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Diese Seite enthält 65 Gedichte (Prosa-, Reim-Gedichte und Sonette)
Der Intellektuelle (1101)1
Im Grunde ist er ein Prophet,
der wertbewegte Intellektuelle,
der ichverliebt sich um sich selber dreht
im Sog von Eitelkeit und deren Hybris-Quelle.
Er schreibt ein faszinierendes Pamphlet
als Ausdruck einer Sehnsuchtswelle,
die münden werde in ein Schlussgebet,
von All-Erlösung und Vollendung angeweht.
Und er ist letztlich völlig faktenblind,
verachtet heimlich auch die Massen,
die ihm egal, nur Mittel sind,
um durchzusetzen seine blassen
Begriffs-Konstrukte einer Seelenqual:
Fiktionen eines Utopisten,
die sich real erweisen dann als asozial,
was ihn nicht hindert, pannarzisstisch sich brüsten.
Trance als Scheinabstand (1102)2
Entlastungsdelirieren oft,
dem Druck der Fakten zu entrinnen.
Das ist es, was man sich erhofft:
befreit zu sein und wie von Sinnen
dann diesem Dasein etwas abzutrotzen
an Inhalt, der auch träumen macht,
um dann vor Glück und Zuversicht zu strotzen,
erlebnismonoman in Trance verbracht.
Wer suchte nicht nach solchem Schein-Abstand
zu dieser Psychen- und Gewissens-Gicht
verpfuschten Daseins zweiter Hand,
das nur als Lebenslüge hat Gewicht.
Für M. H. (1103)3
Wünsche alles Liebe dir,
wünsch dir alles Gute;
kurz: Das Allerbeste dir:
Dass dich Glück,
ja: Freude flute.
Hast’s erlost
in meinen Augen;
mag’s denn also
so geschehen:
Dass dir‘s noch
im Alter tost
als ein Quell
von Wohlergehen,
ohne je
dich auszusaugen.
Vergebliche Suche (1104)4
Wir suchen alle doch
nach Halt und Sinn;
obwohl wir ahnen,
die sind fort:
Gewichen einem
Wohlstands-Joch,
verhindernd jeden
Glücksgewinn,
zu finden irgend
feste Bahnen
zu einem festen
Dasein-Hort.
Existenzielles Ansich (1105)5
Ich kann das, kann die Dinge sehen
wie sie an sich sind …
Ohne Wert-Schimären:
Determiniertes Grundgeschehen,
Materie- und Zufalls-Schwären,
die sämtlich werdend schon vergehen,
bedeutungs-, zweck- und tugendblind.
Erzwungener Zusammenhalt (1106)6
Seit Stunden im Büro - Verdösen.
Nur Verse als Realkontakt.
Ich kann mich nicht mehr davon lösen.
Es ist ein monomaner Akt.
Nicht dass das Selbst mir da zerflösse.
Ich bin im Gegenteil nah bei den Kernen,
den meinen, die ich im Gedicht vermesse,
zu Quellen mache und Zisternen.
Ich konstruiere erst in mir
die Splitter vieler Wirklichkeiten
aus jener intersubjektiven Gier,
um mich als Teil von ihr dann zu beeiden.
Realitätssinn IV (1107)7/Vergleiche: (6/371), (15/868), (15/869), (31/1849), (31/1863 bis 1866)
Stets hab ich mich auf ihn verlassen.
Obwohl er oft bedrückt.
Indem er etwa die gewohnten Gassen
als Traumsog zeigt, der nie beglückt.
Mir ist er Zwang als Resultat
aus einer leereprallen frühen Zeit.
Mal Grundeinsicht, mal psychisches Diktat
durch still erlittnes Leid.
Obwohl er ängstigt, illusionslos macht,
ich werde immer auf ihn zählen.
Ihm immer folgen mit Bedacht,
auch wenn’s mich sollte noch so quälen.
Kann er allein mich doch nur schützen
vor dieser Welt, mir selbst
und diesen Grundfiktionen,
auf die die meisten sich doch stützen:
Dass sich dies Dasein würde lohnen.
Obwohl das oftmals gar nicht stimmt.
Weil Selbstsucht, Macht und Amoral es leiten;
man selbst ja diesen glimmt.
So heimlich weiß um seine Pleiten,
weiß, dass es einem dennoch dies diktiert:
es auch als Selbstverfehlungsschande nicht zu meiden,
ist es doch das, wonach man giert.
Aus der Selbstdistanz heraus gesehen (1108)8
Wie hilflos bin ich doch geworden
in dieser Welt, die, news-abstrakt global,
mich vor sich hertreibt und mich übernational
zum Konsumenten macht von allen Elendssorten.
Von Klimakatastrophen, Krieg und Hungersnöten,
Ressourcenraubbau, Zockereien,
von Ausbeutung, gar Species-Abendröten …
Von Gruppen, die bereits gefährdet seien.
*
Dabei ist klar mir, was ich bin:
Ein alter Mann in seinen letzten Jahren:
Ein Körperwrack mit Doppelkinn,
das, stürbe es, doch hälfe sparen.
Ein Niemand, stündlich heimgesucht
von Einsamkeit und auch von Geistverwehen,
der manchmal diese Welt verflucht.
Obwohl er weiß, dass sie exakt so muss geschehen:
Als Gier und Geilheit, Pathos und Verfallen,
als Wertfassade, Machtsucht, Barbarei.
Sich an das eigne Ich zu krallen,
Vergeblichkeit Gedeih.
Was gestern dem und heute widerfuhr
und ihm als stets dasselbe widerfahren würde,
das ist die Fron der Selbst-Blessur
als hetzend leere Leibdrangbürde.
*
Indes darf ich mich nicht beklagen:
Genetisch und historisch reich versehen
mit Zufallsgut; von Sorgen frei und Plagen.
Mich mir, nicht Reiz und Zwangslust einzudrehen.
Gar weit auch über mich hinaus zu treiben
in eher seltne Geistesräume.
In diesen selbst mich los, um aufzuschreiben,
was unser Dasein kernhaft säume:
Materie, Verblendung, Intellekt und Gossen,
Determiniertheit und des Schicksals Schmieren.
Um hilflos in sich selbst verschlossen,
ein Leben lang sich zu verlieren
in Protzerei, Narzissmus, Posen und Allüren,
Prestige-Entschämung, Schein und Selbstbetrug.
Verfügt, sich zu sich selber zu verführen,
ein Zwangsversagen, Zug um Zug.
*
Indes die Zukunft Geist-Gut nicht mehr bieten kann:
Totalitäre Hege - geht es halbwegs gut.
Ein Technik- als Bewusstseins-Bann:
Gefängnis digitaler Hut.
