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Kurze Darstellung meiner Weltanschauung zum besseren Verständnis der Gedichte
Themenfelder
(A) Die Stellung des Menschen: S 39/1ff
(B) Einführende Bemerkungen: Geistige Selbstbewahrung, nicht Moral S. 39/6ff
(C) Der Begriff „Überflussgesellschaft“/Bezug hier: die gegenwärtige deutsche Gesellschaft: S. 39/12ff
(D) Der kulturelle Niedergang der BRD/Der Verfall der deutschen Sprache: S. 40/3ff
(E) Gründe für den Verfall der deutschen Sprache:
S. 40/11ff
(F) Thema „Geist“: S. 41/1ff
(G) Warum schreibe ich Gedichte? Was sind, wofür stehen, was intendieren, was leisten Gedichte?:
S. 42/1ff
(H) Der politische Niedergang der Bundesrepublik Deutschland(!?): S. 42/12ff
(I) Würde: S. 44/1ff
(A) Die Stellung des Menschen
(1) Der Mensch ist das zufällige Produkt der biologischen Evolution auf der Erde
(2) Der Mensch ist nicht ausgezeichnet dadurch, dass ein allmächtiger Gott als Geistwesen ihn nach seinem Ebenbild geschaffen hätte: Die Existenz Gottes (hier: des jüdisch-christlichen) - der von den an ihn Glaubenden gedacht wird als der von ihm geschaffenen Materie vor- und übergeordneter, allwissender, allweiser, allgütiger, allmächtiger, allliebender, ewiger Geist - kann weder bewiesen noch widerlegt werden: Gott ist kein materielles Etwas, also unseren Sinnen, naturwissenschaftlichen Experimenten und mathematischen Operationen gar nicht zugänglich. Gott ist sozusagen eine neuronale Fiktion, deren (Entlastungs-)Funktionen für uns allerdings von grundlegender Bedeutung sind. Indes gehe ich dennoch und zugleich davon aus, dass, selbst wenn Gott nicht existieren sollte (was wir nicht wissen können, s. o.; deswegen der Konjunktiv), er doch die einzige Instanz wäre/ist, die uns, an ihn, Gott und seine Fürsorge für die von ihm aus dem Nichts geschaffene Welt und den von ihm nach seinem Ebenbild geformten Mensch (Gen. 1,27) glaubend, so etwas wie eine metaphysische Behausung, also: kurzum: eine Seelenheimat zu schenken in der Lage wäre/ist; heißt: Wir - substantiell sinnbedürftig - bräuchten/brauchen Gott, um unserem Leben einen Sinn zu unterlegen - sei Gott auch nur eine von uns drastisch bedurfte (entlastungsgeniale) Ausgeburt unserer, der Menschen, Welt-, Selbsthalt-, Sinn- und Zweck- und Ziel Verlassenheit. Dazu Sigmund Freud, Das Unbehagen in der Kultur, Fischer-Verlag, Band 6043, S. 74, wo er ausführt: „Man wird kaum irren, zu entscheiden, dass die Idee eines Lebenszwecks mit dem religiösen System steht und fällt.“ Dem stimme ich zu. Ich selbst glaube nicht - schon angesichts der schieren Größe des Universums, in dem wir leben - und überhaupt der mir abgehenden rationalen Fassbarkeit eines bloßen/reinen Geistwesens -
(i) glaube also nicht an einen göttlichen Geist, der dieses Universum aus dem Nichts geschaffen hätte (Gen. 1,1)
(ii) glaube auch n i c h t an einen Sinn und Zweck unserer Existenz; vielmehr glaube ich
(iii) dass wir, zufällig entstanden, in einem völlig sinn- und zweckfreien Universum leben und dass dieses „sinn- und zweckfrei“ auch für unser individuelles Dasein ausnahmslos gilt.
Sicher aber ist - noch einmal -: Der Glaube an Gott schenkt(e) - das sage ich als Atheist - uns, ließ uns erfahren
(a) metaphysische Geborgenheit
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(b) seelischen Halt und Sinn (Gott fungiert, wie gesagt, als Sinngebungsinstanz), gewährte uns die Hoffnung
(c) auf eine Überwindung des physischen Todes durch ein Weiterleben nach diesem; mithin
(d) ewiges Leben (wie ein solches auch immer vorzustellen wäre; denn Leben ist Materie, das Ergebnis sich selbst organisiert habender Materie, und Materie meint im Falle von Lebewesen: Bedürftigkeit, Zeit, Verfall und Tod)
Freilich: Man kann nicht glauben w o l l e n; so wenig, wie man lieben oder hassen w o l le n kann.
(3) Ich lehne alle dergleichen Dualismen wie
(i) Materie - Geist
(ii) Leib - Seele
(iii) Diesseits - Jenseits usw. rundweg ab; es gibt/existiert/ist real usw. n u r die sich ziel- und zweckfrei selbst organisierende Materie
(4) Dass einst der Mensch einst existierte (ins Leben träte), das war selbstverständlich n i c h t das Ziel des sog. Urknalls vor nunmehr 13,82 Milliarden Jahren
(5) Auch die Nukleo-Synthese (die Bildung komplexerer Atome - komplexer als es Wasserstoff- und Helium-Atome sind, mithin z. B. Sauerstoff-, Kohlenstoff-, Schwefel-Atome usw. usw. im Innern von Sternen: das sind Sonnen, um - am Ende des „Lebens“ einer Sonne - per Supernova-Explosion in den interstellaren Raum geschleudert und dann später in neuen Sonnen und Planeten wiederverwendet zu werden) erfolgte n i c h t, auf dass einst wir Menschen - also: atomare Gebilde, mit Intelligenz und auch „Geist“ (der mit „Intelligenz“ nur teilidentisch ist) ausgestattet- entstünden:
(6) Alle Teleologie (= Zielursächlichkeit/Zielgerichtetheit) von materiellen Prozessen ist strikt abzulehnen. Die Selbstorganisation der Materie hat k e i n Ziel, verfolgt k e i n e n Zweck.
(7) Also: Der Mensch ist im Rahmen der biologischen Evolution, die hier auf der Erde stattfand und weiter stattfindet (Beginn vor mehr als 4 Milliarden Jahren), zufällig entstanden, ist entstanden vor ca. 2,5 Millionen Jahren in Afrika; als Werkzeughersteller, der sich aus dem Stamm der Primaten (Herrentiere, die so heißen, weil der Mensch zu ihnen gehört; vulgo: Affen) - der heutige Mensch ist die Art homo sapiens (der weise Mensch); homo sapiens ist die letzte noch existierende Menschenart, die vor rund 300 000 Jahren in Afrika erschien (diesbezügliche Angaben schwanken).
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte
(8) Der Mensch
(a) musste nicht notwendig entstehen
(b) er entstand also zufällig und
(c) er wird wieder verschwinden (möglicherweise durch sich selbst verursacht, Stichwort „Selbstzerstörung“)
(d) er, der Mensch ist durch und durch ein Materie-Gebilde/also ein atomar aufgebautes Gebilde)
(e) er, der Mensch verfügt über keinen freien Willen: Es gilt ausnahmslos: „Quidquid fit necessario fit.“ = Alles, was geschieht, geschieht notwendig“; er ist also nicht frei (selbstbestimmungsfähig: autonom: selbstgesetzgebend usw.; er kann sich nicht wählen, kann nicht bestimmen, wer und was er gerne sein möchte; er kann überhaupt nicht frei wählen ...
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(f) er - als Individuum - ist jedenfalls genetisch einmalig und als diese Einmaligkeit, Ergebnis einer genetischen Lotterie zu sein, selbstverständlich vollständig determiniert; ich will sagen: Der Mensch ist genetischer Zufall und zugleich als atomares = materielles Wesen radikaler Determiniertheit unterworfen
(g) Der Mensch ist kein moralisches Wesen; alles, was er tut, tut er - er muss das - im eigenen Interesse; das ist ein evolutionärer Imperativ; genauer: der Mensch tut etwas nur dann im Interesse eines anderen Menschen, wenn er glaubt (oder weiß), dass ihm das selbst zum Vorteil gereichen wird. Weiter ist der Mensch - oder kann es wenigstens sein; und ist es oft tatsächlich - dem Menschen ein Wolf (homo homini lupus), so etwa Thomas Hobbes, englischer Philosoph, 1588 – 1679, und Sigmund Freud (a. a. O., S. 102). Dass der Mensch kein moralisches Wesen sei, ist eine Behauptung, die die meisten von uns empören, zumindest unangenehm berühren würde … Sei es doch zumal offenkundig, dass der Mensch auch ethisch (vulgo: moralisch) motiviert handle; das zeige die Lebenserfahrung. Noch mal: Dass der Mensch kein moralisches Wesen sei, das ist meine
M e i n u n g; ob sie stimmt, das sei dahingestellt; ich sehe jedenfalls meine eigenen Meinungen nicht als Wahrheiten, sondern als subjektive Perspektiven, die ich zum „Nicht-Ich“ (allem, was ich nicht selbst als Organismus, Gehirngefüge, Seelenverfassung und Gesellschaftswesen bin) einnehme; präziser: einnehmen muss; ich kann mir das, determiniert (meint: festgelegt, ohne freien Willen zu sein) nicht aussuchen.
Hier - noch einmal - Rechtfertigungen dafür, dass ich den Menschen nicht für ein moralisches Wesen halte:
(i) Der Wille des Menschen ist nicht frei; so jedenfalls auch die moderne Hirnforschung. Dazu Wolf Singer, Hirnforschung und Willensfreiheit, Frankfurt 2004, S. 30: „Verschaltungen legen uns fest: Wir sollten aufhören, von Freiheit zu sprechen.“
S. 56: „Aufgrund evolutionärer Anpassung sind Gehirne daraufhin ausgelegt, fortwährend nach den je optimalen Verhaltensoptionen zu suchen.“ So ist es
Und Gerhard Roth, Das Gehirn und seine Freiheit, Göttingen 2006/2009, S. 23, im Rahmen des Beitrags „Willensfreiheit und Schuldfähigkeit“, S. 9 - S. 27: “Gehirne sind aber Organe, die ein Verhalten erzeugen sollen, welches das Leben und Überleben eines Organismus, beim Menschen insbesondere das soziale und psychische Leben und Überleben, garantiert. Gehirne müssen nicht nur Sachverhalte erfassen, sondern vor allem die Bedeutung von Sachverhalten. Ihre Netzwerke sind deshalb bedeutungserzeugende und bedeutungsverarbeitende Sachverhalte.“ (Fettdruck von mir, Sa.). In der Tat.
