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Diese Seite enthält 58 Gedichte (Prosa-, Reim-Gedichte und Sonette)

Bestandsaufnahme II (1043)1

Dass der Systemkern demokratisch sei,
das hab ich nie geglaubt.
Da produziert sich Staatsschauspielerei,
die sich auch Korruption erlaubt.
Zumal Vollzugsorgan von Geldeliten,
Konzernen und von Lobbygruppen.
Und die, die haben meist längst vorentschieden,
wer tanzen darf als ihre Puppen.
Indes der Souverän nimmt‘s hin;
wird oft auch einfach übergangen,
sucht sowieso sich in Vergnügen Sinn.
auch weil in Alltagssorgen tief gefangen.
.
Wille zur Person (Trias A 4) (1044)2

Das käme für mich nicht in Frage,
systemdevot Vollzugseinheit,
nur Ding zu sein, verfügt dem Marktgelage:
Verinnerlichter Optimierbarkeit.
Das käme für mich nicht in Frage,
dass Output mich und Gleichung nur noch prägen.
zwei Stützen dieser hochabstrakten Lage,
geeignet, als Person uns zu zerlegen.
Indes ich weiß, sich zu entziehen,
bedeutete für viele Selbstaufgabe.
Auch das ein Grund, 
warum sie selbst sich fliehen,
sich aufzuopfern Spaß und Habe.

Halt (1045)3

Kein Freund. Noch nicht einmal Bekannte.
Geschweige eine Ehefrau.
Dass ich nicht in der Anstalt lande 
(dort in geschlossnem Bau),
das hat verschiedne Gründe. Etwa den:
Ich bin mir selber nicht so wichtig
(vermutlich half mir da ein Gen),
nach Ich und Wortschutt nicht so süchtig.
Und dann (das ist vielleicht das höchste Gut),
kann ich mich mir noch selbst abkaufen,
bin nicht so lüstern auf die Flut
flexibler Illusionen-Traufen.

Ausweglos III (1046)4

Mitten in der Nacht,
da sich die Stupidität des Abends 
schon ein wenig verflüchtigt hat
und seine widerspenstige Stille 
bereits zu flüstern beginnt,
eintöniger auch wird meine chronische Einsamkeit,
fallen mir, 
gleichsam kommandierend, 
die zahllosen,
wenn auch wohl unvermeidlichen Verfehlungen ein,
denen wir heute, wie jeden Tag,
wieder anheimgefallen sein müssen.
Einfach nur deswegen, 
weil wir sind, wie wir sind:
Acht- und Verantwortungslose,
Gleichgültige,
Realitätsflüchtige,
Verblendete.
Selbstinszenierungs- und 
hinnahmelüstern hingegeben 
Moralkonsum,
Verlautbarungszynismen,
Selbstgenusshybris,
Korruptenrhetorik,
Propagandasemantik,
Verzweiflungsmaximierung,
Bestialität,
Zerstörungslust und Selbsthass.

Und was sonst noch 
anzuführen wäre 
von einem niemals 
über sich selbst verfügenden,
dauergefährdeten
Entlastungshörigen.

Verkrüppelungen (1047)5

Die Häme und die Niederlagen,
das Johlen der Zurücksetzungen,
die bin ich selbst geworden, 
muss so tragen,
dass ich verkrüppelt nur bin mir gelungen.
Verkrüppelt psychisch bis in Tiefen,
in die man nur allein gelangt.
Um dann zu schweigen, 
dass sie weiterschliefen, die Wunden, 
um die kalter Irrsinn schwankt.
Was man verlor, mag man ermessen
an innrer Leere und an Bitterkeit,
die einen lähmen, 
einen asozial zerfressen …
ergeben höchstens 
Scham und Selbstmitleid.

Ich wollte (1048)6

Ich wollte 
ein Gedicht mir schreiben.
Doch das
hat nicht geklappt.
Man kann sich 
selbst nicht hintertreiben,
wenn man sich,
überwach, ertappt,
dass man sich 
selbst betrügt,
sich sogar schönt,
dass man sich
chronisch selbst belügt,
wenn mit gespielten
Geist zudröhnt.

Fortschritt (1049)7

Im Mittelalter hätte ich wohl
als Leibeigner mein Leben 
armselig fristen müssen.
Heute bin ich so etwas wie
eine formal freie, beseelte 
Ware des Kapitalismus.
Das ist der Fortschritt:
Die körperliche Anstrengung
ist faktisch eliminiert 
und die Innenweltführung 
wird als lustvoll entlastend
und selbstgewählt empfunden.
Als Person hermetisiert und 
vielstimmig deklassiert, 
werde ich jetzt permanent 
heimgesucht von Pseudo-Moral,
Leerformel-Pingpong und 
geistesträger Verwahrlosung.