*
Doch überhaupt: Wer sagt, dass es uns geben müsse?
Uns selbst doch mit die größte Last:
Verwiesen auf Gewalt-Genüsse,
Symbolverschwanken stets verprasst.
Den Eltern (1915/16 – 1990/1974)/In lieber Erinnerung (1109)9 Zu vergleichen mit Gedicht (64/3367)
Nur unbedarfte kleine Leute.
So würde ich sie nennen.
Ihr Leben lang sich selbst zur Beute,
dem Krieg und dann dem Aufstiegsrennen.
Sozial Belastete von vornherein.
Vom Stand her bäuerliche Unterschicht,
gedrückt von Alltagskargheit, einem Sein
in schäbig trübem Licht.
Versprachen beide sich noch vor dem Schlachten.
Aus dem erst ʼ49 heim er kehrte.
Als Wrack von fünfzig Kilo Frachten:
Verzweiflungsstillen, die er fortan mehrte.
Sie waren beide nicht gewachsen diesem Sog
von Herkunftsstumpfsinn und Geschichte:
Gewalt, Schimäre, Daseinstrog.
Ich denke oft an diese beiden Schatten,
geworfne, schwer geduckte, hilflos Ausgesetzte.
Die nichts von ihrem Leben hatten,
das sie in Scham und Scheitern hetzte.
Banale Farce von Macht und Nichtigkeiten,
notwendig schlängelnd sich naiv durch Leeren
als dauerndes Verblendungs-Gleiten:
Barbarisches sich selbst Versehren.
SMS/Tatsachen und Vermutung (1110)10/ZUfällig aus einer Papierhalde gezogen
Gewiss lebe ich - mir ihrer so drastisch doch bewusst -
etwas intensiver als die meisten meiner Artgenossen
die unsägliche Leere und Intensitätslosigkeit
unserer neppdurchfurchten Sekundärwelt aus,
ihrem rücksichtslosen Druck, um meiner selbst willen,
so oft es möglich ist, erbitterten Widerstand leistend …
Klugerweise aus den Perspektiven Gottes heraus,
der, obwohl nicht-existent, jenen als einzige Instanz
Grenze, Erträglichkeit, Bedeutung und Sinn
verleihen könnte … Wären sie nicht substantiell
darauf angelegt, sich irgendwann notwendig -
sie sind Neuronen-Werke rationaler Überspezialisierung -
menschentypisch selbst zu vernichten.
Innerlich bodenlos (1111)11
Mein ganzes Leben: Stets auch Selbstbetrug.
Beruflich, weltanschaulich und privat.
Vielleicht ist das ein allgemeiner Zug,
dem Zeitgeist adäquat.
Dass man sein Dasein mehr verschludert,
als dass man, Halten es verankert, führte:
Nicht so monadisch und verludert
nur noch Erlebnisgossendruck tangierte.
Doch damit wäre freilich nichts gewonnen:
Statt Märkten lenkten Soll-Vorschriften,
diffus aus Glaubensillusionen ausgeronnen,
die auch nur Halluzinationen stiften.
Los (1112)12
Gelenktes Dasein zweiter Hand,
gedungenes Erlebnishorten.
Die Warenfülle als Gelobtes Land
und Traumgelände allerorten.
Politgeschwätz und Kaufmagie,
Vergnügen als der höchste Zweck,
Verwahrlosung und Lethargie,
und fürs Bewusstsein Phrasenspeck.
Doch dass daran die Schuld wer trüge,
bezweifle ich aus gutem Grund.
Kapitalismus ist auch Große Lüge,
da faktisch arroganter Schund.
Auf dass nur der die Existenz uns schöne,
uns ihr Vergeblich vorenthalte.
Auf dass sich jeder mit sich selbst versöhne:
Sozial verträglich sich entfalte.
Deklassierte Dorfschatten: Kindheit
Zufällig wieder aufgefundenes Gedicht (1113)13
Ach diese früh vertrauten Gassenschemen …
Zuweilen schießen ihre Bilder hoch.
Warum grad mir, das weiß ich wohl.
Im Dorf schon längst Vergessene.
Bizarre Außenseiter, Säufer, Ausschuss eben,
die ich erinnre dann, so wie sie waren.
Ich seh sie laufen, schwanken, fallen,
meist sturzbetrunken vor sich hin was lallend:
In Selbstgesprächen mit was immer hadernd,
zusammenhang- und hoffnungslos
in tränenloser Trauer wühlend.
Wohl auch, weil sie so oft erdulden mussten
ergötzungsfeine Niedertracht,
verachtungsprall und hämearrogant,
sie zu erinnern daran,
dass sie nichtig seien, Verlorne, nicht dazugehörig.
Nicht jetzt und auch nicht irgendwann.
Gedenke ihrer,
weil wir nah uns standen.
Obwohl sich kaum je unsre Blicke trafen,
es gar nicht konnten,
weil wir schamerfüllt nicht wagten,
vom Boden sie uns zu erheben.
Wozu? (1114)14
Hab nie groß was
aus mir gemacht.
Der Artgenossen Antrieb
nicht bedürftig.
Ich wollte lieber
im Verborgnen bleiben,
wo, glaube ich,
man besser lebt:
Nicht so gehetzt
von all dem Menschentum,
das sich da selbstschal
ausgebreitet hat:
Das Meinen prägt,
Moral diktiert,
sich Macht anmaßt,
sich inszeniert gar
als des Daseins Krone.
Das Szepter schwingt
der Unbedarften.
Was sollte ich
nach Ehre hecheln
in dieser ehrlos
und gewissenlosen,
in dieser Zeit
der Faden und der
geistig Armen,
der Glücksentwerter
und der Zukunftskrüppel?
ZINSJ (82) (1115)15
Was wem auch immer
Sinn und Zweck
und Ziel sein mag …
Mir ist es
lediglich Fiktion:
Betrug
als Stabilisations-Ertrag
seit Planck-Zeit*-Bruch
zur Teilchen-Fron.
*10 hoch -43 Sekunden
Ich I (1116)16
Eine Träne von ganz unten,
sich zu weinen außerstande,
asozial und gramgebunden,
ohne Halte, ohne Bande,
drückte Scham mich in die Kerne,
einsamkeits- und leere-süchtig,
bis in seelenlose Ferne,
faktisch selbst mir daseinsnichtig.
Stumm, gefühllos und auch ohne
Mitleid, Güte und Vertrauen.
Monas* menschenfreier Zone,
muss ich auf Distanzzwang bauen,
auf Verfall und Niedergänge,
Nihilismus, Abwehr und
auf der Sprache Alpausgänge.
Nie indes gewissenswund.