(ii) Schopenhauer sagt irgendwo sinngemäß, dass man alles mögliche wollen, aber nicht nicht wollen könne; dies bringe ich nun zusammen damit - auch das ist eine allgemeinmenschliche Lebenserfahrung -, dass man nicht nicht werten könne.
(iii) wollen aber, das meint werten. Und daraus folgt dann
(iv) werten meint moralisch urteilen (alle moralischen Urteile sind, das ist eine Banalität, Werturteile, niemals Tatsachenaussagen); moralisch urteilen aber, das meint dann „wollend werten oder wertend wollen“, woraus sich ergibt, dass moralische Urteile Indidividual-, Gruppen- oder kollektive P e r s p e k t i v e n ausformulieren, die
n i c h t frei gewollt werden k o n n t e n/k ö n n e n.
(v) Kurzum: Alle Moral ist, einmal gefordert, wenn nicht vorurteils-, so doch selbstinteressiert perspektivenbehaftet; also
(vi) egoistisch „interessegeflutet“, soll heißen: heteronom (unfrei), besser: Ausdruck von Einzel-, Gruppen- oder auch gesamtgesellschaftlichen Interessen. Interessen aber sind lebensdienliche Strategien der Lebensmeisterung; und als solche niemals autonom (frei), sondern imperativ (evolutionsbiologisch fundiert, also: vorgegeben) einem „aufgezwungen“.
(vii) Moral, das ist ein (durch das Wort „Moral“ verbrämtes) subjektives Interesse dessen, der sie an den Tag legt, also gerade nicht Moral; und auch nicht erfolgte Betätigung eines freien
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Willens, sondern allenfalls eine Moral der „Goldenen Regel“ („Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu“; was, nach Kant, ein Prinzip des Egoismus ist; und das stimmt)
(h) Der Mensch ist kein Geistwesen in dem Sinne, dass er, „Geist“ habend, von sich als Kreatur (Organismus) in einem dualistischen Sinne „losgelöst“, „befreit“ wäre (dazu nachher genauere Angaben); alle geistigen „Tätigkeiten“ des Menschen beruhen auf materiellen Vorgängen im Gehirn; der Geist - an die menschliche Lautsprache gebunden - ist ein Nebenprodukt der Gehirnentwicklung und ausnahmslos an diese gebunden
(i) Der Mensch ist ein Tier, dem es in seinem Sein einzig um den Erhalt dieses Seins gehen m u s s
(j) Wie alle anderen Tierarten (Art = species), wird auch die Art homo (Gattungsbezeichnung: Mensch) sapiens (Artbezeichnung: weise) wieder verschwinden
(9) Weitere grundlegende Ausführungen: Verschiedene Quellen mit zuweilen etwas schwankenden Angaben
(a) Die physikalische Materie, hier: baryonische Materie. Ich nenne hier nur die Teilchen der baryonischen Materie, die für den Aufbau des menschlichen Körpers relevant sind.
(i) Baryonen: Sammelbezeichnung für Teilchen, deren Masse größer oder gleich ist der Proton-Masse; hier, wie gesagt, interessiert nur die baryonische Materie (βαρύς: barýs = griech.: schwer), die aus Protonen und Neutronen besteht, die die Kerne der Atome ausmachen. Protonen und Neutronen sind die bekanntesten Baryonen.
(ii) Die einfachen, nicht weiter zusammengesetzten Teilchen („Ur-Teilchen“/ “Monaden“), aus denen wir Menschen bestehen, sind Quarks (Phantasie-Name aus einem literarischen Werk des irischen Schriftstellers James Joyce) und Elektronen; die Protonen im Atomkern (positiv geladen) enthalten 3 Quarks (insgesamt gibt es 6 verschiedene Quarks), die Elektronen (negativ geladen), in der Atomhülle um die Atomkerne kreisend, sind die zweite Art von „Ur-Teilchen“, also nicht weiter zerlegbaren Teilchen. Quarks sind hypothetisch angenommene, fundamentale Teilchen, aus denen alle Hadronen (griech: ἁδρός = hadrós: voll ausgewachsen, tüchtig, groß stark) Teilchen, die an starken Wechselwirkungen beteiligt sind; so etwa Protonen und Neutronen, die den Atomkern bilden) zusammengesetzt sein sollen. Elektronen sind Elementarteilchen mit der kleinsten Masse. Sämtliche chemischen Eigenschaften von Atomen und Molekülen beruhen auf den elektrischen Wechselwirkungen von Elektronen miteinander und mit den Atomkernen (So Steven Weinberg, amerikanischer Physiker, in: Die ersten drei Minuten, Der Ursprung des Universums, München 1977)
(iii) Elektronen = Leptonen (griech.: λεπτός = klein, fein, winzig, leicht) = Elementarteilchen mit der kleinsten Masse (daher: klein, fein, winzig, leicht); sämtliche chemischen Eigenschaften von Atomen und Molekülen beruhen auf elektrischen Wechselwirkungen von Elektronen miteinander und mit den Atomkernen (Protonen = Hadronen)
Näheres s. auch: Brigitte Röthlein, Das Innerste der Dinge, Einführung in die Atomphysik, München 1998, S. 66: „Es gibt sechs verschiedene Arten von Quarks, ebenso wie es sechs verschiedene Arten von Leptonen gibt. Zum Aufbau der Materie, die uns im Alltag umgibt, tragen allerdings nur zwei Quarksorten bei, das u- und das d-Quark, ferner als einziges Lepton das Elektron. Die stabile Materie ist also nach heutigen Erkenntnissen aus diesen drei elementaren Bausteinen aufgebaut.“
Dann: Harald Fritsch, Vom Urknall zum Zerfall, München 1996, S. 34: „Alle Materie, eingeschlossen wir selbst, so lehrt die moderne Physik, besteht aus drei Urbauteilchen: aus zwei Quarks und dem Elektron.“
(b) Das Weltall/das Universum/der Kosmos entstand vor 13,82 Milliarden Jahren; zum Zeitpunkt 0 Sekunden ist alle Materie als Energie in einem Punkt vereinigt und es ist
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unendlich heiß. Das Universum umfasst (ich nenne nicht alle Teile) u. a. ca.
(i) 5% Baryonische Materie, dann ca.
(ii) 19% Dunkle Materie* und ca.
(iii) 76% Dunkle Energie**.
Anm.*: Dunkle Materie: Bestehend aus einer noch unentdeckten Art von Elementarteilchen; sicher ist, dass sie keine Baryonen sein können. Vgl. dazu: Günther Hasinger, Das Schicksal des Universums - Eine Reise vom Anfang zum Ende, Beck-Verlag, 2007, S. 46 - 53
Anm. ** Dunkle Energie: Eine Art abstoßende Gravitationskraft. Dazu Hasinger, S. 58: „Der Ehrlichkeit halber müssen wir jedoch feststellen, dass wir eigentlich noch keinen blassen Schimmer von der Natur der Dunklen Energie haben.“ Ob sich das bis heute (2023) geändert hat, weiß ich, Sa., nicht.
---------------------------Ende Anm.* und Anm. **
(iv) ChatGPT (eine KI) gibt mir am 4. November 2023 diese Auskunft:
„Bis zu meinem (ChatGPTs) Kenntnisstand im Januar 2022 war die Dunkle Energie ein faszinierendes, aber weitgehend mysteriöses Phänomen in der Kosmologie. Dunkle Energie ist eine hypothetische Form von Energie, die den Raum selbst antreibt, um sich zu beschleunigen und das Universum auszudehnen. Sie wurde postuliert, um die Beobachtungen zu erklären, dass sich das Universum in einem immer schnelleren Tempo ausdehnt.“
(c) Nach 10 hoch -43 (das ist eine 1 dividiert durch eine Zahl, bestehend aus einer 1 mit 43 Nullen) Sekunden und einer Temperatur von 10 hoch 32 Grad entstehen die Quarks; es gibt 6 Quarks, jetzt genauer: 3 Familien von Quarks, z. B. up (u) und down (d)-Quarks, die eine der 3 Familien ausmachen; die beiden anderen Familien sind charm (c) und strange (s)-Quarks und top (t) und bottom (b)-Quarks. Nach 10 hoch 10 Sekunden, bei einer Temperatur von 10 hoch 28 (das ist eine 1 mit 28 Nullen Grad) entstehen positiv geladene Protonen, bestehend aus zwei u- und einem d-Quark, und elektrisch neutrale Neutronen, bestehend aus einem u- und zwei d-Quarks; beide, Protonen und Neutronen, sind also aus Quarks (noch einmal: das sind nicht weiter teilbare Elementarteilchen) zusammengesetzt
(d) In Sekunde 1 (und bei 10 Millionen Grad) gibt es stabile Elektronen, die negativ geladen sind: Quarks und Elektronen - noch einmal - sind also die unteilbaren (nicht zusammengesetzten) Fundamentalteilchen der Materie (Kenntnisstand heute); so habe ich es, Nicht-Physiker, hoffentlich richtig, verstanden
Fazit: Wir Menschen bestehen durch und durch aus sich selbst organisiert habender/sich selbst organisierender baryonischer Materie, sind also durch und durch materielle Organismen/Kreaturen, bezüglich derer alle Dualismen (Leib - Seele//Geist - Körper usw.), ebenso die Vorstellung eines freien Willens als nicht gegeben zurückzuweisen sind; und eben darauf kommt es mir an: Mir keine Illusionen über die Existenz und das Wesen des Menschen zu machen (fürchte indes aber, dass das eine Illusion bleiben wird).
