mich getrieben
aus Fun-Trug und Erlebnis-Pein:
Vollendungsahnung, Einsamkeit,
Distanz zur Welt, sich selbst ...
von seltner Einsichtnahme
daseinsklug gehemmt.

Die große Einsamkeit (3043)12

Nur schwer kann man sich’s eingestehen:
Dass man allein ist, radikal allein.
Ich kann’s inzwischen förmlich sehen,
dies ausdruckslose Traurigsein
auf den Gesichtern, in den Augen.
Als Show-Ekstase nihilistisch inszeniert.
Entlastungsdionysisch sich der einzusaugen,
dass sich auch Einsamkeit in ihr verliert.
Wohl daher auch Verwahrlosungen
und Aggressionen bis zur Selbstaufgabe:
Der großen Einsamkeit gelungen,
bleibt nur die Leere von Gehabe.

Definitive Fremdheit (3044)13

Fremd bist du mir. Unsäglich fremd.
Da liegen Welten zwischen uns.
Und die sind unvereinbar. Sind’s für immer.
Das muss ich dir ganz offen sagen.
Was dich so ausmacht, geht mir völlig ab.
Und was der Grund ist, weiß ich auch.
Wenn man, wie ich, von unten kommt,
genauer: Faktisch aus der Gosse,
versteht man nicht die bürgerlichen Ideale.
Man fühlt sie nicht, hat keinen Sinn für sie,
weil täglich man ihr Gegenteil erfuhr:
Nicht Würde, Menschlichkeit, Vernunft,
nicht Freiheit, Selbstbestimmung und Erfolg.
Schon gar nicht Anerkennung, Güte, Milde.
Was immer sonst man, meinst du, leben solle.
Auch deshalb schweige ich beharrlich,
nicht zu entlarven, was dich trägt.
In meinen Augen nichts als Illusionen.
Was du da anführst immer wieder,
das gibt es nicht, das sind Schimären,
Entlastungsideale, Haltfiktionen und,
auf immer, geistig leere Utopismen.
Der Lauf der Dinge ist ein völlig andrer:
Von Macht und Lust und Geld bestimmt,
von Barbarei, Brutalität und Kälte:
Subtil-Gewalt. Der Tochter unsres Intellekts,
so Fluch des Ich- und Selbst-Begabten,
der in Schimären sich doch spiegeln muss.
Nicht dass ich’s wollte, gar als gut ansähe.
Ich kenn’s nicht anders. Seh es deshalb so.
Genauer: Bin zu andrer Sicht nicht fähig.

Prosafetzen (66) (3045)14

Ich würde immer lügen,
schauspielerte ich den humanitär bewegten Intellektuellen:
Seiner Tugendnaivität,
seinen Kulturträgeridealismen,
seiner Hypermoral, 
seinen Idealen von Vernunft,
Maß und Mitte,
Selbsterkenntnis und Würde,
seiner Betroffenheitszerknirschung
wortgläubig (und Macht fordernd) unbelehrbar hingegeben …
Verbrüderungspathetische Leerformeln und egalitär verbrämte Deutungs- und Übermächtigungs-Sophismen raunend.
Auch,
um seinen Realitätsverlust,
seine Wirklichkeit ignorierenden Vereinfachungsstrategien,
seine rhetorisch subtile Selbstglorifizierungssucht zu verdecken.
Das ist mir völlig fremd.
Dagegen bin ich, 
mir meiner Nichtigkeit 
und der unschuldigen Niedertracht des Menschlichen drastisch bewusst,
völlig immun.
Das ist mir zumal zu geistlos,
zu simpel, 
zu unrealistisch,
zu komplexitätsignorant.
Und überhaupt bin ich kein Bürger.
Habe also keine definitiven Wahrheiten zu bieten,
mir meiner Fehlbarkeit, 
Irrationalität und Selbstausgesetztheit drastisch bewusst.
Ein Büttel der Tyche* zumal,
meines perspektivischen Alleinseins 
und der dauerschweigenden unerbittlichen Ananke*.

*Tyche: Zufall, Glück
*Ananke: Unerbittliche Notwendigkeit

Lob des Lebensglücks (3046)15

Na sicher gibt es Lebensglück.
Mein Gott! Und auch sehr viel davon!
Es liegt an jedem Weg bereit,
verborgen selbst noch auf der Straße.
Und wartet immer schüchtern drauf,
dass man es zärtlich greife.

Und niemals nimmt es sich zurück,
wird niemals einem Fron.
Auch nicht zum Zweifel, gar zum Leid.
Ist es doch keine Phrase,
nicht Schnäppchen und nicht Luxuskauf.
Nichts, was man nur für sich wegschleife.

Für mich ist’s Wind: Naturgeschick,
ist es des Absoluten Glockenton,
ist es die Mystik einer Seins-Einheit,
des Universums Homo-Phase
als Stoff- und Gott- und Einsichts-Lauf:
Ein Überstieg zu Geistes-Reife.

Und Eros ist es, Schönheit, Körperkraft:
Die tiefe Lust in Asozialität:
Verträumungs-Tiefe, die nicht fragt, nur schafft 
orgiastisch werterlöste Majestät.
Ein Stundenspiel, entledigt aller Haft:
Das leibfromm in Vollendung dreht.