*Monas = Einheit
SMS//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (1117)17
Monoman halte ich fest
an meinen Grunderfahrungen
von Du und Wir:
Hilflosigkeit und Selbstinszenierung,
Desorientierung, Dekadenz
und Wohllebenshörigkeit.
Radikal unschuldig:
Systemverfallen systemgetrieben.
Besinnungslos nach Pseudo-Glück
haschende Entfesselungs-Naive.
Demutsscharen nennt sie mein krankhaft
Realität durchforstender
Randexistenz-Stumpfsinn,
eigensinnig sie
seit frühester Jugend
um Schauspielerei und Pleonexie
immer sprachgewandter,
immer sophistischer,
immer boshafter und
verachtungsschierer
geistsouverän bereinigend.
Freilich keinen Deut humaner,
verzeihungsfähiger und
gewissensreicher: besser als sie.
Mindestnachsicht (1118)18
Ich kenne meine Pappenheimer.
Doch sie sich selber nicht:
Sehr selbstbewusste Edelschleimer
mit vielerlei Gesicht.
Doch das sei ihnen gleich verziehen.
Das ist bei allen so.
Verfügt, sich um sich selbst zu mühen:
Das macht verlogen roh.
Ist also niemand anzukreiden.
Es ist ja nicht gewollt.
Ist Daseinslast als wesentliches Leiden.
Weil eben stoffgesollt.
Verbrauchereinheiten (1119)19
Der aggressive Hedonismus
immer drastischer genussunfähigerer,
gossentotalitär verdinglichter
Verbrauchereinheiten
zeigt die nunmehr
ganz an den Tag getretene Perversion
der kapitalistischen Gesellschaft:
Sie ist an ihrem Ende angekommen.
Irreversibel zum Untergang verurteilt:
entwirklichungskomplex.
Und das ist kein Gerede.
Nein. Ganz im Gegenteil.
Sind jene doch
sich nur noch selber feil:
Verwertungsdruckverlangen
nach tief entseelter Stete.
Konsumtempelvisionen (1120)20
Standardsubjektivismus:
Den alllockenden Kommandos
einer strotzenden Warenfülle
stupide ergriffen und
selbstfluchtlüstern hingegeben.
Wesensidentisch die Individuen.
Ich-Drastiker. Entlastungsdurstige.
Technologisch, ökonomisch
und mammonbrünstig umstellt,
sich die kindlich flachsinnigen
Innenwelten anreichernd.
Als schwölle diese konsumistische
Dauereinförmigkeit sekundär
in diesen dann noch einmal auf,
sie gleichsam zu erlösen,
diese stumm und tief beglückten
Artefakten-Schatten:
Auch starsystematisch befangene
Kunstmannasammler,
leerblickorientierungslos
sich selbst erlebend in ihrem
eudämonistischen Eskapismus:
Endzeitverfügungsmasse.
Wie ich.
SMS//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen: Unausweichlich (1121)21
Wir werden
immer foltern,
immer töten.
Das scheint mir
unausweichlich.
Aus Hass, aus Lust,
aus Angst, aus Gier …
Aus Machtsucht auch
und Selbstwert-Nöten …
Befehl des
absoluten Ich.
SMS//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (1122)22
Unserer aller Würde,
sagt das Recht, sei unantastbar.
Sagt es,
obwohl eine rechtliche Konzeption
der Würde nichts weiter ist
als - so englische Juristen -
Verfassungs-Lyrik: In der Tat.
Indes der kapitalistische Alltag
uns notwendig
an der Würde hindert,
der genügen zu können
uns zu Halbgöttern machte:
Autonom ihr Dasein
bestimmende Pflicht-Asketen:
Selbstdistanz-Virtuosen ,
Von Hybris, Verblendung
und Narzissmus freie Wesen.
Indes trägt jener Alltag
doch nur den Fakten
unserer tierischen Existenz
Rechnung:
Denn von der Würde -
ich meine hier die kantische,
nicht die ständische,
nicht die soziale -
kann man nicht leben;
niemand kann das.
Nur von ihrer Nichtbeachtung:
Wir sind nun einmal Sinnenwesen,
müssen als solche
unsren Hunger stillen,
unsre Ichsucht dämpfen
und unsre Triebe befriedigen …
dies bisschen Dasein
uns erträglich zu gestalten.
Resignation (1123)23
Ich habe,
wenn es darauf ankam,
immer versucht,
möglichst redlich zu sein,
die Dinge,
Umstände,
Verhältnisse und
Mitmenschen
realitätsgerecht zu
beurteilen.
Obwohl,
was ich sah,
oft niederschmetternd,
beschämend,
perfide und
ekelerregend war.
Aber so sind wir wohl
- und ich bin
keine Ausnahme -:
So ausweglos
fremd bestimmt,
unfrei und hilflos
verängstigt
ins Ungefähre
und Vergebliche
agierend.
Und treibt uns gar
der Hass,
radikal vorurteilsbehaftet,
grausam und
zuweilen rauschhaft
vernichtungssüchtig.
Niedriggesinnte Rachephantasie/Sonett (1124)24
Ich werde jedenfalls mich nicht umbringen.
Gib diesbezüglich alle Hoffnung auf.
Auch strebe ich danach, dass mir gelingen
einst werde dieser Plan - Mit dem Verlauf:
Dass ich mich könne durch die Blicke ringen
der Menge, die es treibt zum Friedhof rauf,
um dir zu Ehren Lieder dort zu singen
an deinem Grab. Betrauernd dich zuhauf.
Bis dahin, wünsche ich dir, sollst du leiden
Woran auch immer. An dir selbst am besten.
So etwa Einsichtsschmerz, der nicht zu meiden,
nicht aufzulösen ist und sich muss mästen
an Selbstwertminderung und Niedrigkeiten,
heimsuchend dich in deinen Seins-Grundfesten.
SMS//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (1125)25
Der späte Kapitalismus,
Sieger-, Narzissten-Tummel-Hege
und Investoren-Paradies,
lässt noch einmal
allen seinen Schein aufleuchten:
Und mit am meisten
in den Neo-Cortex-Schichten.
Dort wo des Scheiterns
Endgelingen
einst seinen Ausgang nahm
vor Jahrmillionen.
Blind steuernde Trivialwelt
Engselbst (I) (1126)26
1
Man handelt unfrei doch ins Folgenlose.
Und weiß das auch besonders dann,
wenn man, dem Geist verpflichtet statt der Pose,
sich ihm verweigern muss, dem Großen Man.