Ich vertrete dabei ausnahmslos einen strikten Materialismus/naturwissenschaftlich fundierten Naturalismus.*
Anm.*: Wobei ich sagen muss, dass mir freilich manche faszinierend-magische Formen von Irrationalität, Gottesnähe, mystisch-mythisch-magischer Gefühlstiefe (Verzauberungsbedürftigkeit), Ehrfurcht, ziellosen Sehnsüchten, ideenfaszinärer Transzendenzweltneugier, durchaus intim vertraut sind; wobei diese Ausdrücke hilflose Versuche sind, seelische Dispositionen anzudeuten, die mir aus einer einsamen und menschlich bedrückenden Kindheit(!) geblieben sind. Bis heute verbinde ich mit diesen - wie soll ich sagen:
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metaphysisch gewendeten!? - geistig-träumerischen Innenwelt-Dispositionen unmittelbar eine Sehnsucht nach der Selbstüberschreitung meiner als materie-gebundener Kreatürlichkeit; und eben das ist „geistig“, denn: Dem, was ich hier „Geist“ nenne, eignen, anders als der Rationalität (analytische Intelligenz, Verstand) auch affektfundierte Momente; ich gehe soweit zu behaupten, dass selbst die Amydala (s. Fremdwörterverzeichnis) an dem, was ich mein geistige Wesen nenne, zuweilen vor allem, teilhat
----------------------Ende der Anm. *
(B) Einführende Bemerkungen: Geistige Selbstbewahrung, nicht Moral … Warum geistige Selbstbewahrung?
(1) Es geht mir hier nicht um die „Richtigkeit“ meiner Weltanschauung. Die folgenden Ausführungen haben nur einen Zweck: den, als Verständnishilfe für meine Gedichte zu dienen. Ich will niemanden von meiner Weltanschauung überzeugen, niemanden belehren, niemandes andere Weltanschauung diskreditieren
(2) Zumal es mir, was das Machen meiner Gedichte und die Ausarbeitung meiner Weltanschauung anbelangt, mitnichten um das Verfolgen ethischer (moralischer) Ziele (etwa um sittliche Ansprüche, die ich stellen möchte z. B. an die deutsche politische und wirtschaftliche Funktionselite, an die gesellschaftlichen Akteure und Gruppen, an meine Mitbürger und Landsleute usw.), sondern allein um meine geistige Selbstbewahrung geht; nämlich die gegenüber
(a) mir selbst als Kreatur (Pleonexie-Büttel zu sein: ausgeliefert Ich-, Hab-, Macht- und Genuss-Sucht)
(b) meinen Artgenossen als Konkurrenten und Gegnern
(c) der mich vereinnahmenden, tragenden und steuernden Markt-Gesellschaft
(d) den mich belehren wollenden Medien
(e) der mich nur als Umsatzgröße begreifenden Wirtschaft
(f) dem würdefundierten, also ein Abstraktum von Mensch sakralisierenden Recht (welches dadurch ideologieanfällig wird), und
(g) den massiven Wirklichkeitsverlusten einer den Staat und die Gesellschaft vielfältig schwächenden Politik (aber dazu später mehr)
Fakt ist:
(i) Ich bin mir selbst als Organismus ausgesetzt
(ii) Ich bin einer Gesellschaft ausgesetzt, die, heutzutage, durch und durch konsumkapitalistisch geprägt, zumal all-präsent und ohne Unterlass mit ihren Verwerfungen, Lebenslügen, Versprechungen, Verlockungen, ihren Bereichs-Pathologien pausenlos über mich „hinweg- und durch mich hindurch schwappt“, kurzum: mit ihrer Trivial-Dekadenz permanent - auch unbemerkt unterschwellig - auf mich einwirken will; und zwar in der Regel als psychoethische (seelisch-moralische) Entmächtigungs- und Selbstentfremdungs-Instanz, insbesondere im Hinblick auf nicht primär konsumtiv, geistig orientierte Lebensvollzüge (die dem Grundziel jener Gesellschaft: Wohllebenssteigerung, diametral entgegengesetzt sind, nämlich als askeseträchtige), die, wie etwa in meinem Fall, zentrisch bestimmt sich objektivieren als künstlerisches Schaffen und als Bemühen um grundlegende Einsichten in die fundamentalen Grund- und Prägekräfte der heutigen Existenz. Und beide geistige Ausrichtungen lassen sich nur realisieren in der Einsamkeit und Ungestörtheit des Privatlebens; geschützt zumal von - idealerweise - den Grundsätzen rechtsstaatlicher Demokratie, ohne deren Schutz sie eher nicht möglich wären: keine nichtdemokratische Macht-Elite duldet(e) die für jene notwendige essentielle Parrhesie (ungehinderte Denk- und Redefreiheit). Und eben genau die sehe ich zunehmend auch in formal demokratisch verfassten Gesellschaften gefährdet.
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Unter geistiger Selbstbewahrung verstehe ich also den (von mir unabweisbaren) individuellen Versuch, mich vor den mich meiner selbst entfremdenden Einflüssen einer Überflussgesellschaft zu bewahren (mich zu schützen davor, dass diese Überflussgesellschaft mich nicht nur „kapern“: vereinnahmen, steuern und ausbeuten, sondern mich auch geistig-psychoethisch ihr untertan machen: mich zur daueremotional beglückten fun-debilisierten Hurra- und Erlebnis-Monade machen will), also gegenüber Einflüssen widerständig zu machen, die solche sind
(a) einer entfesselungs-subjektivistisch-hedonistisch ausgerichteten
(b) parteienoligarchisch geschwächten Demokratie, welche rechtlich-staatspolitisch "verletzt" ist und
(c) sich in einem spätdekadenten Niedergang befindet, der womöglich (was ich aber nicht weiß) nicht mehr aufzuhalten ist und mich auch davon unabhängig, dass ich nicht mehr viele Jahre haben werde, beunruhigt.
Erlangen kann ich diese Selbstbewahrung freilich nur auf geistige Art und Weise:
(d) dadurch, dass ich Gedichte schreibe und
(e) versuche, fundamentale Einsichten in die komplexen Prozesse jener Überflussgesellschaft zu gewinnen.
Dabei gilt für mich, dass
(f) die Aufklärung - eine antifeudale wirtschaftsbürgerliche, intellektuell-vernunftethische Unternehmung des 18. Jahrhunderts - längst zu Ende gegangen ist (bzw. nach meiner Meinung von vornherein illusorisch war), also keine Orientierungen mehr zu bieten hat. Etwa Kants „sapere aude“ „Wage zu wissen, zu erkennen! Denke selbst nach! Bilde dir ein eigenes Urteil!“; das kann, auf Dauer jedenfalls, kein substantielles Ziel menschlichen Strebens sein, wie etwa Wohlstand, um einer Gesellschaft von hoch emotionalisierten, hysterisch-ideologisch seelenarmen und tendenziell gewissenlosen, jedenfalls reflexions- und spracharmen Erlebnisspaßsammlern, die kaum noch fähig sind, sich auf Sachlichkeit und faktenkonformes Denken einzulassen, sondern, narzisstisch getrieben, primär auf Reize, Effekte, Sensationen, Inszenierungen, Schauspielereien usw. reagieren, Menschen also, die als geistlose Marktkreaturen, sich auf diese Weise permanent sich selbst betrügen und zuweilen gar regelrecht selbst verraten. Vor solchen will und muss ich mich selbst bewahren.
(g) der Marxismus, als es in der UdSSR darum ging, ihn als radikales Korrektiv in die vorhergehende agrarische Zaren-Gesellschaft einzubringen, sich sofort als mit Gewalt gepflasterter Irrweg erwies: Der Sozialismus war von vornherein eine Illusion, weil das marxistische Ideengebäude (eine Art notwendiges Klassenkampf-Heilsgeschehen) und Menschenbild (s. Gedicht (3338), S. 38) die Grundkonstanten des ganz unheiligen, widersprüchlichen selbstgefangenen menschlichen Wesens völlig ignoriert. Marxens Idee der realen (weil historisch notwendigen) Schaffung eines kommunistischen Staates durch das Proletariat (nach dessen Diktatur, nachdem die letzten Verwerfungen des Bourgeois-Kapitalismus und das Klassenkampfes getilgt sein würden) scheitert(e) (und zwar notwendig) an dem ihr zugrundeliegenden idealistisch-heilsgeschichtlich orientierten Menschenbild: Es kann uns Menschen nicht um Selbstverwirklichung, nicht um die (asketischen!) Mühen sittlicher Hebung, nicht um eine gerade in geistig-moralischer Hinsicht vollendete Gesellschaft gehen, weil es uns um uns s e l b s t gehen muss (das ist so für einen Pleonexie-Lakaien, wie wir alle ihn sind, den also Ich-, Hab-, Macht- und Genuss-Sucht antreiben, der,
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nicht gleich sein wollen könnend, überragen will/ausstechen/übertrumpfen usw., der sein Leben auskosten, im gängigen Sinne erfolgreich meistern will, soll heißen: Als Kreatur sich ausleben muss). Und das ist keine sittliche (moralische) Verurteilung des Menschen, das ist eine Feststellung, an der der Realitätssinn nicht vorbeikommt. Vgl. dazu auch im Fremdwörterverzeichnis: „homo novus“ = der neue Mensch; nach Che Guevara.
(h) Dann darum: Einem solchen Menschentyp als einem gelernten Verbraucher (Ausdruck von David Riesman) kann es daher nicht um sittliche Exzellenz - schon gar nicht um geistige Selbstbewahrung, zumal die ohne asketische Leistungen nicht zu erlangen ist -, sondern es muss ihm um einen materiell und gesellschaftlich-sozial progressiv sich verbessernden, vor allem um einen eudämonistisch-hedonistisch „dauerangereicherten“ Existenzvollzug gehen: Organismisch-kreatürliches Sich-Ausleben in jeder denkbaren Art und Weise.