Anmerkungen zu einem subjektiven Scheitern (3047)16

Ich wollte einfach mich nur durchlavieren.
Gestehe das auch offen ein.
Aus Feigheit, Angst … Auch weil ich Existieren
als Last empfand, die man allein
nur schultern kann durch sich Verlieren.

Als sinnlos habe ich erlebt das Ganze.
Indes das Ganze auch als Geistgericht.
Ich breche für es freilich keine Lanze,
zeigt doch Erfahrung es von Rohheit dicht.
Fakt ist, dass ich nach seiner Pfeife tanze.

Sozial und kreatürlich auf es angewiesen,
den Druck der Optimisten, diese Tyrannei;
auf Technik, Wissenschaft und das Verfließen
kapitalistisch-krudem Einerlei:
Der Falle des formal Präzisen.

Ich hätte gerne mich Verantwortung verbrannt.
Doch Korruption und Neid, Verwahrlosungen,
das Ringen um Prestige auf Sand,
bewirkten Abwendung; und so dann notgedrungen 
ein fades Dasein zweiter Hand.

Intellekt-Konstrukt (3048)17

Ich rede viel zu viel. Das macht die Zeit.
Die Selbstverständlichkeiten nicht mehr anerkennt.
Zumal auch Werte, die sich faktisch widersprechen,
glaubt einordnen zu können sich.
Sie ist halt Reiz- und Illusions-Einheit,
die nicht begreift, dass sie sich überrennt,
dass sie sich wird - das muss - verzechen:
Als Intellekt-Konstrukt: Abstraktes Kollektiv.
Als wohlstandsreligiöses Kunstprodukt:
Als dieses allverwertend destruktiv,
das, sinnlos, sich notwendig selbst dann schluckt.

Wachsender Kontrollverlust (3049)18

Die Glücke verzwergen.
Immer unschärfer werden
die Wirklichkeiten.
Geschehnisse und Umstände
berühren mich kaum noch.
Von Einheits-Selbsten und 
Artefakten umstellt,
gerate ich mir immer weniger.
Überflutet von Geschwätz,
Tugendanmutungen und 
zähem Sprachkehricht zumal.
Meinen Leeren ergeben,
zerschlägt sich mir 
diese Welt immer mehr.
So irrdumpf wie bedeutungsbrach
provoziert sie meine 
Primatenbrachialaffekte.
Diese falten sich koboldhaft aus
in immer ungehemmtere
Zerstörungsantriebe,
um deren Irrationalität ich weiß.
Indes mich auch frage, ob ich,  
angesichts der Umstände,
das noch als Argument 
überhaupt gelten lassen soll, 
gepackt zuweilen von 
schierer Gewalt-Orgiastik.

Befriedigte Bosheit (3050)19

Längst nacktes Fürsichsein
lausche ich diesem 
allgegenwärtigen Stumpfsinn
das lustvolle Röcheln
entlastungscooler Marktsöldner ab -
Zynisch gehoben 
von so viel hörigem 
Untergangspotential.

SMS/Unseres (3051)20//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen 

Wen sollte ich denn kritisieren?
Vor allem auch: Warum?
Sind wir doch alle am Vertieren:
Der Zeitgeist macht uns menschlich stumm.

Er macht uns pöbelhaft und rücksichtslos.
Dem können wir nicht wehren.
Sind längst wir doch gelernte Kunden bloß,
die Markt-Ruf hörig sich verzehren.

Wen also soll ich an den Pranger stellen?
Das Pärchen da, das nicht begreift
all diese Wohlstandsterror-Quellen
als Lust-Trank, der die Psychen schleift?

Mit seichtem Gram und aggressiver Trauer,
weil’s Glücke nur noch als Produkte gibt:
Als Reiz-Kicks kalkulierter Schauer 
an denen fade Inszenierung nippt?

Gesteuerte Existenz (3052)21

Was mag das heißen: Leben, wenn die Gegenwart 
zugleich als Zukunft und Vergangenheit 
in Wiederholungsdespotie erstarrt?
Wenn jeder, jedem gleich, auf sich nur stiert
und Sinnschutt macht sich über allem breit,
sodass ihn niemand mehr als Sinnschutt spürt?
Man so muss seine Existenz verorten:
Erlebnissplittern hörig fader Zeit,
so Starkult sich und Apathie verhorden,
weil Exemplar ist all der Kapitalmonaden,
die sich verschwenden Artefaktensorten …
und so noch steigern die Verkommensraten,
entseelt gehorchend Marktkommandodaten?

Es heißt, dass man sich weiht der Religion
des Kapitals und seinen Heilsversprechen
von Brot und Spielen, Lust und Wohlstandsmohn …
Sich effizient und nützlich zu verbrauchen
und zu ergattern so den höchsten Lohn:
In essentiellen Ich-Rausch einzutauchen,
sich rekelnd an Erlösungsstränden,
wo man Vollendung döst als Medienklon,
imaginär sich labt an Schundlegenden,
die einem cool die Ziele offenbaren:
In Gossenhimmeln selig sich zu schänden,
sodass man grade so sich mag bewahren -
Begrifflos trudelnd sich als Leib verschwenden.

Es heißt gewiss nicht, sich sich selbst zu stellen,
um als bedingungslos sich zu erfassen
im Hyperraum globaler Geldstromwellen,
die anonym die Psychen deklassieren
zu ihrer selbst beraubten Gleichlaufmassen.
Verbrauchsekstatisch sich zu delirieren 
in infantile Wirklichkeitsverluste:
Dass einen magisch mag negieren
das intellektforcierte Unbewusste.
So macht der Stumpfsinn, 
dass man, ihm verschworen,
sich weiht der neuen Seelenkruste:
Dem Markt, durch den geläutert, neu geboren 
man dann im Bann döst technischer Pandoren.