Erlebnishorten, Surrogatgefühlen.
dem kommandierenden Gerede
der Hochkorrupten und der Infantilen,
sich selbst versteckend in des Wohlstands Lethe:
Der Despotie des Mittelmaßes,
die alles tilgt, was sich ihr widersetzt,
damit der Zwang des Kollektivlachgases
Neuronen in Verzückung hetzt,
Personen deklassiert zu Marktstatisten
des anspruchslosesten Vollzugs
von Biederorgien, inszeniert am Strand, auf Pisten
narzisstisch eklatanten Selbstbetrugs.
2
Dem Geist verpflichtet? Was heißt Geist?
Realitätssinn, Einsicht in das Was:
Dass jeder Ismus auf Verbrechen weist,
kein Wollen frei ist. Sex und Fraß,
die Sucht nach Anerkennung, Überragen,
Besitz, Bedeutungsgier zu Täuschung zwingen,
zu Wertphantasmen, die entlastend tragen
durch dieses wesenlose Ringen
um ökonomische Adiaphora,
substanzlos doch im Überfluss,
der sie verkommen lässt zu Trallala
und dieses Trallala sodann zum Muss.
3
Auch das kann nur der Geist begreifen,
dass hier Notwendigkeit befiehlt:
Der Faktenräusche ungezieltes Schleifen,
das, schuldlos, Schuld sich nur als Halt vorspielt.
Erfahrungsarmut (II) (1127)27
Was hätte ich denn schon erfahren?
Nicht viel, zumal ich meistens sollte
mich schnell erleben in Gebaren,
Verbrauch und Körpern … Wie ich’s wollte.
Wie’s wollten Massen (die nicht minder),
belehrt, doch alles mitzunehmen.
So wie es tun verzogne Kinder -
Man brauche sich nicht mehr zu schämen.
So war’s Vollzug, Nepp und Erledigungen:
Die Wiederholung eines Immergleichen.
Als ob man, sich im Selbstkonsum gelungen,
nur so noch könne - ichgesättigt - reichen.
Bürgerarmseligkeit (III)/Sonett (1128)28
Ich bin kein Bürgerintellektueller:
Idealistisch und Kultur beflissen,
zu Menschlichkeit verpflichtet und Prämissen,
wie etwa die zu stützen, deren Teller
nicht einmal halb nur voll ist, die im Keller
sozialen Baus sich selbst als wertlos wissen,
sei’s selbst aufgaben, weil sie sich vermissen
in dieser Flachwelt der Gefühlsaufheller.
Das Bürgerraunen ist mir zu verlogen,
zumal politisch ratioprimitiv.
Aus Phrasen- und Banal-Moral gesogen,
ist’s pseudoradikales Korrektiv
narzisstisch aufgeladner Wohlstandsdrogen -
Als Zeitgeistmohn verdeckter Schundfreibrief.
Ohnmächtig (IV) (1129)29
Ganz Produkt und doch auch Ich
(Körper, Selbstobjekt, Sozialmonade),
bin ich so unweigerlich
(bin es bis zum höchsten Grade)
Dialog und Einsamkeit,
Wir als Heteronomie,
stets mir selber das Geleit
(nicht als Inhalt, nur als Wie),
Zeit und Wertstrang, Abstraktion
(nichts, was höbe, nichts, was trüge),
Büttel von Bedürfnisfron,
Sinnsucht, Leibknecht, Traumgefüge.
Völlig unfrei, ein Vollzug
hochkomplexer Zufallszwänge,
virtuoser Selbstbetrug,
dass ich mir durch mich gelänge.
Keinem, der auf Einsicht setzt
(setzen muss, da greift kein Wollen),
bleibt verborgen Jetzt um Jetzt,
dass ihn Wirren überrollen,
die in keiner Absicht lagen
(keiner guten, keiner bösen),
dann befehlend weitertragen
durch dies Chaos ohne Wesen.
SMS//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (1130)30
Kindheitsfetzen:
Mandarinenschalen.
Novemberkälte.
Suff-Sofa.
Kaltmondbeschweigen.
Damals schon
waren die Glücke
unwiderruflich
verkrüppelt.
Damals schon
signalisierte
die Ladefläche
des VW-Pritschenwagens
streunende Leere.
Damals schon
sangen die Brüche
entbitterte
Einsamkeit an.
Fiktionen-Demiurg (1131)31
Mir
fällt immer
was ein;
ich trage
Welten
in mir;
selbst für
nur mögliches
Sein,
hab ich
feinstes Gespür.
Gesäugt (1132)32
Man könnte schließen,
ich sei Feind
dieser taktlos hohlen Sause
(dieser ochlophilen* Flause),
Intellekt mich auszugießen.
Lieg ihr aber meist zu Füßen.
Denn sie hat mich mir geeint,
hat mich psychisch angeleint
Marktdiktaten, Ramsch und Drüsen;
hat mich trickreich ausgeweint …
Bin ich doch ihr Geist-Banause.
*ochlophil: Die Masse(n) liebend
Mögliche Schicksale der nach mir Gekommenen (1133)33
Von früh auf - unvermeidbar -
zu Kunden abgerichtete Wohlstands-Iche
zu einem apparativ überformten
Existieren bestimmt,
auf Medienreize angewiesen,
so mürrisch, seelenlos, gewissensarm;
und linkisch asozial,
narzisstisch aggressiv und altklugkalt.
Zumal als Opfer repressiver Toleranz.
Systemstresskinder ohne Phantasie,
der Spaß-Verknechtung Ziel-Monaden
Verfügungsmasse einer Marktknechtschaft,
die weder Glücke kennt noch Selbstgedeihen,
die ohne Güte, ohne Mitleid ist:
Erlebnisknutenproduktion,
der zu entrinnen keine Stunde wird.
Es sei denn fad gedoppelt
in der Droge Trost.
Entgegen dem Zeitgeist (1134)34
Ich lebe für mich.
Ich weiß,
was er anweist:
Vervielfachtes Ich,
das sich
selbstfremd zerreißt.
Wahrscheinliche Zukunft (1135)35
Die Dinge muss man kalt betrachten.
Sie illusionslos sehen.
Auf ihre Selbstverlust-Entfesslung achten.
Um diesen Weg zu gehen:
Nach innen. Ganz allein und still.
Zu Sätzen, Einsichtszwängen nachgesprochen.
Nicht ichbesessnem Hedonismus-Drill.
Narzisstisch dumpf gebrochen.
Gehalte wird es nicht mehr geben.
Nur Traumschutt zweiter Hand:
Nicht Sinn. Nicht Los. Nur digitales Weben
von Hörigkeiten. In den Kern gebrannt.
Ich II (1136)36
Mag sein,
es ist Phantasterei;
ein Tücken-Spiel
von Dämonie.
Ich: ein Demiurg
des Einerlei
und asoziale Agonie.