(i) Vor allem will ich mich (geistig! faktisch-lebensweltlich ist es unmöglich) vor dem Kapitalismus bewahren, wie er mir erscheint: Als - das liegt in seinem Wesen: ist ihm sozusagen systemimmanent - autodestruktiv (selbstzerstörerisch). Er ist dies
n i c h t, weil seine „Macher“ moralisch versagten, nein, er ist es als die menschliche Existenz (Denken, Fühlen, Wollen) umfänglich schaffende, prägende und steuernde System-Allmacht von Kapitalismus, Naturwissenschaften und Technik („Superstruktur“ nach Arnold Gehlen). Um nur diese Punkte zu nennen: Er bringt notwendig Individuen hervor, die sich, halbgebildet, spaßlüstern, panhedonistisch und leerformelhörig, in ihren (gleichen) Existenzvollzügen als Personen (eine Person bemüht sich um geistige Selbststeuerung, versucht also alle kreatürlich ausgerichtete Fremdsteuerung - durch sich als Organismus, durch die Fun-, Medien- und social media-Diktatur der Überflussgesellschaften zu vermeiden; setzt überhaupt auf Sachlichkeit, Redlichkeit, Selbstdistanzfähigkeit, Verantwortungsbereitschaft usw.) verfehlen, indes als Kunden verdinglichen (selbst zu „Körperwaren“ machen) und irgendwann dann, in schleichender Dekadenz versunken, nicht mehr die Kraft aufzubringen in der Lage sind, realitätskonform, den Unwägbarkeiten und Widersprüchen der menschlichen Existenz entsprechend vorausschauend zu denken, um am Ende dann sogar ihren Selbsterhalt zu vernachlässigen (etwa durch Drogenkonsum).
Der Kapitalismus sei autodestruktiv? Ja, ist er in meinen Augen:
(i) ökologisch direkt (Stichworte: Klimawandel, Artensterben …)
und indirekt (ein eher anonymer Prozess)
(ii) kulturell
(iii) psychoethisch
(iv)) politisch-rechtlich und
(v) geistig-intellektuell:
Der Kapitalismus ist heute d i e Quelle einer Art von „psychoethisch desorientierendem Selbstschädigungs-Nihilismus*“
*Nihilismus, das ist die Sinnlosigkeit von Dasein, Geschichte, Welt usw.; kurz: „Es lohnt sich nichts (mehr)“; sich nicht selten auch ausdrückend in oft moralisch unterfütterten, aggressiv vorgetragenen Heils-Ideologien , wie etwa dem Marxismus, oder religiösen Fundamentalismen). Zum Thema „Nihilismus“ vgl. Wolfgang Kraus, Nihilismus heute oder die Geduld der Weltgeschichte, Wien-Hamburg, 1983, besonders S.
79 – 87)
(j) Und auch deswegen will ich mich geistige selbst bewahren: Weil, ich wiederhole es noch einmal, die gegenwärtige deutsche kapitalistische Gesellschaft eine dekadente ist: Wohlstand ist den meisten Deutschen der zentrische: der alleinige Quell von so etwas wie Lebenssinn - und das ist begreiflich, zumal alle gesellschaftlichen Ideale: ethische, utopische, sozialistische, gar kommunistische, zum Scheitern verurteilt waren/sind: Ideal und Barbarei
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sind notwendig Geschwister (Beispiel: UdSSR, China unter Mao): Um es auf diese Formel zu bringen: Der Kapitalismus beschert(e) uns massive ökologische Verwerfungen, machte uns zu Markt- und Leerformel-Lakaien, gibt uns aber stündlich (wenn wir nicht durch seine Raster gefallen sind und etwa auf der Straße landen, psychisch krank sind oder seelisch tot) immerhin die Möglichkeit, uns konsumtiv und eskapistisch-hedonistisch und erlebnisumnachtet „auszuleben“, um auf diese Weise uns halbwegs von uns selbst, dem Kapitalismus und seinen Folgen, zu entlasten, d. h. uns um die Tatsachen unseres heutigen Daseins als Verbraucher „herumzulügen.“
Indes der (reale) Kommunismus- neben massiver Umweltverschmutzung - nichts außer Partei-Diktatur, Partei-Willkür, Despoten-Barbarei, Arbeitslager, Zuchthaus, Verbannung, Folter, Mangelwirtschaft, Lügengespinste und großtuerische Zukunftsversprechen zu bieten hat(te), weshalb die UdSSR unterging und sich die KP Chinas gezwungen sah, das Wirtschaftssystem des ideologischen Gegners einzuführen (ab den 1980er Jahren), um sich zum einen überhaupt an der Macht halten zu können und zum andern Wohlstand für die Bevölkerung zu schaffen, um diese aus der materiellen Armut herauszuführen in die Segnungen einer Wohlstandsgesellschaft … Es gelang, wie es scheint, sehr gut.
(k) Dann aber auch deswegen: Weil sich - noch einmal - die deutsche Gesellschaft in einem kulturellen, ethischen, geistig-sprachlichen (kulturellen) und politischen Niedergang befindet: Weil eben verschwunden sind seelisch haltende, stabil ausrichtende und Sinn gebende, auch geistig-metaphysisch ausgerichtete Daseinsformen aufgrund des der heutigen Überflussgesellschaft notwendig innewohnenden: spaßerlebnisdrastisch verdrängten, Nihilismus, Dauerreflexionsanforderungen (wenn nichts mehr selbstverständlich gilt, muss alles diskutiert werden, was auf Dauer nicht funktioniert), alltäglichem Elendskonsum (über die Medien, der abstumpft), Technologie-Verfallenheit (Stichwort: social media, KI) als Diffamierungs- und Entblößungs-Lust, Bildungsarmut und krass-hysterischer Empörungsanfälligkeit, Anomisierungs- (hier: Auflösung und Zerfall psychischer Halte bis zur Kriminalität) und also Innenwelt-Anarchisierungs-Gewalten, denen die spracharmen Individuen in der Regel nichts entgegenzusetzen haben.
---------------------------Ende der Anm*
Um es frei herauszusagen: Für mich ist geistige Selbstbewahrung faktisch ein Imperativ: ein innerer Befehl, dem ich weder entgegentreten will (zumal das auch gar nicht könnte), noch dass ich seine Macht über mich überhaupt auch nur ansatzweise zu erklären befähigt wäre: Ich muss/musste ihn als existenzielles Kommando einfach hinnehmen: Es ist Teil meiner Persönlichkeit, eingelebte Daseins- und Lebensvollzugsweise: Ich bin einfach nicht interessiert an etwa kalkuliertem Streben nach Wohlstand, gesellschaftlicher Anerkennung, individuellem Erfolg überhaupt (Erfolg im gängigen Sinne), glaube zumal nicht an so etwas wie Glück; auch politischer Macht - so faszinierend es sein mag, sie auszuüben - vermag ich nichts abzugewinnen, denn sie ist letztlich doch eine Art Mittel der Entlastung von eigener Ich-Schwäche (denn: wer nach Macht strebt, geht unweigerlich zugleich das Risiko ein, sich von dieser Macht, erringt er sie, selbst abhängig zu machen). Es gibt schlechterdings keinen einzigen gängig-substantiellen Inhalt der menschlichen Existenz (Macht, Geld, Lust, Ich-Erhöhung, Anerkennung, Prestige, Ruhm usw.), der nicht doppeldeutig, widersprüchlich und letztlich, hat man ihn einmal begriffen, sich als einer herausstellen muss, der einen hohen Preis hat, nämlich den des Verlustes an Selbstbewahrungskompetenz:
D i e s e n verhindert einzig und allein Geist als Weltmeidungs-Askese (und natürlich ihr günstige Gegebenheiten: Frieden, stabile, soll auch heißen: durchgesetzte Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, die diesen Namen verdient, also z. B. keine Parteien-Oligarchie oder eine Art institutionalisiertes Phrasen-Exegese-System ist). Nur das Geistige vermag die Abhängigkeit
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von sich selbst als Kreatur zu unterbinden; einen zu bewahren vor dem Streben nach (einen deformierender) Macht, Mammon, Genuss und Anerkennung. So etwa bewirkt (auch demokratisch erworbene) Macht notwendig gewisse Formen der Selbstentfremdung , der Autokorrumpierung , der Staatsschauspielerei, der Selbstherabwürdigung, der Selbstbeweihräucherung und des Selbstverrates usw. - jedenfalls in d i e s e r heutigen Gesellschaft.