Zwiewesen (3053)22

Dass es die Menschheit,
wenn nicht immer,
so doch sehr lange geben,
sie aus der Selbstgefangenschaft
sich winden,
zu ihrem Wesen sich,
zu Freiheit, Geist, 
Vernunft, Humanität,
erheben solle,
das ist Substanzzweck,
Fernziel, 
das selbst ich begreife,
verstehen kann als 
kollektiven Traum.

Zumal wir angewiesen sind
auf Illusionen,
Entlastungshoffen
und auf Sinngefüge.
Dabei zurückgebunden 
an uns selbst, 
an Geistesschichten,
die ganz allein uns tragen,
allein uns retten könnten
vor uns selbst.

Indes zugleich 
auf Technik ausgelegt,
auf diese angewiesen 
als Erhaltungsquell:
Determiniertes Formel-Muss,
ein Intellektgefüge,
stumm zersetzungsträchtig,
Gewöhnlichkeit und Kreatur
zu dienen.
Und so zugleich 
mitnichten in der Lage,
uns vor uns selber
dauernd zu bewahren,
uns Macht zu schaffen,
die geeignet wäre,
uns auf uns selber zu besinnen:
Dass, metaphysisch-geistig tot,
wir unsrer Wesensohnmacht
nicht entrinnen können.

Muttersprache (3054)23
Zu vergleichen (2/128)

Es ist die Muttersprache, die mich schuf
als Geistgefüge aus der Worte Kranz,
Affektverankerung in frühem Ruf …
Mir wirkend Einsichts-, Geist- und Seins-Abglanz.

Sie lenkt, sie ist’s, was gibt und vorenthält.
Sie macht das Weinen einzig und den Trost,
den Hass, die Liebe und das Bild der Welt …
prägt das Verhängnis, schicksalhaft erlost.

Verkommen und verramscht geht sie nun unter.
Was indes kaum jemanden, scheint’s, berührt
von diesen Deutschen, tief betört von Plunder,

von Daseinssucht, die nach Erleben giert …
Man komme bildungsarm auch ganz herunter,
sich seiner selbst benommen, Leib verführt.

SMS/Innenweltverhärmug (3055)24//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen 

Nichts mehr da,
ganz einfach nichts mehr da
an Wirklichkeit
und Selbstverständlichkeit,
an Klarheit und 
kollektiver Fraglosigkeit,
nichts mehr dergleichen,
in das sich das Verlangen 
nach Innenwelt-Absättigung, 
psychischer Stabilität 
und geistiger Orientierung 
noch fallen lassen könnte,
damit versöhnt und getröstet,
gebannt und getragen,
gerührt und entlastet 
das Individuum 
seiner selbst zu entraten
noch fähig wäre.

Stattdessen die Abrichtung
durch Marktimperative
und kommandierende 
Zeitgeist-Moral:
Die Konformität 
des Denkens, Fühlens, Wollens,
Wünschens, Hoffens.
Ausgerichtet auf die 
Scheinbefriedigung 
einer ausdifferenzierten 
(identitäts- und 
zentrumslosen)
Verbraucherexistenz,
die sich zwischen 
Kreatürlichkeit und 
sozialer Disziplinierung
außengesteuert abmüht,
sich ihre Belanglosigkeit 
durch konsumtives
Immer-mehr-haben-Wollen
und surrogative Ideologie
zu verhehlen.

Die Sprache spiegelt 
die durchgängigen 
Bedeutungs- und 
Haltlosigkeiten,
die sie, verarmt: apparativ
und technisch vergewaltigt,
geistig agonierend 
in sich aufnimmt
und eintönig unbedacht
dann wiedergibt
als Gefühlsbrei, Reklamereiz,
inszenierte 
Selbstdeklassierungsbotschaft,
Seelenausrichtungskommando,
Verdinglichungsschlacke,
Selbstinszenierungs-Anglizismus.
Immer kategorischer 
verschleifen sich
Bewusstsein und Tatsächlichkeit,
Überzeugungen und 
Realitätszurichtungen 
zu blindgängerischer Eigenläufigkeit 
momentlüsterner Indolenz.

Die souveräne Individualität
verschwindet immer mehr.
An ihre Stelle tritt der Fan-Typ,
der nachahmt, nachäfft, 
nachspricht …
Gewissermaßen ein 
Emotions- Bewusstseins-
und Verhaltens-Abklatsch
eines Stars, eines Influencers,
einer Partei, einer Marke,
einer Ideologie,
eines Emotionssammelsuriums…

Der sachlich orientierte, selbstdistanzierte,
gebildete, verhaltenssouveräne,
differenzierungsfähig selbstkritische,
geistig in sich ruhende,
vorurteilsfrei-weltoffene Mensch 
ist selten geworden ….
der asozial-realitätsfremde, 
seinen eigenen Entfesselungsstumpfsinn
als Authentizität schauspielernde Narziss 
ist längst System- und Gesellschafts-Plage.

SMS (95)//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (3056)25

Die Selbstentfremdung 
der Individuen 
stolpert,
drastischer mir präsent 
als diesen selbst,
an mir vorüber;
sich selbst zuprostend
und ichdrastisch ihre Schatten 
umhämend.
Bis einer meiner Blicke 
sie ausdruckslos 
zuschanden blinzelt.