Wenn doch (1137)37
Wenn doch
nur einmal
diese Fremdheit
wiche!
Doch wenn,
was nähme ich
statt ihrer
wahr?
Wahrscheinlich nur,
dass seit Afar*
die ganze Gattung
sieche.
*Afar-Region (in Äthopien); dort fand Donald Johansen 1974(?) das Skelett von „Lucy“, einer Frau: Australopithecus afarensis (2,9 Millionen Jahre alt). Lucy deswegen, weil man damals den Beatles-Song „Lucy in the Sky with Diamonds im Camp spielte.
Rational-primitives Enthemmungstrudeln (1138)38
Die außenprovozierten Innenwelten:
Erlösungstechnologisch rational.
Was kann mir da denn noch als Dasein gelten:
Verzweckungsheimat, geistdimensional?
Ein Fallen, Trudeln durch Abstrakt-Gefüge,
monadisches sich selbst Aufzehren.
Und ich mir selber eine Lebenslüge
aus objektiv mir aufgezwungnen Leeren:
Verschwunden sind Zusammenhänge,
die nicht zerfielen in Erlebnisdrogen:
Idiotisierendes Prestigegemenge,
orgiastisch noch verlogen.
SMS//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (1139)39
Mein Leben hab ich
immer reflektiert.
Tu’s nunmehr schon
in einer dritten Welt:
Nach der des Dorfes,
der der Wohlstands-Klause,
nunmehr in einer
digitalglobalen.
Und nur die erste
hat mich tief berührt;
die zweite lehrte Hohn
auf alle Halte,
alles Streben ….
war Sich-Entfesseln: Sause;
war Unterleibs-,
Erlebnis-Mohn:
Die dritte nunmehr
ist mir völlig fremd,
zumal sie mir nur
bietet Schalen:
Als Kerne
Blasen ihres Technik-Schorfes,
in dem sich jeder Sinn verliert …
Was mich lässt denken
an ein Totenhemd,
zu meiden ihrer Zukunftsqualen.
All diese Abende (1140)40
All diese Abende, so ganz allein für mich,
verramscht an indolente Wortkolonnen.
Weit jenseits dieses infantilen Ich:
Kapitalismus herrisch ausgeronnen,
Realitätsverweigerung und Phrasen-Strich.
Doch wissend um die Kindereien
von Sinn, Erfolg, Moral, Gelingen:
Behelfsintrigen, um sich einzureihen
Determinanten, die sie niederringen.
Und gegen was hab ich sie angeschrieben?
Die Tyrannei der Artefakten-Räusche.
Bewirkend, dass man nur noch marktgetrieben
sein Dasein sich als Los vormache.
Das umso besser sei, je mehr man scheuche
sich selbst durch alle Lüste und das flache
Getue um bedeutungslose Dinge.
Als Gleichungsbüttel dieser Kunstweltlache,
der nur als Kunde sich erwünscht gelinge.
Das werd ich leugnen bis zum letzten Zug,
dass diese Hybris von Effekt- und Formel-Schlinge,
der artprekäre Höhenflug
von Intellekt- und Ratio-Zwängen,
nicht müsse enden in der Nacht der Dinge,
nicht müsse Allmacht und Verblendung sprengen.
Weil alles knutend, wir uns selbst nie haben,
auf dass uns dieser Haltsprung je gelinge:
Zu Ich-Entmächtigungs-: Verzichts- als Geistesgaben.
Eingeständnis/Für … (1141)41
Dass ich mir was vormache,
auch was dich, mich,
was uns betrifft,
sollte ich dir eingestehen.
Ich tu’s, weil ich weiß,
dass wir ohne Illusionen
und Selbstbetrug
uns seelisch nicht
stabilisieren können …
Wenigstens für ein paar Stunden,
so wie wir beide,
während der Beschönigungslallen,
Rationalitätsverzicht
und Faktenausblendung
heilungsnaiv
durch uns hindurchwehen …
Als wären wir keine Täuscher,
Wirklichkeitsfingierer
und überhaupt Kinder
einer marktstumpfsinnig
kommandierenden,
Effekte delirierenden Endzeit.
Enigma*/Für … (1142)42
Ich habe dich
bestimmt verkannt.
Wenngleich
bewahrungshalber auch:
Dein Körper nämlich
ist mir Gottesland.
Dein Wesen indes
Rätselhauch.
*Enigma: Rätsel
SMS//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (1143)43
Die Schalheit
heutiger Glücke
macht sich immer
häufiger bemerkbar.
Zumal auch der Wink
einer Zeile
vom hellwachen
Restselbst her,
sie mühelos entlarvt
als existenzielle
Verrechnungs-
Fiktionen.
Rücktritte (1144)44
Rastlose Substanzlosigkeit der Selbst-Prekären.
Erbärmlich, ehr- und würdelos.
Politgekeife etwa,
von Machtsucht, Ehrgeiz, Eitelkeit
und Geltungsdrang zerfressen.
Hordenegalitär zuweilen
inszeniert als
familiendramatische Vertränungsorgie.
Indes auch,
weil Verstand fehlen,
Sensibilität, Selbstabstand und Ehre.
Sich nicht tugendasozial
selbst zu besudeln
als inkompetente Behelfsmegäre
oder geistig korrupter
Kreisklassen-Narziss,
orientierungslos taumelnd
ins wahrscheinlich letzte Jahrzehnt
egalitär-hedonistischer
Realitätsverweigerungen.
Lage (1145)45
Man kommandiert mir stündlich Werte,
Parolen, die nicht meine sind,
zwingt mich auf fremde Phrasen-Fährte:
Den Markt - Ich folge ekelblind.
Ich weiß, ich kann dem nicht entgehen
(mir fehlen Ansehn, Geld und Macht).
So muss ich leere Formeln krähen:
Gemeinheit paaren dieser Lachgas-Schlacht.
Der Markt vereinnahmt bis in Träume
als emotionsgetränkter Kult.
Sogar die unbewussten Räume
gehorchen dem globalen Tonmischpult.
Noch die sublimsten Innenwelten
sind technisch vorgeprägtes Trance-Konstrukt …
Man mag sich selber als was immer gelten.
Als Selbst ist man nur Endprodukt.
SMS//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (1146)46
Ramsch-Subjektivismen.
In der Frontallappenflüssigkeit
verdunsten die Begriffe,
emotionsfaschistoid gedunkelt
und sinnnackt ausgeliefert
dem aus Bildern und Leerformeln
auswuchernden Unernst.
Atomarer Schemen (1147)47
Selbst wenn ich wimmern sollte gegen Ende,
verbitte ich mir’s Heucheln von Bigotten.
Still will ich eingehn in ein Windgelände,
als Aschenhäufchen zu verrotten.