(α) Indes ich selbst nie etwas anderes wollte (wollen musste, auch wenn ich sie verfehlte) als intellektuelle und geistige Autonomie, was auch meint:
(i) Nicht nur meine Meinungen frei sagen zu dürfen, sondern sie auch faktenorientiert nachvollziehbar begründen(!) zu können (und zu müssen)
(ii) auch meint: der Gesellschaft gegenüber, in der ich lebe, meinen Realitätssinn walten zu lassen: sie also n i c h t ideologisch, weltanschaulich, ideell oder ethisch zu verwerfen - etwa weil ich
(*) ihre revolutionäre Umgestaltung hin zu mehr Gerechtigkeit erstrebte, etwa weil ich
(*) vielleicht getrieben wäre von einem wirren „Idealismus“ oder einer metaphysisch fundierten Gesinnung -, sondern an dem zu messen, was ein durchschnittlicher Mensch will, kann, erstrebt und demgemäß als Lebensziel(e) verfolgen muss, um mir dann eindringlich klar zu machen, dass die kapitalistische Überflussgesellschaft die ist, die den Grundbestrebungen der menschlichen Natur - evolutionsbiologisch determiniert - am dienlichsten ist, also deshalb unbedingt zu bewahren ist (o b w o h l sie, s. o., autodestruktiv ist); sie allein, sie ausnahmslos, vermag der Drangsal der menschlichen Pleonexie (Ich-, Hab-, Macht- und Genuss-Sucht) Genüge zu tun, nur sie, denn: Die Menschen - bis in ihre Seins-Kerne habsüchtig, gierig und immer darauf aus, andere, was Haben und Gelten anbelangt, möglichst zu überragen) wollen (müssen ihn wollen) Wohlstand, immer mehr Wohlstand, möglichst im Überfluss, weil der ihnen erlaubt, sich, "entlastungsbeschirmt", etwa - und das ist entscheidend - die in der heutigen Zeit der Naturwissenschaften offenkundig gewordene objektive Sinnlosigkeit ihrer Existenz zu verhehlen. Kurzum: Die Menschen wollen in der Regel - rauschhaft emotionalisiert und materiell bestmöglich versorgt - ihr Leben genießen, auskosten und es in jeder Hinsicht quantitativ steigern, lehnen es aber faktisch ab/verschmähen es/in der Regel: vermögen es nicht, sittliche, politische, kulturelle und humanitäre Ideale unter Hintanstellung ihrer kreatürlichen Daseinsantriebe zu verfolgen, wiewohl sie die Wichtigkeit und Bedeutung derselben bei jeder Gelegenheit mit warmen Worten durchaus loben (der Mensch ist nun mal - ist es notwendig - ein Existenzschauspieler). Also: Den menschlichen Fundamentalaspirationen und der menschlichen Widersprüchlichkeit und der menschlichen Gefangenschaft im Wissen darum, dass sie Zeit, Vergänglichkeit, Verfall und Tod geweiht sind, bin ich verpflichtet intellektuell Rechnung tragen*
Anm. *:
(א) Menschen sind zwar idealbedürftig, aber nicht idealfähig; soll heißen, ihre Ideale dienen den Menschen etwa als Entlastungsfiktionen: psychoethische Innenweltstabilisatoren usw., ohne dass sie, die Menschen, auch nur annähernd in der Lage wären,
ihre Ideale auch nur ansatzweise in reale gesellschaftliche Verhältnisse umzumünzen.
(ב) Weiter: Der Wohlstand schaffende Kapitalismus erlaubt es den Menschen, das Adiaphoron (das überflüssige, nutzlose, an sich nicht unbedingt gebrauchte Ding = Ware) zu mystifizieren, somit indirekt ihren Selbstwert mittels Haben und Gelten zu steigern, kurzum: er ermöglicht es den Menschen, sich als bedürftige und triebgesteuerte Organismen: Kreaturen, anzunehmen und zugleich mittels Konsumpotenz zu erhöhen, um sich so als Kreaturen zu vergessen: im Selbstkonsum auf der Grundlage materiellen Überflusses.
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Dann: Der Kapitalismus ist dem Sozialismus oder gar dem Kommunismus deshalb unendlich überlegen, weil er den Menschen als das fasst, was er ist: ein selbstisch befangener, sich selbst als existenzielles summun bonum wollen, ja: anbeten müssender, rechenhaft amoralischer Pleonexie-Büttel, indes Marx, der Theoretiker des Kommunismus, die durch die gesellschaftlichen Bedingungen unterdrückte und so verschüttete Natur des Menschen wiedergewinnen wollte durch die Aufhebung der Entfremdung des Menschen von sich selbst durch Überwindung der ihn verdinglichenden (zur Ware machenden) gesellschaftlichen Bedingungen: etwa den kapitalistischen (die den Arbeiter und seine Arbeitskraft - im Rahmen des letzten menscheitsgeschichtlichen Klassenkampfes - die Geschichte sei eine Abfolge von Klassenkämpfen; und der letzte sei der zwischen Bourgeoisie und Proletariat - zu einer Ware machten: ), was seine, des Menschen (des Arbeiters), natürliche Güte und natürliche Exzellenz-Moralität wieder herstellen würde - für immer in einer lückenlos verwirklichten kommunistischen Gesellschaft.
M. a.W.: Der reale Kapitalismus bietet den Menschen Wohlstand, mammonistischen Saus und Braus, eudämonistisch-hedonistische Befriedigungen, die Chance, andere zu überragen (denn sie wollen nicht gleich sein); kurzum: bietet ihnen leibseelische Wohllebensfülle, die Chance auf ein materiell reiches und prestigeträchtiges und glamouröses, effektmagisches und reizintensives Leben … Der reale Kommunismus hingegen bietet nur ein vielleicht sehnsuchtserfüllt wünschbares kulturell-ethisches Ideal einer wieder erlangten güteerfüllten Natürlichkeit , also faktisch lediglich eine philosophische Illusion (denn der Mensch ist von Natur aus nicht gütig), die als solche gerade nicht zur gesellschaftlichen Wirklichkeit werden kann, weil sie, diese philosophisch-utopische Illusion, mit Verlaub, das widersprüchlich-nichtgütig-gewalttätige Wesen des Menschen völlig verfehlt, folglich den Versuch der Einrichtung einer kommunistischen Gesellschaft zur Entfesselung radikaler Barbarei verkehren muss - wie es sich denn auch historisch gezeigt hat: Leninismus, Stalinismus, Maoismus etc.
---------------------------Ende Anm. *
(β) Nicht nur, dass ich Verzichtsleistungen (generell: Formen der Askese) für höchste Güter halte, nein: ich überließ mich ihnen auch ohne das Gefühl zu haben, was auch immer zu versäumen; indes mich dabei nicht sozusagen kasteiend: calvinistisch-tugendradikal von aller Lebensfreude ausschließend, sondern umgekehrt: mir, wiewohl schon früh in einer Art Selbst- und Seins-Entbergungs-Nihilismus verstrickt/ gefangen, sie mir ausmalend als gelungene Daseinstiefe-Bereicherungen und -Freuden, soll heißen: als Arten und Weisen tatsächlich erlangten geistigen Bei-mir-selbst-Seins.
(γ) Das hat sich schon sehr früh angedeutet: Als Kind saß ich oft ganz allein am Feldwegrand in der Gemarkung „Talweide“ meines Heimatdorfes, beobachtete die kleinen Tiere: Insekten, Vögel, Echsen, Hasen, manchmal Mäuse oder eine Blindschleiche, hörte auf die Feld-Geräusche, blickte auf die Obstbäume, die Kornfelder oder zog mit einem Zweiglein oder einem spitzen Steinchen einzelne Striche in jenes Feldwegs grauen Sand. Oder ich lauschte, war er aufgekommen, auf das Wehen des Windes. Gleichsam mythisch fasziniert war ich jedes Mal dann, wenn der Wind über das Land strich und gleichzeitig ein bestimmtes Läuten der Glocken der evangelischen Kirche zu hören war: ein dunkel-eintönig-schweres Läuten: das der „Totenglocke“, welches anzeigte, dass irgendjemand im Dorf das Zeitliche gesegnet hatte. Denn dann trug der wehende Wind das Läuten mit sich fort in die Ferne: es verlor sich sozusagen ein wenig in dieser, um dann, ließ der Wind wieder nach, als näheres erneut stärker zu ertönen. Und diese Wechsel zwischen winderzeugter Nähe und Ferne des Glockentons empfand ich, eigentlich noch ein Kind, als hilfloses Hin-und-her-Geworfen-Werden der Seele der verstorbenen Person: als trostlose, dem blanken Zufall ausgesetzte Hilflosigkeit, mich
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dieser überlassend in dem faszinierenden Betörtsein durch eine mich dann innerlich flutende Entlastungssehnsucht, in der ich intuitiv irgendetwas Grundlegendes meines Daseins erfasst zu haben meinte.*
*Anm.: Was mir dann im Laufe der Jahre immer deutlicher wurde als schon frühe Reaktion auf eine schicksalsfundierte Verlassenheit (aufgrund familiärer Verwerfungen, aufgrund einer mir schlimme: erniedrigende, häme- und gewaltgetränkte Erfahrung bescherenden Adipositas und aufgrund der Außenseiter-Position, die mir durch diese Adipositas notwendig aufgezwungen worden war, eine Außenseiter-Position, die sich am besten als alltäglicher Spießrutenlauf in immer dieselbe Einsamkeit charakterisieren lässt.
----------------------------Ende der Anm.*
(δ) Eine Vermutung zum Thema „geistige Selbstbewahrung“, für die sehr vieles spricht, zum Schluss: Eigentlich habe ich jenen Feldwegrand nie verlassen, bin immer dort sitzen geblieben, innerlich bis heute, um, in der Gesellschaft kleiner Tiere, mir die Vergänglichkeit, Bedeutungslosigkeit, Leere und Nichtigkeit der menschlichen Existenz (mit diesen Begriffen hebe ich ab auf mir lebenslag intim vertraute: grundlegende Gefühls-, Affekt- und Stimmungs-Lagen; damals, in der Kindheit, noch unbeholfen-ahnungsweise; heute: mir in einer geistigen Klarheit bewusst, die ich jederzeit auch durch Argumente zu untermauern in der Lage bin) zu vergegenwärtigen.
(C) Der Begriff „Überflussgesellschaft“/Bezug hier: die gegenwärtige deutsche Gesellschaft
(1) Vorbemerkungen
Im Folgenden handelt es sich im Wesentlichen um kurz gehaltene Erläuterungen einiger Ausdrücke, Worte, Bezeichnungen im Umfeld des Begriffs „Überflussgesellschaft“ (von manchen auch als „Konsumdiktatur“ bezeichnet), welchen ich nicht selten benutze, um die gegenwärtige deutsche Wohlstandsgesellschaft allgemein zu charakterisieren … Ausdrücke, Worte, Bezeichnungen, welche in einer Zeit, in der bereits bloße Worte aufregen (oft, weil die Begriffe fehlen, so Goethe im Faust) zu Hysterien führen, ja: entrüsten oder gar maßlos empören, komplexe begriffliche Aussagen das aber nicht mehr tun, weil sich diese, zumal im Hinblick auf scheinbar widersprüchliche Faktenzusammenhänge, zu bilden und dann auch zu verstehen und rational-sachlich zu bedenken, man geistig-intellektuell-sprachlich immer öfter gar nicht mehr so recht in der Lage ist (oder es nicht sein will, etwa um unangenehme oder gar belastende Einsichten zu vermeiden); und dies schon deshalb nicht, weil die Individuen sozusagen ständig - via Reklame, Fernsehen, Internet, social media, KI usw. - einer massiv emotionalisierenden, ich möchte sagen: psychomotorisch (in der Regel sexuell aufreizenden „trash-moves“) hocherregt animierenden Scheinwelt ausgesetzt sind, die sie, die Individuen, freilich in der Regel nicht als unverschämt überwältigungstotalitär, oder gar schlicht als Selbstverdummungsverlockungen- und -Schliche (um sie konsumtiv gefügig zu machen), sondern eben als anregend, die Laune hebend, Spaß fördernd und narzisstisch befriedigend erleben, als willkommene Gelegenheiten, die „Hully Gullysierung“ ihrer Innenwelten zu forcieren mit dem Ziel, aus dem unterschwellig sie narkostisierenden Stumpfsinn gerissen zu werden.