SMS (96)//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (3057)26

Inhalt verweigernde Flachheit:
Geistlos, alyrisch, 
Heiterkeit verschmähend.
In ihr gedeihen zumal 
die unaufhaltsam 
auswuchernden Erlebnispusteln …
Richtung Innenwelt wandernd,
diese zu überfluten;
bis sie ihrem Einheits-Subjekt
entmächtigungslüstern 
die Selbstbewahrungskraft zerstören.

SMS (97)//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (3058)27

Niemand mehr, 
der sich nicht 
- vor solch 
ökonomischer Eindeutigkeit 
metaphysisch wehrlos -
entwurzelt und datengierig
in anderen ichstrack anheimfiele.
Auferstehen lallend 
und Beglückungsfron
in bergender 
Bewusstseinstrübe.

SMS (98)//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (3059)28

Ein Heer von Glücken
lockt sich, 
seiner Siege müde,
endlich selbst 
in den spätesten 
Hinterhalt.
Dorthin, wo ich, 
vor Einsicht 
krankhaft zerstörungshungrig,
schon immer
auf der Lauer liege.

SMS (99)//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (3060)29

Endlich finde ich heraus aus all diesen 
terrestrischen Zeit-, Ich-, Bedürfnis-, Wert- 
und Sozial-Verstrickungen.
Werde ich doch gleich
die kometenübersäte Oort-Wolke 
hinter mir lassen.
Und irgendwann, so hoffe ich, 
auch die Galaxie.
Um mich dann definitiv davonzustehlen 
in die Unendlichkeit: Richtung Ochsentreiber*.
Neutrinos bestechend mit Gedichten,
gleich nach dem Urknall 
in Quarks-Elektronen-Synthesen, 
den Urknall besingend, entstanden.

*Sternbild Bootes, 1,2 Milliarden Lichtjahre entfernt und pro Sekunde sich mit 39 300 km schneller entfernend

SMS//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (3061)30

Man sagte mir, 
die Wüsten wüchsen.
Vor allem innen die:
die der faden Innenwelten
- die sogar schneller
als die der Sand- 
und Wander-Dünen -
Stets ausgesetzt zumal dem,
was sie verfallen lässt:
Systemische Entmächtigung.
Formal verdorrend
einer Wohlstands-Leere,
die selbstbestandslos:
völlig hilflos macht;
und zuletzt 
infantil gewissenlos.

Verschlossen (3062)31

Es gibt Abende, da ist man so deprimiert,
dass man nicht einmal mehr das Bedürfnis hat,
es in Gedichtzeilen zu pressen.
Auch es jemanden zu klagen,
empfände man als naive Dummheit.

Weiß man doch,
dass sich niemand darum scherte.
Selbst doch seinen eigenen 
desorientierenden Bedrückungen 
vollständig ausgeliefert.

Abgesehen davon,
war der Mensch seinesgleichen 
schon immer ein Wolf.
Musste es, wohl wissend um 
die Selbstsucht aller, auch seine,
um Machtsucht, Niedertracht,
den Drang zu überragen,  
und die lockende Neigung, 
bietet’s Vorteil, im Stich zu lassen.

Nur dass man heute zudem auch noch
ausweglos allein ist, außengesteuert,
inszenierungslüstern, orientierungslos …
Dauerverwiesen 
auf die Prestige fördernden 
Angebote der Traumweltindustrie,
sich Schaumschlägerei,
Verlotterungsschlingern,
Behelfs-Kopulieren 
und Verflachungsentlastung 
überlassen zu dürfen.
Verwahrlosungsgeborgen,
propaganda- und tugendfit.

Späte Entfremdungen (3063)32

Nicht sind’s die gleichen Winde,
auch nicht dasselbe Rauschen:
Es sind Vergeblichkeitsgebinde, 
die toten Inhalt tauschen.

Es sind ganz andre Bläuen,
von fremdem Weiß umzogen.
Sie stehen ohne Reuen.
Zumal längst ausgesogen.

Und nicht dasselbe Ahnen 
halluzinierter Spuren.
Die Trug statt Deutung bahnen
nach dem Befehl der Uhren.

Mir kam die Welt abhanden.
Die außen wie die innen.
Längst zwangsabstrakt zuschanden.
Gehirndiktat von Sinnen.

SMS//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (3064)33

Die künstlichen Gossen
hinauf und hinab
lungern die Schemen 
der Standardselbste.
Erlebnishörig 
sich weg stotternd
im Gebetsstrahl
folgenloser Hypermoral.
Wer kann’s ihnen verdenken,
Wirklichkeitsflüchtige 
Inszenierungsbedrückte,
die sie doch sind … sein müssen?

Versimpelungstrost (3065)34

War niemals links,
war niemals rechts;
nie sei es für,
nie sei es gegen
die Leute oben 
oder unten.
Gab vielmehr zu,
ganz unumwunden,
dass ich das 
als Entlastung sah,
als Seelenführung 
durch Affekt-Manna:
Begriffskonstrukte
ohne Wirklichkeiten.
Doch gibt es viele,
die so Simples 
brauchen,
sich Sinn und Halt
und einen Zweck 
zu hauchen.
Getriebne, 
die am Dasein leiden,
an diesem tief
absurden Spiele,
das niemand 
meistern kann.
Verfall doch,
Selbstverlust,
Gewaltdruck …
Mühle.