So stellt sich diese Sache mir doch dar.
Ich kann sie gar nicht anders denken.
Zerfallen muss ich: Doch geschichtet atomar.
Muss, Stoff, in Stoff mich wieder senken.
So hab ich nach Begleitung kein Verlangen.
Etwa ein Priesterwort
Zumal im Ich nicht mehr gefangen,
werde ich Nichts sein ohne Jetzt und Ort.
Durchblick (1148)48
Ich, ein Gewinner? Bin und war ich nicht.
Hab mich indes meist gut befunden.
Und nicht nur das. Ich gebe unumwunden
auch das noch zu … Ganz schlicht:
Für mich gab’s Augenblicke, völlig ungetrübt.
Gar solche nie gestörter Freuden.
Die ich indes verschwieg den andern Leuten.
Weil man den Daseinsgünstling nicht grad liebt.
Auf Gängig-Glück hab ich verzichtet.
Geht’s immer doch einher mit Schinderei:
Prestige- und Machtsucht, Geld … Manch andrer Eselei.
Für mich, der sich primär nie hat sozial geschichtet.
Und fragst du jetzt (das fragt man manchmal ja),
ob ich’s noch einmal täte.
Dann sag ich ja. Schon weil ich niemals krähte
nach Selbstwert, nicht Adiaphora.
Fernseh-(Schein-)Weisheit (1149)49
Materie, Trieb und Interessen
seien nicht alles,
meinte ein Intellektueller im Fernsehen.
Doch.
Sie sind alles angesichts des handlungsneutralen,
faktenentkoppelten (folgenlosen) Überbaus
prestigeträchtiger
oder politisch ausschlachtbarer Tugend-Priorisierung.
Die,
bedurft wie berechnet,
sich in jener
- der Materie, des Triebs, der Interessen -
Dienst stellt
als entlastende Apologie* faktischer
Hilflosigkeit und Desorientierung.
An nichts jedenfalls
geht man unfehlbarer zugrunde,
als an
- aus welchen Gründen auch immer -
fortgeschriebenen Groß-Illusionen:
Ethischen, politischen, rechtlichen, kulturellen …
Ob nun als Einzelner.
Ob als Gesellschaft.
*Apologie griech.: Verteidigung, Rechtfertigung
Schlichte Wahrheit (1150)50
Was erleichtert mehr,
als nach getaner Arbeit
und 4 km Autofahrt
endlich die Wohnungstür
hinter sich abzusperren,
um im selben Augenblick,
sozial- und selbst-flüchtig,
Schweigen und Einsamkeit
ekstasehungrig
in die Arme zu fallen?
Abwehr (1151)51
Kapitalismus? - Meint auch:
Ein abgefeimtes Diktat,
tauschmusisch erregt
und motorisch-kindisch …
brünftig enthemmt
(via Erregungs-moves),
permanent nach innen
schlagender Selbstprofanierung …
Reimen? Ja.
Als geistrationale:
Einsichtsgeläuterte
Entlarvungsmaßnahme
gegen die pseudolyrisch
sublimierten,
das Es entfesselnden,
reklamespezifischen
Beutezüge …
Diese allpräsenten
Erlösungsangebote
für verdinglichungslüsterne
Verwahrlosungs-
und Verelendungs-Entzückte.
Sehnsucht (1152)52
Ich folge einer Sehnsuchtsbahn,
die das Normale untergräbt.
Wie Lust, Erfolg; kurz, alles was profan
an Leib und Ich und Deutung klebt;
an Götzen, Propaganda, Waren …
den Kreaturenparadiesen,
wie man erlebnisdeklassiert
sie stechschrittlüstern zwanghaft lebt.
Will nicht nur mich
als Exemplar erfahren,
auf Selbstverzehr verwiesen …
Warum,
das bleibt mir rätselhaft.
Zumal worauf sich jene Sehnsucht richtet,
ist eine intellektuelle Kraft,
die nicht nur nach Effekt gewichtet,
nach Nutzen und nach Quantitäten,
Prestige, das keinen Selbstwert lichtet …
um sich in zeitgeisttrivialen
Stoßgebeten
Erlösungsramsch
qua Drüsenfanatismus
entwirklichungsverknechtet
auszumalen.
Andeutungen über den Zerfall der demokratischen Gesellschaften (1153)53
Verbissen irreale Schlägereien.
Wilde, geländelos-surreale Verfolgungsjagden.
Lockere Sprüche übermenschlichen Heldentums.
Coole Großmäuligkeit und hoch gezüchtete Muskelpakete.
Deerotisierte Superfrauen, steril, narzisstisch, pankompetent.
Hartgesottene Kerle ohne Todesfurcht.
Das Gute? Simpel und eindeutig.
Und einer steht immer für es ein.
Muss das. Im eigenen Gewissen schwimmend.
Er weiß um das Böse, seine Brutalität,
Dummheit und tiefe Ohnmacht.
Und immer ist es dieselbe Botschaft:
Amerika ist gottgewollter Hort von Glück,
Moral und Gerechtigkeit.
Indes doch faktisch eine Mammon-Oligarchie.
Im Inneren gefährdet. Uneins. Zerrissen. Nihilistisch.
Eher Ende als Umkehr. Doch wer weiß?
Es sollte erhebend sein, dieser Nation anzugehören.
In der man - man strenge sich nur an, bemühe sich -
die Hoffnung haben darf,
selbst einst zu denen zu gehören,
die es geschafft haben:
Reich, berühmt, beneidet, geachtet zu sein.
Frei von der Angst, arm und krank
dahinvegetieren zu müssen.
Indes ist dieser Traum längst ausgeträumt.
Ihr wisst das, Amerikaner. Werdet ihr’s bedenken?
Da wartet nämlich einer auf euer Versagen.
Machtgierig, skrupellos, weltmachtsüchtig. Klug.
Wirtschaftlich führend. Militärisch hoch gerüstet.
Und er setzt auf einen digitalen Totalitarismus.
Diesen: Parteidiktatur und Turbo-Kapitalismus.
Das scheint zu funktionieren. Ideologisch unterfüttert:
Glorreiche hochkulturelle Vergangenheit.
Große Nation. Konfuzius, Marx, Mao.
Und das chinesische Volk als das auserwählte.
Der Han-Chinese als Übermensch letztlich …
Die Führung verlangt jedenfalls unbedingte Überlegenheit:
Politische, militärische, wissenschaftliche, technologische,
kulturelle, sportliche.
Sie will die Vorherrschaft. Global.
Westlich Werte seien rundweg abzulehnen.