In der Tat leben wir in einer Gesellschaft reißerisch entfesselter Entlastungs-Stupidität, die permanent gespeist wird von
(*) magisch-belämmernder, aufreizend-eskapistisch in Beschlag nehmenden Pop-Musik
(*) der (optimistisch-mitfühlend-empathisch-sentimental überladenen) Unterhaltungs- und Sinn-Industrie
(*) tugendhypertropher Dauer-Erregung
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(*) Lobpreisungen von Stars jedweder Couleur (den Halbgöttern der zu Normalität und Mediokrität verurteilten Vielen)
(*)Tatsachen ignorierenden polit-ethischen Botschaften, die auch anonym erzieherisch wirken sollen (auch in Reklame-Spots versteckt): etwa der Botschaft einer panegalitär-globalen Gleichheit der Menschen und
(*) marktschreierisch fiktionalisierender Reklame, die unterschwellig ohne Unterlass eine quasi-magische Allmachbarkeit existenzieller Leichtigkeit suggeriert,
(*) einer perfektionsoptimistisch-entfesselungsmotorischen (Einheits-Moves)
(*) selbststeigerungsträchtiger Glückseligkeit und
(*) einer Art orgiastischer Erlösungsgarantie für die Käufer der Waren …Was alles selbstverständlich auch von der faktischen Welt und Gesellschaft und deren Mammon-Theologie, banal-betrügerischen Machenschaften, deren intellektuell-geistige Schlichtheit, von ihrem Polit-Dilettantismus, ihrer Amoralität, ihrer Anfälligkeit für Primitivismen aller Art, ihrer Ungerechtigkeit, aggressiven Schwachstrom-Ideologien, ihren korrupten Verwicklungen usw. usw. abziehen soll.
(2) Unter dem Begriff „Überflussgesellschaft“ fasse ich zusammen, verstehe ich: Eine dekadente Wohlstandsgesellschaft, in der sich der Genuss von Wohlleben als einzige Quelle von L e b e n s s i n n im Bewusstsein der allermeisten ihrer Bürger unverrückbar festgesetzt hat; indes materieller Wohlstand, auch das sei noch einmal gesagt - er mag immerhin auch in der Tat so manche Befriedung und Entlastungschance gewähren - keinen Lebenssinn gewähren kann, denn: nach und nach bewirkt auf Dauer gestelltes Wohlleben - das ist eine Erfahrungstatsache - als diesseitsfixiert-atheistisches (gottloses), materialistisches (trivialkonsumtives), utilitaristisches (rein nutzenorientiertes), hedonistisches (lustbezogenes)/eudämonistisches (glücksbezogenes), infantilistisches und narzisstisches* eine Art Verkümmerungsentglückung, die letzten Endes nur den Scheinausweg offen lässt, sich noch häufiger und intensiver den vielfältigen Formen eines tatsächlichen (unbemerkten!) S e l b s tkonsums hinzugeben, um noch unzufriedener, freudloser, oberflächlicher, aggressiver und monadenhaft gleicher: seelisch und geistig völlig herunter zu kommen – bis zur jener sterilen Innerlichkeit, die alle diese Erlebnisroboter auszeichnet: der Gewissenstod als psychisch anonym wühlender Nihilismus; der dadurch gekennzeichnet ist, dass er sich - etwa im Gegensatz zum geistig-metaphysisch gewirkten Nihilismus durch Glaubensverlust -
(a) recht gut, zuweilen lebenslang, verhehlen lässt dadurch, dass man sich sozusagen „Erlebnisketten“ hingibt, also währender intensiver Ablenkung (auf Dauer gestelltem „Erlebnis-Konsum“) von sich selbst und sich der geschönten Erlebnis-Gesellschaft und -Welt verschreibt und/oder
(b) sich einer der so zahlreich angebotenen Weltausdeutungs-Sinn-Schimären überlässt und/oder
(c) sich einer politischen Ideologie verschreibt, um den „objektiven Nihilismus“ einer verdinglichungsträchtigen, kapitalistisch allgeprägten Welt und die aus eben diesem Nihilismus resultierende Neigung zu psychischer Verwirrung (auch: seelischer Leere) förmlich zu ertränken; und/oder (die simplere Variante),
(d) gleichsam verehrungsgläubig, einen „Star“ (Pop-, Sport-, Film-Star, also einen Halbgott der drastisch Desorientierten) anhimmelt, also, allgemein gesprochen,
(e) sich als außen(markt-)gelenkte Sozialmonade** scheinträchtigen Lebensvollzügen gelingender Ablenkung überlässt (wovon es heutzutage zahlreiche gibt), um sich auf diese Art psychoethisch existenziell „über Wasser zu halten“
Anm.* Narzissmus
Die heutzutage „pandemische“ (Reinhard Haller, Die Narzissmus-Falle, Salzburg, 2013)
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Ausbreitung der durch Selbstinszenierung verdeckten - so sehe ich es -
(1) Phänomene der Seelenkälte und Gewissenlosigkeit, derer der Narziss als Halt, Trost und „Medikament“ bedarf,
(2) sich seine Hilflosigkeit vor den Fakten seines Daseins und seiner realitätsblinden Orientierungslosigkeit zu verbergen:
(3) Der typische Narzissmus ist primär Ausdruck einer geistig mittellosen Durchschnittsexistenz: Er will (muss) ein triviales Ich herausheben und erhöhen, um sich auf diese Weise Prestige bei anderen (gleich Betroffenen) zu ergaukeln
(4) Der grassierende Narzissmus ist (auch, nicht nur) die Weise eines faktisch orientierungslosen Selbstinszenierungszwanges als Reaktion auf die systemimmanent angelegte, subjektive Konditionierung zur Marktmonade im Rahmen kapitalistisch-naturwissenschaftlich-technischer Haltlosig-, Sinnlosig- und religiös-ideell-metaphysischer Verlassenheit: Bodenlosigkeit:
(5) Und weiter: Tatsächlich ist der grassierende Narzissmus auch ein Beweis dafür, dass die exemplarisierten (psychisch auf Gleichheit „getrimmten“) Individuen ahnen, dass sie zu egalitären (hier: dasselbe wollenden, erstrebenden, fühlenden, wertschätzenden, begehrenden, verabscheuenden, meinenden, machenden, unterlassenden usw.), also auswechselbar dieselben seienden selbstbestandslosen, innenweltleeren und metaphysisch verlassenen = atheistisch-hedonistisch ehr-, halt- und - zunehmend, es sei noch einmal gesagt - gewissenlosen Individuen als austauschbaren Exemplaren geworden sind - ohne dass sie die Chance hätten, sich aus diesem „Gefängnis der Austauschbarkeit“ befreien zu können): Sie sind eben Geschöpfe des Marktes, die eine von ihnen ersehnte Einmaligkeit, gar Außergewöhnlichkeit, nur noch mimen, darstellen, inszenieren: schauspielern können:
(6) Ihr Narzissmus ist eine Art Entlastungsrausch existenziell definitiv ihrer selbst benommener, ichschwacher Daseinshilfloser. Eigentlich ist der gängige Narziss eine Art Auftragsgaukler der Marktverhältnisse (typisch dafür: der Pop-Star).
(7) Die 4 Komponenten des Narzissmus (nach Reinhard Haller, a. a. O., S. 40:
(a) Egozentrizität (Ich-Bezogenheit/Im eigenen Ich „schwimmen“)
(b) Empfindlichkeit („krankhafte“)
(c) Empathiemangel („Seelenkälte“)
(d) Entwertung (anderer)
Diesen Narzissmus - als klinischen - charakterisiert der Psychoanalytiker Otto. F. Kernberg folgendermaßen (zitiert bei Reinhard Haller, a. a. O., S. 100f): „Die Hauptkennzeichen narzisstischer Persönlichkeiten sind also Größenideen, eine extrem egozentrische Einstellung und ein auffälliger Mangel an Einfühlung und Interesse für ihre Mitmenschen, so sehr sie doch andererseits nach deren Bewunderung und Anerkennung gieren. Sie empfinden starken Neid auf andere, die etwas haben, was sie nicht haben, und sei es einfach Freude am Leben. Es mangelt diesen Patienten nicht nur an Gefühlstiefe und an der Fähigkeit, komplexere Gefühle anderer Menschen zu verstehen, sondern ihr Gefühlsleben ist auch nur mangelhaft differenziert, die Emotionen flackern rasch auf und flauen gleich wieder ab. Was besonders auffällt, ist das Fehlen echter Gefühle von Traurigkeit, Sehnsucht, Bedauern; das Unvermögen zu echten depressiven Reaktionen ist ein Grundzug narzisstischer Persönlichkeiten. Von anderer verlassen oder enttäuscht, können sie wohl in einen Zustand geraten, der äußerlich wie eine Depression erscheint; bei genauerer Untersuchung erweist sich jedoch, dass Wut, Empörung und Rachebedürfnisse dabei die Hauptrolle spielen und gar nicht so sehr eine echte Traurigkeit über den Verlust eines geschätzten Menschen.“ (Hervorhebungen von mir, Sa.)