Redliche Auskunft - existenzielle, politische, kulturelle, gesellschaftlich-soziale (3066)35

Ich kann dir auch nichts andres sagen.
Es ist so, wie es ist.
Man muss alleine meistern alle Lagen.
Ein Leben lang sich selbst vermisst.

Dann auch sozial und kulturell.
Historisch je nachdem befangen,
bedient besonders man und generell
die Mechanismen unbekannter Zangen.

Müht sich so ab für fremde Mächte
- obwohl man schwört: für sich -,
bestreitet selbst entehrende Gefechte,
weil man sonst unterginge ohne Stich.

Verrät sich selber, sich zur Schande
und Selbstverachtung bis zum Ekeln.
In sich gefangen bis zum Grabesrande,
bleibt man ein Spielball primitiver Regeln.

Dauerbüttel hirnlicher Wesenlosigkeit (3067)36

In jedem Augenblick ein anderer 
- man gibt sich das nur ungern zu -,
sich unverfügter Selbst-Erwanderer
im Tiefdiffusen eines Nu.
Der seine Wesenheit nur reflektiert,
heißt: Chronisch Perspektiven wägt,
sich je nach Lage konstruiert,
den weder Halt noch Einheit trägt.
Gehirnlichem Kausalgeschehen,
bis in den Geist hinein verpflichtet,
ist ohne Einheit man ein rätselhaftes Wehen,
in dem Ekstase-Gram sich selber sichtet.

Kultur und kapitalistisch-technologischer 
Totalitarismus (3068)37

Man kann es schon als Konfusion
zugunsten jener Unbedarften,
als neuronal gemachten Tagtraummohn,
als transzendenz- und illusionsbeharften
Belämmerungsbescheid ansehn:
Gelenkte kommen und Personen gehen.
Der Schafs-Mensch wird sich bald verbreiten.
Wenn’s uns gelingt, zu überleben.
Wird vegetieren ohne Geistesscheiden,
als Nihilismus-Glückstier sich verschweben.

Pleonexie und Selbstverrat - unausweichlich (3069)38
Vergleiche Gedicht/Variante (1/48)

Gelingen bestenfalls mir noch Fragmente,
so weiß ich das, es ist mir klar.
Mein Dasein neigt sich nun zum Ende,
das faktisch dieses war:
Nichts, was als lohnend sich erkennen ließe.
Ein Wohlstandsvegetieren in abstrakten Welten,
geplant, absurd und hochpräzise.
Mich als gescheitert nunmehr abzumelden.
Kapitalistisch inszeniert war’s; und vor allem fad.
Berechnet auf nur Zweierlei:
Pleonexie und Selbstverrat 
an Mammon- und Erlebnis-Litanei.

Pech (3070)39

Teilnahmslosigkeit und Apathie.
Und das doch schon von Kindesbeinen an.
Sodass die Leere endet nie.
Auch weil sie gar nicht enden kann.

Durch Krankheit mir geworden Wesen.
Das mich, gebrochen, streng regiert.
Zwar nicht genetisch eingelesen.
Doch Tag für Tag durch Niedrigkeit diktiert.

Ein Zufallsschicksal. Tief mir eingewoben.
In dem ich mich verfehlen muss.
Verfügt zumal dem allgemeinen groben,
von mir durchschauten Nichtigkeiten-Fluss.

Andeutungen über diese tugendnarzisstische Mammon-Welt, in der ich lebe (3071)40

Bin letztlich ich nicht bloß noch ein Lakai
von smarten Wirklichkeitsverdrehern,
Entrüstungs-Mob und Warentyrannei
und Tugend geifernden Moralaufsehern?

Der Niedergang ist offenbar.
Man hat ihn ständig doch vor Augen.
Da prunkt ein internationaler Ich-Basar
von solchen, die nichts taugen.

Ist jeder doch in sich vergafft,
sich höchstes Gut in Was und Wie.
Wobei er ohne Skrupel rafft.
So Korruption vereint mit Perfidie:
Die Habsucht und erlöstes Mittelmaß,
das sich ergötzt, indem’s entgleist.
Dressiert auf kommandierten Spaß.
Und täglich so beweist:

Den Neid auf alles, was nicht seines ist.
Sich selbst die Gipfelkreatur:
Ein Emotionsverbraucher, der Vernunft anpisst,
devot ergeben seiner eignen Schur.

Sommerliche Freitagnachmittage im Büro (3072)41

In diesen Stunden wird mir das Büro zuweilen 
gleichsam zum existenziellen Refugium.
Es findet kein Publikumsverkehr mehr statt,
das heißt ich muss keine streitsüchtigen Verbraucher
und ihre mürrische Launenhaftigkeit mehr fürchten.
Auch die Angestellten haben schon längst Dienstschluss,
stören also nicht mehr den eigentümlichen Frieden 
dieser endlich menschenleeren Funktionsräume.