Die Diktatur - die chinesische Variante der wahren Demokratie -
dem Westen weit überlegen:
Sei effizienter, handlungsfähiger, reaktionsschneller.
Zumal dem Wesen des Menschen näher.
Wie infantil, naiv und tugendwirr dagegen Europa.
Das ständig auf Werte pocht, seine,
die längst überholt sind.
Zumal der entfaltete Kapitalismus sie mit Füßen tritt -
das muss.
Europa? Gibt es das überhaupt? Europa blieb eine Idee.
Es kann also nicht auf sich selbst zählen
(zumal von China doch substanziell abhängig).
Schon gar nicht auf die hypertroph
ehrgeizig-engselbstbewussten Deutschen:
Politisierende Kita-Ethiker*innen
(agape- und instinkttrunken eine globale Familie
anemotionalisierend).
Eigensinnige Realitätsverweigerer,
staats- und rechtsmasochistische Wohlstandsdebile.
Überhaupt ein radikal geistloses, ja: geistfeindliches Volk:
Spracharm amerikanisierter Popstussverdummungslust verschmachtend.
Ohne eigene Innerlichkeit jeder fremden zugetan an sich.
Beunruhigend kratophob, samtzüngig würdenichtig,
vernunftschäbig buckelnd, respektkorrupt untertänig.
Primär und seinseigentlich Urlaubs- und Erlebnis-Jäger.
Von Pleonexie gesteuerte Identitätssimple.
Geschwätziges Mittelmaß,
das sich permanent selbst beweihräuchert:
Multi-Kulti-Einfalt (graubuntgrau),
Weltfremdheit, Selbsthass und unbelehrbarer Eigensinn.
Ideologisch blind, eitel: Selbstbestandslosen-Träumereien.
In der Tiefe ihres Wesens wieder untergangs- und todessüchtig?
Jedenfalls monoman unterlassungsextremistisch.
Freizeitknechte, Existenz-Dilettanten,
ramschpagane Moralleisetreter.
Sozialklimaobszön meschugge
zeitgeisthörig heruntergekommen.
Links. Rechts. In der Mitte. Oben. Unten. Innen. Außen …
Überall pantrancelüstern.
Unfassbar (1154)54
Gedichte säen immer Halt und Sinn.
Entwürfen sie auch Selbstbetrug.
Was zählt ist,
dass ich schreibend bei mir bin,
mich selber formend mir gehöre.
Sei das naiv nun oder klug.
Ob ich dabei mein Wesen deute,
die Wirklichkeit als Wir,
Gesellschaft, Zeitgeist
und Globalkomplexe,
das weiß ich freilich letztlich
nicht zu sagen.
Mag sein, dass ich verrannt mich habe
an irgend subjektive Perspektiven:
Primitivismen eines Hirn-Spielballs,
der glaubt zu deuten eine Grundmisere:
Den Niedergang der Geistkultur
als Steuerung der Innenwelten,
als Sprachverfall und Ende der Person:
KI-totalitärer Anomie.
So steht es mit mir (1155)55
Es ist nicht viel, doch immerhin:
Das eine oder andre habe ich verstanden.
So etwa, dass ich völlig unbedeutend bin.
Ein Resultat zumal aus vielen Unbekannten.
Und doch ein Glückskind in so manchem Nu.
Wenn sich naiv die Phantasie erhebt,
mir vorzugaukeln, dass auf Du und Du
mit Gott und All ich stehe, Geist verwebt.
Und das allein reicht hin zu ignorieren,
dass ich mich ausgeliefert an Gewalten weiß,
die absichtslos mich drangsalieren,
verfallen neuronalem Gleis.
Widerstand/Trias A 1 (1156)56
Diesseitsfromm erlebnishörig:
Phrasen, Wohlstand, Bildern Knecht,
lebt man Ich und Ding willfährig
als soziales Leibgeflecht.
Einfall, Stimmung, Traum und Laune.
Standardwelten untertan:
Medialem Marktgeraune,
ist man Dopplung noch im Wahn.
Ich will’s anders - warum immer -,
mach mich nicht zur Normengröße:
Abklatsch feinster Trümmer
rationaler Großhirn-These.
Einsicht/Trias A 4 (1157)57
Zu vergleichen ist das Gedicht (68/3576)
Für mich kommt derlei nicht in Frage,
nur Kunde noch, Vollzugseinheit,
ein Ding zu sein in einem Rauschgelage,
geplagt von Sinnsucht, Gier und Neid.
Auch das kommt für mich nicht in Frage,
dass Kurve mich und Gleichung nur noch prägen
in dieser hochprekären Lage,
in der man wahllos, sich entgegen,
vollziehen muss Erniedrigungen.
Man merkt’s erst, wenn man in sich geht,
wie sehr man all dem ist verschlungen,
grad weil man nur noch um sich selbst sich dreht.
Unwiederbringlich I (Trias, A, 8) (1158)58
In Kindheitstagen waren sie noch Seelenfülle:
Melancholie und Schwermutswolken.
Verträumungs-Spuren einer Sommerstille.
Um dann der Winde Sog-Gebet zu folgen.
Wie arm ich doch geworden bin.
Jetzt. Drei Jahrzehnte später:
Ein Zyniker, entlarvend Halt und Sinn.
Blasierter Selbstverräter.
Und Einsichtsträger voller Seelen-Narben.
Der indes heimlich oft nach jenen schielt:
Verzauberungen früher Hoffnungs-Garben.
Vollendungssüchtig aufgewühlt.
Vereinnahmungsresistent/Trias A 22 (1159)59
Es ist so schwer, sich auszusagen,
sich selber im Gedicht zu formen.
Da sind die Zwänge und die Normen
die einen weg sich von sich selber jagen,
befangen machen bis in Träume.
Und selbst die Träume sind vermittelt,
Reklame, Medien, Zeitgeist ausgeschüttelt,
damit erwünscht man sich versäume.
Ich kann mich als Person nicht finden
in Waren, Bildern, Hits, Appellen,
die sofort Eigenheit und Selbstsein fällen,
um sie als Mittlertum sich einzubinden.
Geistesflug/Trias A 26 (1160)60
Jetzt, Faktenkosmos,
bleib du Drang und Zahl!
Jetzt form ich
Worte zum Gedicht.
Und dem genügst,
reichst du
das Wasser nicht …
So diesseitswund,
so effizienzbanal;
so voller Warenkehricht,
Kitsch und Schund.
Lyrik-Produktion aus innerer Notwendigkeit heraus (1161)61
Fast 2 000 Gedichte habe ich bisher hervorgebracht.
Und jedes ist ein einmaliges Gebilde.