6. Juli 2003 (1050)8

Formel I und Tour de France.
Und das Wimbledon-Finale.
An einem Tag die Dreifach-Chance
für Markt-, Polit- und Star-Randale,
die Kundenhirne so zu zwingen,
dass sie konform der Botschaft schwingen.

Wortetanz (1051)9

Die Worte tanzen
in den Loben,
als tauchten sie 
in letzte Freuden:
Von Sinn befreit 
und jenen Räuden
der Wirklichkeit 
und ihrer Koben.

Solipsistische Selbstbewahrung (1052)10

Über mich selbst hinaus 
habe ich nichts damit verbunden,
all die Gedichte hier zu machen.
Sind doch Kultur und Geist
schon längst verschwunden
im Schlund von Ich-Kult, 
Formeln und von Sachen …
Von Spaß, Information 
und von Erlebnishorten.
Um so die Innenwelten 
Gleichlauf abzurichten,
auf dass sie reizklamm,
mehr noch: selig überborden,
sich Marktanforderungen 
luststrack zu gewichten.
Ich wollte eben mehr sein 
als gelenkter Markthelot,
mich dieser Wohlstandstrugwelt
auch einmal entziehen.
Auf keinen Fall mir 
werden geistig-seelisch tot,
mir nur als Ich-Schauspieler
puppenlinkisch ausgeliehen.

Genau so (1053)11

Ein Leben lang hab ich gehorchen müssen.
Sei’s Umstand, Geld, sei es mir selbst, sei’s Macht.
Ich hatte nie den Eindruck, was zu zählen.
Man hat mich ausgebeutet, gar bestohlen.
Wohl deshalb auch bleibt oftmals reglos mein Gewissen, 
empfinde dieses Dasein ich als Schlacht.
Hinzu kommt noch: Man kann sich selbst nicht wählen.
Wird immer, unverfügt sich, nur sich selbst einholen.
So konnte nie ich hehre Floskeln hissen.
Dass etwa Liebe könne meiden aller Schatten Nacht.
Durch die wir uns, au fond, vergeblich quälen.
Schon weil kein Gott ist, uns nach ihm zu polen.
Und dennoch möchte ich nicht eine Stunde missen
all derer, wo dies alles war vergessen und verbracht
in Zufallsgüte, die erlaubte, sich zu schälen 
Vollendungsglück aus geistigen Symbolen.

Fragwürdigkeiten demokratisch-politischer Eliten (1054)12

Vermessenheitsjovial und geistvergessen,
rhetorisch impotent trotz Medienstrahlen,
sind’s Dilettanten, die sich eitel messen
mit ihresgleichen in Affekt-Agonen.
Von sich ergriffen, sich dann auszumalen,
was Würde sei vor ihren Tugendthronen.
Die sie errichten, um sich zu kaschieren,
dass Gleichung sie und Wirtschaft fronen.
Begriffsarm deren Kindereien schmieren:
Die Wohlstandsreligion von coolen Großhirnaffen,
die, für Betrug anfällig, niemand schonen,
um ihrer Selbstsucht ein Podest zu schaffen …
Im Mittelpunkt verfallsbanaler Zonen 
Gefahr nicht greifen im verfügten Raffen.
Schon gar nicht die entfesselter Neuronen.

Die Liebe sei … (1055)13

Die Liebe sei verdeckte Selbsterhöhung,
sei Droge gegen diesen Gram des Scheiterns,
sei diese Hoffnung, dass man könne halten sich
in Alltagsmühlen und Versachlichung,
die einen ständig doch zum Mittel machen,
zu dienen dieser sinnlos-kernabsurden Welt …

Die Liebe sei ein Kindertraum,
sei Sehnsucht nach Geborgenheit,
sei Transzendenz-Ersatz in seelenarmer Welt …
sei Fluchtburg, sei’s auch nur geträumte,
gesellschaftlicher Ohnmacht sich
und gottverlassner Einsamkeit in ihr dann zu entwinden …

Die Liebe sei Verdrängungschance,
sich wendend gegen diese Grundtatsache,
dass man sich lebenslang bleibt selbst doch fremd,
kein Du je auch erreichen wird,
hermetisch in sich selbst verschlossen,
so nur als Organismus zu berühren…
Die Liebe sei ein Phantasieprodukt,
insofern permanent sie konstruiert
ihr Objekt, um sich’s auszudeuten
als Halt, Verzweckungsquelle  und
Gelegenheit, sich selbst zu spiegeln
in dem Phantom, das man zurecht sich legte …

Die Liebe sei auch Selbstverwahnung,
drang- und verlustgepeinigt fest gehaltne Illusion,
die hälfe, dieses Tierschicksal zu tragen,
dass Zeit man ist, Verfall und letztlich Nichts verfügt:
ein Wirren-Wesen, objektiv bedeutungslos,
sich selbst doch fremd ein Leben lang.