Nicht mehr bin ich ausgeliefert der zuweilen aufdringlichen
Disputiersucht und geifernden Sozialtyrannei 
von mir gleichberechtigten Artgenossen, 
die sich an irgendeiner meiner Bemerkungen störten,
sei’s im Rahmen eines Vortrages, sei es eines Seminars.
Immer mehr freilich muss ich damit rechnen: 
Die Menschen sind dünnhäutiger, verletzlicher, 
auf eine fast schon neurotische Art und Weise 
sensibler geworden,
geradezu moralsophistisch und infolgedessen intoleranter.
Wahrscheinlich aber auch nur desorientierter, wirklichkeitsferner, ängstlicher und haltloser, 
da es keine Selbstverständlichkeiten mehr gibt,
keine fraglos geltenden Werte. Das macht auch aggressiv
und auf eine bedrückende Art und Weise dünnhäutiger … 
Heiterkeit, Selbstironie und versöhnlicher Humor scheinen 
mehr und mehr zu verschwinden, 
um einer sterilen Betroffenheit Platz zu machen, 
oft verbunden mit einem Pochen auf sich selbst,
dessen eigentliche Gründe nur schwer zu erraten sind:
Fundamentalistischer Feminismus, Staats- und Schuld-Masochismus, Vertrauensverluste, besserwisserische Bewusstseinsknebelei, zweierlei Maß 
in Sachen Recht und Ethik, 
sittliche Überbeanspruchung, medialintellektuelle Neigung 
zu arrogant realitätsfremder, ja: totalitärer Vernünftigkeit 
qua radikaler Würde-Ergriffenheit;
und dies, obwohl die gesellschaftlichen Gegebenheiten 
von so was wie Würde nicht allzu viel zulassen können 
(Gewinnstreben, Machtspielchen, Gleichgültigkeit 
und Gewissenstod verhindern das);
einmal abgesehen von den wachsenden Schwierigkeiten,
noch so etwas wie naiv-kindliche Glückserfahrungen 
machen zu dürfen:
Das Glück muss konsumtives sein - oder es ist gar keins;
so jedenfalls der Erlösung suggerierende 
Reklame-Mystizismus.
Das ganze Dasein erscheint mir an solchen Freitagnachmittagen
viel freundlicher, heiterer, erträglicher, lebenswerter.
Und das nur deshalb, weil mich niemand hetzt,
irgendetwas zu erledigen, klarzustellen oder zu verdeutlichen.
Ich fühle mich - obwohl ich es tatsächlich nicht bin - frei:
Weil ich für mich sein darf, 
ohne Konzessionen machen zu müssen 
an meine Mitmenschen. 
Und sei’s auch nur, dass die mich zwängen,
die unvermeidliche Sozialschauspielerei zu vollziehen:
Gesichtstheatralik und Beschwichtigungsautomatismen 
zu mimen.

Noch in meinen letzten Tagen, sollte ich denn 
nicht dement werden,
werde ich mich an den einen oder anderen jener sommerlichen Freitagnachmittage in meinem kleinen, 
mich doch so einsam bergenden, Büro erinnern,
meinen misstrauisch-dauererregten Mitmenschen 
für ein paar Stunden definitiv entronnen, 
um mich meinem Dösen und dem Schweigen der Geräte,
der Stille des Ortes und einer Gleichgültigkeit 
zu überlassen,
die selbst dann nicht schwindet, 
wenn es mir wieder einfällt,
dass ich in einer hässlich-destruktiven, 
eitlen und sich selbst dauerbetrügenden Welt lebe, 
von der ich weiß, dass sie eine sehr späte ist, 
eine, die sich so, wie sie geworden ist (substanzprekär), 
nicht wird wohl halten können - jedenfalls nicht als Demokratie - wieder sich selbst in die Falle laufend,
nunmehr einer technologischen, der ein 
seiner selbst nie mächtiger,
nicht nicht werten könnender, wesensirrationaler, notwendig heteronomer, sich selbst niemals habender, schuldlos barbarischer Mensch auch diesmal 
nicht die Mittel haben wird, zu entkommen. 
Er, der sich sprachlich selbst fiktionalisieren und konstruieren muss … ein sich selbst fremder Leib-Reflex.

Indes - ich bestehe darauf -  nicht verantwortlich für,
oder gar schuld an dem, was er geschaffen hat,
völlig unfähig, das zu erreichen, was er plante, hoffte 
und erwartete: 
Geht er sich doch notwendig in die Falle: 
sich selbst verfehlend und also auch das, 
was er glaubt zu seinem Besten annehmen, 
bewirken und realisieren zu sollen.

Eindrücke und Einsichten anlässlich des Vorüberziehens karnevalistisch Besessener (3073)42

Benebelte Blicke ablenkend, schlängle ich mich,
scheinbar unmaskiert, 
durch die ungeordneten Reihen 
enthemmungs- und verwandlungstrunkener 
Ich-Entgrenzungseiferer.
Feinfühlig, ich sehe es ihnen an,
sehe es in ihren suff-aggressiven Blicken,
erfassen sie meine Vorbehalte 
gegenüber ihrem Treiben:
Sich selbst, wie ich meine,
enttaumelnde Entlastungs-Trunkene
verfallen dionysischer Entfesselungslust-Magie
und orgiastisch kaschierter Verantwortungslosigkeit: 
Körper-, sex- und rauschsüchtig zugleich.

Tatsächlich ihnen krass Unrecht tuend,
suchen sie doch, wie ich auch,
eben nur auf ganz andere Weise,
sich selbst, dieser entnervend trübsalträchtigen Welt,
ihrer individuellen Orientierungslosigkeit …
Kurz: Diesem rational-nihilistischen Getriebe
einer glücksunfähig machenden und 
entnervenden Alltäglichkeit für ein paar Stunden 
Es-gesteuert zu entrinnen.