Ausgeflossen meinem kommandierenden Gehirn,
dessen Vorgaben ich stets zwanghaft folgen musste:
Dem komplexen Arbeiten der Broca-Neuronen:
Sprachproduktion als Demiurgin
subjektiver Deutungszwänge.
Indes ungerichtete, dauerfließend sich wandelnde,
zufallsgenerierte.
Ich müsste also genauer sagen,
dass ich als Gehirn all jene Gedichte schrieb.
Und noch genauer:
Dass diese Gedichte sich mithilfe meines Gehirns
selbst gebildet haben in dem Sinne,
dass da ständig Welt durch mich hindurchflutet,
um zuweilen dann in ein Gedicht
(Multi-Versprachlichungs-Zufälligkeit) selbstmächtig zusammenzuschießen:
Erinnerungen, Prägungen, Fundamentalerfahrungen,
Verdrängungen, Schlüsselerlebnisse, Erniedrigungen, Zurückweisungen, metaphysische Getragenheit,
Naturmagie, Leib-Mystizismus, Körperbilder,
Lebenslügen, faszinierend gemodelte
Wahrnehmungen von Gesten und Mimik:
erotische Trancebilder, ungerichtete Sehnsüchte,
leere Hoffnungen, Verträumungsverzerrungen, Wirklichkeitszerbröselungen, Realitätsverweigerungen;
aber auch wunderbare Momente
tiefster Verbundenheit mit Gott
(der, ungreifbar und gestaltlos,
seit Kindertagen in mir wohnt;
als Sehnsuchtsabsolutum und Vollendungsfiktion),
mit Tieren, Pflanzen, Erde,
mit dem emotional
schein-verbegrifflichten Sein (Materie)
überhaupt als bedeutungshypertrophe Flüchtigkeit,
kaum festzuhalten;
und wenn, dann mathematisch
oder in subjektiver Brechung und Umschaffung,
die jeder Objektivität unmittelbar-naiven
Nicht-Ich-Gewoges spottet:
Unmittelbare Existenz,
das ist gleichzeitig vergangenheitsträchtige,
parallele und Zukunft fixierende Interpretation,
Einordnung, Vergleich, pancerebrale Zurüstung
der eignen fiktionalen Subjektivität:
Notwendige Täuschung
und auch nur als diese mir fassbar …
Das Gehirn produziert seine subjektive Welt.
Es macht auch die Gedichte,
die ich mir dann irrtümlich selbst zuschreibe …
Ich. Diese zentrumsfreie Materiemorphe.
Zufällig in Geist auch gehoben:
Worten und Sätzen tiefster Irrationalität ausgeronnen.
SMS//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (1162)62
Emotionsblasen.
Als gleiche produziert.
Auch virtuelle.
Steriler Seelchen
beliebig handhabbare Pseudohalte.
Das Limbische System
flutet sie daueraktiv
mit stakkatoisierender Intensität
kapitalverfügter Formal-Existenz.
Brünftig, desorientierungslüstern (cool)
und launisch, habgierig und mürrisch,
behelfsludernd ichschwach ihr geistig enteignetes,
schnäppchensüchtig inszeniertes Allgemeinselbst
gleichgültig auskälten zu lassen
in den maliziösen Propaganda-Orgien
sozialorgiastischer Nihilismus-Kulte.
Dunkle Materie und Dunkle Energie (1163)63
Ich lausche hinein in die schwarzkalten Stillen
der enigmatischen Dunkelschwestern.
Die eine hält die Galaxien zusammen,
die andre treibt die Ausdehnung des Alls voran.
Immer schneller. In ein physikalisches Vakuum.
Gottesleere, Ziel- und Zwecklosigkeit spüre ich dem ab,
ich Hirnvieh, meine Halluzinationen sortierend,
die einer von Einsamkeit überfrachteten Monade
zellulärer Kooperation, mich fristend
zwischen radikaler Sinnlosigkeit und
neugierig erwürfelten Hellsichtmomenten.
Letztlich unerklärlich (1164)64
Wie simpel das doch alles ist!
Die biologischen Funktionen.
Eine gesellschaftlich und sozial
vermittelte Batterie
von Floskeln, Scheinwerten, Illusionen
illustriertenmetaphysischer Erklärungsträchtigkeit.
Eingelassen in die chronische Sucht
nach Entlastungs- und Belämmerungs-Strategien.
Ich muss jetzt bloß noch die Gründe dafür finden,
warum mich das von früh auf
alles so aggressiv gemacht und beschämt hat.
Etwa weil ich Stillen viel intensiver höre
als Geräusche und Lärm;
weil mir fast jedes menschliche Gegenüber
innerhalb von Minuten
faktisch unerträglich wird;
weil mich diese ganze,
ihre eigene Vernichtung permanent vorantreibende Welt
zuweilen geradezu enthusiasmiert im Hochaffekt
absoluter Rohheit und nackter Indolenz;
weil selbst der kommende Krieg aller gegen alle
mir keinerlei Mitleid
aus dem Gehirn zu zwingen vermag.
Unfähig,
mich etwa damit abzufinden,
dass wir im selben Nu unschuldig,
grausam, destruktiv,
ingeniös, vernünftig, heiter,
sanft und gut sein können,
geistfähig (ichabständig) und bestialisch zugleich;
mich etwa der Einsicht zu fügen,
dass wir uns selbst nicht haben,
nicht über uns verfügen können;
in jedem Augenblick
uns selbst ausgesetzt sind,
ohne die mindeste Macht zu besitzen,
dem wehren zu können …
Obwohl wir uns das einbilden (gezwungenermaßen).
Gottverlassene Affen eben, die wir sind.
Die sich selbst verheiligen müssen,
der Brutalität und Sinnlosigkeit
ihrer dauererbärmlichen
oder gar katastrophalen Existenz
einen matten Glanz von Selbstbetrug
und lebensdienlich kunstreich
verdrehter Trost-Lügen abzuraufen.
Substanzirrational (1165)65
Ich löge, würde vor ich geben,
von Vorurteilen frei zu sein,
von Widersprüchen, Ablehnungen,
spontanen, scharf zu unterscheiden …
Bewunderung empfindend
oder auch Verachten;
ganz unwillkürlich, wesenstief getrieben.
So ist’s nun mal in diesem Leben:
Man ist nicht gut, gerecht und ehrlich ... nein:
Man ist fatal Affekt gedungen;
Angst, Hass; auch Wut und stillem Neiden.
Kann perspektivisch nur betrachten,
wie grundlos wir verdammen oder lieben.
Zumal’s nicht möglich ist zu streben
nach einem objektiven Gegen-Schein,
der, emotiv gelungen,
dann würde rational nur leiten,
so dass wir, Abwehr fühlend, dennoch lachten,
auf diese Weise menschlich blieben.
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