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Anm**: Monade (sehr allgemeine Hinweise). Von griech. μονάς = monás = Einheit, das Einfache, weil nicht aus mehreren Teilen Zusammengesetzte, das Unteilbare. In der
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griechischen Philosophie bezeichnet der Begriff „Monade“ oder „Henade“ = „Einheit“ z. B.
(1) geistige Einheiten wie die platonischen Ideen, die ewigen, rein geistigen, unveränderlichen Wesenheiten als Urbilder der materiellen Einzeldinge, die Abbilder der Ideen sind .
Nach Platon von Athen (427 – 347 v. Chr.) gilt:
Die Materie ist
(*) das Chaotische (*) das Strukturlose, das Ungeordnete (*) das Veränderliche (*) die Welt des Materiellen (*) das Teilbare
(*) das Zeitliche (*) das Passive (Aufnehmende) (*) das Nichtgeistige
(*) Domäne der Abbilder (der Urbilder = Ideen: Die vielen realen (materiellen, also werdenden und vergehenden) Dinge sind Abbilder der Ideen: der ewigen, unwandelbaren, rein geistigen Urbilder)
(*) Die Materie ist den Ideen nachgeordnet; sie ist das passive Prinzip
Die Ideen sind (*) rein geistiger Natur = rein geistige Strukturmächte/ Geistformen
(*) unveränderlich (*) ewig (zeitlos) also: immer seiend (*) unteilbar (*) Urbilder (nach denen die Dinge = Abbilder geschaffen worden sind (vom Demiurgos = griech.: Handwerker, Künstler, bei Platon: Weltbildner )
(*) Die Ideen sind der Materie in jedem denkbaren Sinne vorgeordnet
(2) materielle Einheiten wie die Atome (atomos = unzerschneidbar, unteilbar) Demokrits und Leukipps (ihr Verhältnis zueinander ist unklar), aus denen alle sinnlich erfahrbaren Dinge zusammengesetzt sind (auch wir, die Menschen)
(a) Zunächst zum Namen ‚Atom’
atomos wörtlich: unzerschneidbar , temnein, schneiden; a = privates Alpha = verneinend, wegnehmend, wie im Deutschen: un-, nicht-: unfähig, nichtswürdig)
(b) Die Atome sind
(i) das seiende und volle Element, massiv, nicht affizierbar (können nichts ‚erleiden’), unentstanden, unvergänglich, numerisch (der Anzahl nach) unendlich viele, unteilbar (das sagt schon der Name)
(ii) Die Atome unterscheiden sich nach Form, Anordnung, Position, Größe (von dieser hängt das spezifische Gewicht ab und dieses wiederum hat Einfluss auf die Bewegung des Atoms)
(iii) Die Atome haben die Fähigkeit, sich zu Aggregaten zusammenzuschließen und so die wahrnehmbaren Körper zu bilden
(iv) Status der Atome:
Die Existenz der Atome kann nicht unmittelbar beobachtet werden: sie sind so klein, dass sie nicht beobachtet werden können. Daher können die Existenz der Atome und die ihnen zugesprochenen Eigenschaften/Prädikate (vgl. oben (a) nur durch Denken erschlossen werden
(3) bei G: W. Leibniz; in dessen Monadologie sind die Monaden letzte geistige Einheiten (vollendete, sich selbst genügende Wesen, die sich selbst genügen, auch ohne Beziehung nach außen sind, oder Seelen: franz.: âmes oder auch Entelechien = griech.: Das, was sein Ziel in sich selbst hat; seit Aristoteles die Form, die sich im Stoff verwirklicht), aus denen sich die Weltsubstanz zusammensetzt. G. W. Leibniz, Monadologie, Reclam 7853: 1 „La M o n a d e, dont nous parlerons icy n’est autre chose, qv’une substance simple, qvi entre dans les composés; S i m p le, c’est à dire sans parties.” Übersetzung von Hartmut Hecht: 1 „Die M o n a de, von der wir hier sprechen werden, ist nichts anderes als eine einfache Substanz, die in Zusammensetzung eingeht; e i n f a c h heißt: ohne Teile.“
(4) Monaden hier zu nennen, erlaube ich mir auch die Quarks und Elektronen (s. oben (A), die Urteilchen der baryonischen Materie, aus denen wir selbst bestehen
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(5) Der von mir in den Gedichten oft verwendete Ausdruck „Monade(n)“ meint hingegen uns Menschen als einzelne, auf sich selbst: ihre genetische Einmaligkeit, Herkunfts-, Erfahrungs-, Begabungs- und seelisch-intellektuell-emotionalen Prägungen, also auf ihr eigenes einmaliges Sosein („Wesen“) zurückgeworfene Einzelne, als die wir
(a) ausnahmslos agieren müssen in einer uns ihrerseits existenziell-psychoethisch nachhaltig steuernden/ausrichtenden/kommandierenden - wie ich sie sehe - nihilistischen Überflussgesellschaft, in der wir uns als die, die wir - sozusagen uns selbst ausgesetzt und ausgeliefert unabänderlich sind - unserer (zumindest genetisch determinierten) Individualität und unseren zufälligen Prägungen entsprechend zurecht finden müssen, unser Dasein demgemäß zu vollziehen (durch uns selbst für uns selbst bestmöglich zu meistern), also uns zurechtfinden müssen in einer modernen Welt, die uns sei es hemmt, weil wir, um sie für uns zuträglich zu bestehen, gar nicht über die individuellen Mittel verfügen, sei es uns, umgekehrt, soziale Entwicklungsmöglichkeiten bietet und dementsprechend trägt, leitet, erfüllt, sei es aber auch abstößt, bedrückt, heimsucht, weil sie, wie etwa für mich, kulturarm-geistlos, überfordernd-rücksichtslos, plump-aufdringlich-hysterisch (dies vor allem auch widersprüchlich: zugleich geradezu moralisch ergriffen, indes faktisch sittlich verkommen ist), überhaupt hyperkomplex (z. B. reflexionshypertroph: intellektuell überfordernd), konsumtiv dauererregend, subtil aggressiv, faktenflüchtig, glücksfeindlich usw. ist, also eine Zivilisation der Maßlosigkeit, der Gleichgültigkeit, des Phrasenkonsums, der narzisstischen Aufgeblasenheit
usw., also eine Gesellschaft ist, die (wiederum: so sehe ich es)
(b) uns als Individuen zu reduzieren droht zu narzisstisch-wirklichkeitsverlustig-ichschwachen, geistig-metaphysisch enteigneten, Selbst-, Du-, Wir- und Welt-Verbrauchern, die uns als Individuen zwingt
(c) uns selbst zu verdinglichen (zu Waren zu machen), uns zwingt,
(d) auf uns selbst zurückgeworfen, permanent auf der Suche sein zu müssen nach so etwas wie erlebnisradikalen Entlastungsstumpfsinn (auch mittels Drogenkonsum), um uns
(e) emotional aufgewühlt, ja: ekstatisiert, der Leere und der Banalität ihrer Lebensweltgefüge zu entziehen, um uns fallen zu lassen in Faktenweltausblendungen für seelisch verletzte, verkümmerte oder blasierte „sozial lädierte Gesellschafts-Monaden“, uns also zu reduzieren auf Erlebnissammler, für die durchweg gilt, dass sie sich auf konsumtives Glück allein kaprizieren, auf eine Art von Glück leerer Berauschungen also, die, kaum vergangen, uns schon wieder nach weiteren gieren lassen, zumal wir doch durchweg einer alltäglichen psychoethisch-existenziell sehr fordernden Bewältigung von Lebensumständen „eingebettet“ sind, die von uns kaum noch ohne Innenwelt-Verwerfungen in wachsender Einsamkeit (ein Phänomen, das sich in Überflussgesellschaften, die die Individuen als Kunden auf sich selbst: ihr „nacktes Sosein“, zurückwerfen, gar nicht zu vermeiden ist) … Zu all dem sage ich, wie ausgeführt, nein, versuchend mich wenigsten selbst zu bewahren (s. o.)
(f) Ich rede also von Monaden - uns: den Individuen der gegenwärtigen Überflussgesellschaft -, die sehr wohl und sehr deutlich spüren (wenn auch darüber nachzudenken sich weigern, weil sie ahnen, die daraus dann einsichtsfundiert resultierende psychische Belastung nicht ertragen zu können), dass sie einer durch sie zunehmend immer weniger meisterbaren, in der Tat hochkomplexen, aber auch deswegen - scheinbar - immer unübersichtlicher werdenden Welt, zumal immer häufiger einer zunehmenden Ausnutzung durch kleingaunerhafte Tricksereien, einer wachsenden finanziellen Ausbeutung und zuweilen auch einer polit-korruptiv-inkompetenten Indolenz, einer weltfremden Tugendhypertrophie und typisch ideologischen Tatsachengleichgültigkeit ausgesetzt sind, in deren Gefolge die Realitätsverluste auf Seiten ihrer politischen und wirtschaftlichen Funktions-Eliten immer größer zu werden scheinen.