Ich-Atom (3074)43

Ich ziehe diesen letzten Schluss,
dass man sich, Daseins-Drangsal, 
unfrei, immer unfrei wollen muss.
Genetisch neuronal fixiert,
sozial wie subjektiv sich nur fingiert,
determiniert sich zu gestalten.

Und dabei ausgesetzt ist den Gewalten
Pleonexie, Bemänteln, Angst und Täuschen,
Gespinsten (normativen Räuschen),
vorherbestimmt, sich aufzuzehren.
Nur eine Zufallslaune von Begehren.
Dies: Hochprekäre Hyle-Masse,
verträumt ergriffen, 
- dass nicht sie objektiv sich selbst erfasse -
von Welt und Zwang. Doch faktisch ganz allein.
Subtil gesteuert, selbst sich Schein.

Was wir machen (3075)44

Was wir machen? Meistens erweitern wir
- ohne Alternative und zuweilen stupend erfolgreich -
die verinnerlichte kapitalistische Substanz,
die sich, von uns unbegriffen nach außen getragen,
in uns psychisch so tief eingenistet hat,
dass wir gar nicht mehr die geistig-sittliche Kraft hätten,
sie gegen sich selbst und unsere Verwahrlosungen 
noch einmal - und zwar existenziell segensreicher - durchzusetzen.
Ist immerhin sie es doch ganz allein, 
die uns befriedet, für uns scheinbare Sicherheit 
und vor allem glücks- und tranceträchtigen Wohlstand schafft,
uns einzulullen mit Erlebniszufuhr,
realitätsverweigerungsträchtig und prestigemächtig.
Diese verinnerlichte kapitalistische Substanz:
Verdinglichung, Depersonalisierung, Unfreiheit.
Verdrängungsschaumschlägerei, Narzissmus,
Entschämung, Ehrlosigkeit, Entlastungsgaukelei …

Indes individueller Halt, existenzielle Notwendigkeit, 
alternativlose Gesellschaftsgrundlage: Ratio-Ananke.

Voraussetzungen eines sinnträchtigen Lebens (3076)45

Um unser Leben
sinnvoll zu erfahren,
sind nötig Lebenslügen
und Fiktionen,
braucht es die Überschreitung 
aller Fakten …
Vor allem die Gewissheit,
dass lenkt Gott.
Denn die allein erlaubt,
sich zu bewahren,
sicher dieser Diesseits-Welt
nicht zu verbiegen …
Sich mit sich selbst auch 
zu verschonen,
sich nicht Vernunft-Ohnmacht
naiv zu fügen.

So ein Individuum (3077)46

Wirst nichts
als nur Phantom gewesen sein.
Der Sprache abgerungen.
Das Ich*? Die Selbste*? 
Nur gedungen 
von diesem lebenslangen Schein,
dass Einheit du, 
gar Nicht-Ding seist:
Ein Geistes- und ein 
Würde-Träger.
Das sind Fiktionen,
wie du weißt.

Denn faktisch bist du nur 
ein Zeitgeistbüttel
psychisch zu bewohnen 
das weite Feld der Daseinsträume
von Selbstverfügungsmächtigkeit …

Indes wer muss sich 
nicht betrügen,
doch faktisch Stoff nur,
Nutzenwert und Zahl?
Der Fakten Spielball
ohne Zweck und Ziel.
Ein leeres, zufallswehes
Gram-Kapitel.

*Das Ich: als Bewusstseins- und Körpereinheit, Organismus und Triebgefüge - hirngesteuert, 
*Die Selbste: das (1) empirische (das was man ist und sein muss) und (2) das ideale (das, was man gern wäre, aber nicht sein kann) und (3) das soziale, das einem die Artgenossen zuschreiben. S. Fremdwörterverzeichnis

Tage gibt’s (3078)47

Es gibt so Tage,
an denen mir diese Welt 
noch fragmentarischer, 
mürrischer und entlastungshektischer 
erscheint als an anderen.
Etwa an den Tagen
inszenierten Trubels,
trivialreligiösen Grölens
und orgiastischer Verspaßungsrandale.
Tage, die jene als ihrer selbst 
überdrüssig zeigen,
indes trauerunfähig, 
seelisch verkrüppelt,
inszenierungslüstern.
Wohl ihre Endphase ahnend:
Den Zerfall der Konsumdiktaturen,
der Tugendgeschwätzeshülsen, 
und der Illusionen von Solidarität, 
Gerechtigkeit und Humanität.

SMS//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (3079)48

Fernsehen - auch:
Entmündigungsoffensiven.
Simplifizierungsbelämmerungen.
Subtile Tugendterrorpädagogik.
Funktionselitennihilismus.
Kopulationsanreize.
Flachschichtigkeitsrhetorik.
Intellektkorruption.
Tränengossenbehelfssentimentalität
Realitätsverweigerungsonanie,
meinungsarrogant sich beweihräuchernd.
Existenzielle Sozialhilfe: Schund-Überhöhung.

Dorfschatten: "Bella"/Für H. K. (3080)49

Heut nacht hab ich von dir geträumt:
Von Rohheit, Suff, Verzweiflungsringen;
von dir, dem Gassenschatten von ganz unten:
verachtet, unbeholfen, doch jovial sich gebend,
dir deine Einsamkeit so zu verhehlen;
und diese Leere, diese innere,
zuweilen stumm dann in dir selbst versunken, 
als sei's von vornherein dir so bestimmt gewesen,
dich ohne Daseinschance ins Grab zu saufen.