Monaden, das sind also
(a) immer mehr ihrer zufälligen individuellen Grundprägungen verlustige und zumal
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fortschreitend vereinsamt auf sich selbst zurückgeworfene,
(b) sich selbst zugleich als Erlebniskonsumeinheiten überantwortete und als diese
(c) zugleich permanent den Verwerfungen ihrer Gesellschaft hilf- und mittellos ausgesetzte, folglich
(d) geistig immer weniger widerstandsfähige, weil, hochkulturell verlassen, freigesetzte,
(e) immer leichter - zumal die dazu benötigten Techniken immer ausgefeilter werden (KI) - steuerbare und folglich
(f) sich, was ihre Daseinsaspirationen/-Ziele, -Zwecke, -Wünsche und -Sehnsüchte anbelangt, immer ähnlicher - und also zugleich immer „gemütsschlichter“ - werdende,
(g) zunehmend „austauschbare“ Exemplare,
(h) die seelisch immer mehr verdorren und am Ende
(i) jedwede Freiheit, Unabhängigkeit, Selbststeuerungsfähigkeit und Individualität werden eingebüßt haben
(6) Dazu nun ein kleiner Exkurs über Monadentypische Einsamkeit
Eigentlich habe ich es schon gesagt: Die heute alles dominierende Überflussgesellschaft zieht sich - immer erfolgreicher - metaphysisch-psychoethisch alleingelassene und desorientierte „Erlebniskonsumenten“ heran, die, innerlich radikal an diese Gesellschaft gebunden und also abstandslos in sie versunken, diese als komplexe „Welt“ erleben, aber nicht erfahren; meint: nicht intellektuell erfassen und geistig erkennen, vielmehr, „wohlstandsreligiös“ von dieser umgarnt, sie, hedonistisch außengelenkt, an sich tief innerlich vorbei gleiten lassen (müssen), gewissermaßen durch „All-Verbrauch“ vollständig von ihr gekapert/in Beschlag genommen; so denn als Sozialmonade - in dem speziellen Sinn von Selbstvergessen- und Selbstverlorenheit - einsam; einsam sich selbst verbrauchend in Erlebniskonsum - was freilich auch als seelische Schutzmaßnahme dienen mag: als konsumtiv fundierter Immunisierungsdruck gegen die Gefahr, sich selbst als „zerronnene“ Person erfahren zu müssen. Weiter: Die an sich - gesellschafts- und zeitgeistbedingt - auf sich selbst zurückgeworfenen (Sozial-)Monaden - ihre Beziehungen und Kontakte sind dauerbrüchig, da es solche sind zu anderen (pseudo-)rationalen, da marktabgerichteten, Egoisten, die sich gegenseitig ausbeuten oder auch missbrauchen, um das eigene, heute in der Regel narzisstische, Ich-Selbst zu erhöhen, zu glorifizieren, zu stabilisieren, zu stärken usw. usw. - handeln, agieren, inszenieren sich (müssen das geradezu zwanghaft) als auto-konsumtiv-einsame Gesellschaftsatome - und das ist wohl auch ein (verdeckter/verdrängter) Grund für die zunehmende(n) allgrassierenden zeitgeisttypischen Wirklichkeitsverluste.
Dann
(7) Einsamkeit als radikale Verlassenheit/andeutende Spekulationen:
(a) Man kann sich, geht es um das „nackte Selbstsein“, nicht mitteilen; auch deshalb nicht, weil man - man ahnt es - über dieses notwendig nur als wertperspektivisch ausgelegtes, folglich auch: fließendes, unfestes, wandelbares verfügt; soll auch heißen: Es hängt von der Sprachmächtigkeit ab, inwieweit man geistigen Zugang zu sich selbst finden kann
(b) Man hat sich selbst nur als sprachliches Konstrukt (im besten Fall als Annäherung an sich selbst in einem Gedicht, das man schrieb; auch deshalb schreibt man ja Gedichte: Um sich sich selbst zu „entbergen“)
(c) Man kann andere nicht verstehen (jedenfalls nicht im Kern: soll heißen wesensfundamental existenztief; eben weil es diesen Kern gar nicht gibt)
(d) Kurzum - entsprechende Sensibilität vorausgesetzt - man begreift, dass man sich sich selbst und (folglich auch) einander eher - oder gar substantiell - fremd ist und bleiben wird: Man wird diese Fremdheit zwischen sich und dem anderen auch niemals überwinden können; schon weil es kein sich durchhaltendes Ich-Selbst gibt (nicht geben kann)
(e) Man spürt deutlich, dass beide nicht nur - abstrakt gesprochen - Informationen
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austauschen, sondern, sich, sich scheinbar nur mitteilend, zugleich auch voreinander verbergen wollen (müssen!?) ...
Um es kurz zu machen: Der Mensch heutzutage ist zum einen das, was er ist (sein muss; genetisch geprägte Einmaligkeit): empirisches Selbst und zugleich Konsument, Marktteilnehmer, Rollensträger, Selbstdarsteller, Reklame-, Starsystem- und Zeitgeist-Träger, kurzum: Existenzschauspieler, der sich anderen gegenüber inszeniert, um ihre Aufmerksamkeit, vielleicht gar Zuneigung etc. zu erregen. Der heutige Mensch ist auch Existenz-Mime, der mit anderen Existenz-Mimen konkurriert
(f) Der Mensch - da ihm ein freier Wille nicht gegeben ist - trägt keine Schuld an sich; aber darauf kann - aus gesellschaftlich-pragmatischen Gründen - staatlicher- und rechtlicherseits keine Rücksicht genommen werden (außer im Falle psychischer Selbstverknechtungszwänge); dies zu fordern, käme einem intellektuellen Frevel gleich: der Lizenzierung von Anarchie und Anomie (worunter ich auch „Innenweltzerfälle“/Seelische Verkümmerungen und Zusammenbrüche verstehe. Wörtlich: Gesetzlosigkeit.
-------------------------Ende der Anm. **
Anmerkung: Klar zu stellen gilt es freilich dies: Dass ich mit diesen Bemerkungen mitnichten meine Artgenossen zu kritisieren, zu beleidigen oder gar herabzuwürdigen beabsichtige; im Gegenteil: Ich wende sie, diese Bemerkungen - inzwischen gewohnheitsmäßig - primär auf mein eigenes Tun und Lassen an: Mir ist ein Übermaß Wohlstand gleichgültig; soll heißen: Ich verachte diesen Wohlstand nicht, neide ihn niemandem, wäre zumal völlig unfähig, ihn mir zu verschaffen (letztlich doch zwanghaft künstlerisch, geistig, intellektuell und metaphysisch ausgerichtet, kaum empirisch - was nicht heißt, dass mir lebenslang meine Subsistenz-(=Lebensunterhalts-) Sicherung aus eigener Kraft nicht sehr wichtig gewesen wäre: sie zu meistern war mir immer ein zentrales Anliegen (denn: Ich kann mir, sittlich betrachtet, eine Kritik meiner Gesellschaft nur dann erlauben, wenn ich n i c h t von ihr leben muss, also selbst, durch Arbeit, für meinen Lebensunterhalt sorge), unfähig zumal, in ihm eine Quelle von Lebenssinn zu finden: Meine - von mir nicht gewählten, sondern mir zufällig (wohl genetisch) „zu gewürfelten“ Quellen von Lebenssinn sind rein geistiger Natur:
(1) Gedichte schreiben = geistig-affektvirtuos reproduzierte „Entbergungen“ nur unterschwellig greifbarer Kommando-Chaotik
(2) möglichst wertfreies Erkennen (falls das nicht eine Illusion ist, denn man kann nicht nicht werten)
(a) meiner selbst
(b) meines physikalisch-chemisch-biologischen Status als materieller: tierischer Daseins-Einheit
(c) meiner selbst als geschichtlich-gesellschaftliches Wesen
(d) meiner selbst als dauer-verhilfloste System-Monade (Markt-Einheit als abstrakter Kunde: Umsatzpotential), die, unweigerlich auch affekt- und vorurteilsgetriebene Werte- und Perspektiven-Monade in einer hochproblematischen (von niemandem als diese gewollten) Welt der zunehmenden Selbstgefährdung der Art „homo sapiens“ (z. B. was die Bevölkerungszahlen, die ökologischen, kulturellen, irrational machtzentrisch politischen und religiös-fundamentalistischen Unwägbarkeiten usw. usw. anbelangt) sich - auch - zufälligen Prozessen ausgeliefert weiß, die sie nicht ansatzweise beeinflussen und abwehren kann.
Um es kurz zu machen: Was immer mir die Kraft gegeben haben mag, es mir einzugestehen, ich weiß es (und gelte es auch nur für mich allein): Es gibt überhaupt keinen Lebenssinn, man mag ihn suchen, worin auch immer: In Wohlstand, in Erfolg, Macht, geistiger Exzellenz, oder - wie viele Menschen - in der Liebe. Der Dichter Gottfried Benn meinte, diese, die Liebe, sei ein Surrogat für Unproduktive - was ich für falsch halte; die Liebe - jedenfalls in einer Welt
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des Narzissmus und der subjektiven - auch kulturellen - Verlassenheit psychisch verwirrter und Alles und Jedes aggressiv diskutierender, zumal wirtschaftlich autonomer (also in dieser Hinsicht nicht aufeinander angewiesener) Sozialmonaden, wird (zumal als starsystematisch vermittelte, subjektiv sich anverwandelte Schimäre: die individuelle Liebe als Abklatsch einer Zeitgeist-Mythe) - immer „unattraktiver, unergiebiger, beschwerlicher usw.“, weil sie ohne Verzichts- und Verantwortungsbereitschaft, ohne dezidierten Realitätssinn und sich nicht immer weiter verflüchtigender psychischer Kräfte nicht mehr aufrecht zu erhalten ist - einmal abgesehen von der Ich-, Hab-, Macht- und Genuss-Sucht und der durchgängigen Amoral des Menschen. Ich möchte es - ein wenig sybillinisch - so formulieren: Wenn man weiß, was und wer man ist und sein kann (oder nicht sein kann) oder zu sein scheint, weiß, dass man sich nur selten selbst überhaupt gegeben ist (im Kern, falls einer vorhanden ist als „Ich“ - was nicht der Fall ist) überhaupt nicht, da als individuelles Ich-Selbst nur mittels Sprache - und die ist ein kollektives Kulturgut - sich fassbar, da als Mehrfach- und Sprach-Konstrukt-Wesen (Kreatur- und Kultur-, Traum- und Rausch - nach Nietzsche, unfest-dauerformbares, überhaupt substantiell irrationales, verführbares und zeitgeisthörig geprägtes Wesen usw.), dann gibt es nur noch eine einzige Form der Würde (sie ist eine Eigenschaft der Person; s. o.): Sich - wenn irgend möglich - nicht geistig korrumpieren und vereinnahmen zu lassen von der heutzutage notwendig sich einstellenden Allverfügtheit seiner an das gesellschaftlich-wirtschaftliche System letztlich wohllebenstrunkener Entlastungs-Verlassenheit.
---------------------------Ende der Anmerkung
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