Himmelschwere Dunkelweiten (3081)50

Eine rätsellose Nacht.
Ein Wind weht lau.
Ganz tiefer Einsamkeit verbracht,
packt es mich seinsgenau:

Vergänglichkeit schäumt auf,
sich selbst zu fluten
im Zeitgleichlauf 
des toten Guten.

Ich fange mich in jener ein
für einen Wimperschlag.
Mir Stoff in inszeniertem Nein.
Marktfeiler Nullbetrag.

ZINSJA (60) (3082)51

Warum nur sollte ich sie hassen,
all diese infantilen Kunden?
Ich lebe doch von ihrem Tun und Lassen,
auch wenn sie legen sich so manche Lunten.

Ich kann es ihnen nicht verdenken.
Sind sie doch gottverlassen heimatlos.
Da ist nichts mehr, sie kulturell zu lenken.
Sie müssen leben Geld und Schoß.

Verwahrlosungsentzückungslust goutieren.
Grad als Erlebnistaumelhaufen,
der sich nicht selber mehr kann führen,
Effekten hörig, muss sich Sinnramsch kaufen …

Zumal ich selber nichts zu bieten habe:
Der Geist ist asozial und elitär,
begreift als Nihilismus-Kult die Gabe,
zu einen Freiheit und Monadenheer.

Einwände (3083)52

Man kann’s auch anders sehen,
dieses Heute. Sehn als Geschenk und positiv:
Man muss es nicht so sehn wie ich:
Vor allem nicht als Trug und Gram-Geschehen.
Kann sagen, dass es aller Glück Hort,
ein Wunder sei an Daseinschancen,
zumal ein friedlich-sichrer Ort,
gewährend gar Vollendungstrancen.

So kann man’s auch betrachten; in der Tat:
Dass jeder machen könne, was er wolle;
zumal, wenn unten, dann der Tugend-Staat
Respekt und Anerkennung einem zolle.
Und auch das Faktum nicht kann ignorieren:
Dass das System doch unsre eignen Träume
vom guten Leben will uns produzieren:
Besitz, Erlösungs-Lust, Erfolg und Geltungs-Räume …

Will faktisch uns gar in Vollendung lenken:
Wie wir gewöhnlich sie betrachten:
Schön, stark zu sein; nicht allzu viel zu denken,
sich was zu gönnen, auf den eignen Vorteil achten;
sich jeder Lust und Macht-Chance einzusenken,
so auszurichten all sein Trachten
auf was an Gut sich biete, restlos auszuschlachten.

Es weiß ja: Jedem geht es nur um sich.
Das heißt, es muss nicht nur gelegentlich,
nein, permanent ihm bieten jeden Stich,
ermahnend ihn: greif zu, erlebe dich!

Aufklärung (3084)53

Damit‘s keine Missverständnisse gibt:
Ich will nicht den Kapitalismus abschaffen
(was immer das auch hieße).
Das wäre lupenreine Intellektuellen-Hybris.
Eben Verantwortungslosigkeit.
Allerdings möchte ich nicht
- und werde es auch nicht, schon längst zu alt -
seinen in ihm selbst begründeten Untergang 
noch erleben …
Wird der doch - wie’s aussieht - den tiefsten Hass 
und jede Form von auch extremstem Zynismus
lückenlos befriedigen:
Endend vielleicht sogar 
in totalitärer Barbarei und 
grenzenloser Sapienten-Bestialität.

ZINSJA (141) (3085)54

Aber ich weiß es doch,
weiß, dass es gut ist,
wie es ist;
ja: nicht besser sein könnte
wie es ist:
Erfolgreich ausgeblendeter
und verdrängter Vergeblichkeitslauf
als progressiver molekularer Verfall.
Indes umsäumt
von minütlich verwirbelten 
Faszinationen,
von stündlich sich türmenden Glücken
im Schoß vollendeter
Entlastungsträumerei.

ZINSJA (154) (3086)55

In mir zieht sich 
die Materie,
scheinbar,
von sich selbst ab:
trunken vor Sehnsucht
nach geistigem
Urgrund.

Stumpfsinntrance (3087)56

Die Große Leere hab ich zugeschwiegen. 
Die, dir wir alle sind.
Verfügt Identitätsbegehren.
In ihm uns widerspruchsverkümmert dann verfallen.
Um die Person so los zu sein, 
sie stoffgeborgen 
in einer Stumpfsinntrance zu wiegen 
in jener Stille leiblich plumper Schweren.
Für einen langen Augenblick zu meiden
dies normative Sollens-Lallen,
dies rätselhafte Geistes-Labyrinth,
das intellektbedrückte Morgen.
Am bloßer Körper mich zu weiden: 
Mich nicht Zerrissenheiten hinzubiegen,
nur radikal in sich gefangnes Kind.
Frei von Bedenken, frei von Sorgen.
Auch dieser Hyle Schöpfungsgleiten:
Ihr Allmachtswirken zu verehren,
weil sie uns schuf 
aus ihrem Teilchenwallen.

Nebenbei bemerkt I (3088)57

Verflachungssüchtig
entwinde ich mich 
meinen Geist-Schimären:
Offenbar so hoffnungslos,
dass mir 
nichts anderes übrigbleibt,
als auf Entlastungsverwahrlosungen
zu setzen.


 

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