Die Liebe sei indes Gelingen auch
als Rausch und Illusion geschenkte Existenzgrundlage,
geschützt gar vor der Iche Selbstzerstörungssucht,
gefügt, gehalten wodurch immer:
Der Tyche Güte, der Ananke Zwänge;
als Selbstzweckhalt und Sinn-Magie erfahren.

Selbstbetrüglich-ekstatische Psychen-Hege/Für … (1056)14

Wenn einen die Daseinsleere heimsucht,
die Gleichgültigkeit angrinst alles dessen,
was gesellschaftlich der Fall ist,
wenn man teilnahms-, 
antriebs- und erwartungslos 
nur noch die seelischen Pochlaute 
der Großen Vergeblichkeit 
permanent erlauschen muss,
kaum fähig so,
den intellektuell kommandierten Körper
selbst deiner befehlenden Sinnlichkeit
gefügig zu machen,
einen Körper,
unterworfen einer hypertroph wachen Psyche,
die sich,
ihrer primordialen Wesenlosigkeit gewiss,
angesichts solch neogossengewirkter Realität 
einsichtsdepressiv zu zerstören droht,
dann sollte man Zeilen wie diese,
krank vor Trauer,
Verzweiflung und lähmender Melancholie,
angesichts der Trostlosigkeit 
morbider Tatsächlichkeit
und ihrem stillen Umsonst hörig,
in despotische Verzweiflung 
entlastungsdurstig ungelesen versenken.
Ich tue das freilich nicht,
zählend auf diese metaphysische Hegemacht 
deiner Sinnlosigkeit zertrümmernden Kavernen,
enthusiasmierend noch die Behelfsfiktionen 
meiner dir indes so unendlich fremden Persönlichkeit.

Einsamkeit unter den Bedingungen der entfalteten Konsumdiktaturen (1057)15
Vergleiche dazu die Gedichte (Seite:18/Gedichtnummer: 1057), (18/1079, (23/1089), (23/1358), (23/1386), (23/1389), (33/1938)

Der große Vorteil liegt für mich auf Seiten
der Einsamkeit, die viele doch beklagen,
weil sie an Sinnverlust und Ängsten leiden,
sich selber ausgesetzt und dieser kruden Welt,
die ungreifbar prekär aufgrund von Lagen 
wirkt wie anom-absurdes Trümmerfeld
von Ungeborgenheiten und Fragmenten.
Und doch: Solang die Wohlstandsdiktaturen
am Ausbruch ihrer Barbarei nicht enden,
werd ich verweigern mich Entlastungskuren,
die mich mit Langeweile würden schänden,
banalisierten mich mit Urlaubstouren,
Geschwätz und Du-Last und gekauften Bränden.

Weltüberschreitung durch Geist (1058)16

Ich weiß es wohl: Man kann vom Geist nicht leben.
Nicht eine Stunde. Das ist völlig klar.
Man muss sich ja an Welt und andre kleben.
Sich auch mal dann und wann ein Glückskorn pflücken.
Zumal auch steuern, das, was ist und war.
Genug, um einen mehrfach zu bedrücken.
So dass es zu verdrängen besser wäre.
Prekär ist manches: Etwa Niedertracht und Tücken.
Und so wird’s unerträglich, schnell Misere.
Ich habe dennoch auf den Geist geschworen.
Beachtet freilich, was der Körper lehre.
Und so, mir als ein zweites Selbst geboren,
war geistgeborgen ich der Welt verloren.

Sich nie verfügt (1059)17

Keiner kann doch was für sich. 
Nichts für dies da, was er ist; 
und gar nichts dafür, wer er ist.

Keiner fühlt und denkt sich selbst. 
greift sich nur in Perspektiven:
Sprache, Sollen, Drangsal, 
Traum gefangen,
muss er deutelnd tragen sich.

Kann indes grad das auch nicht,
sich als fremd doch nur vertraut:
Sich erlebend, nicht erfahrend.

Gehen doch durch ihn hindurch
Lagen, Zeitgeist, Amoral,
Korruption und Macht und Gier …

Tugend als verdeckter Laster
Diktatur des Mittelmaßes.

Heimatflecken (1060)18

Realitätssinn war mir 
stets genug gegeben,
zu sehen das, 
was faktisch ist:
Wie dass nichts blieb 
von jenem Heimatflecken,
nichts Menschliches
das mir nicht 
fremd und fern,
vergessenswert 
geworden wäre …
Zumal ich auch doch 
unterscheiden konnte,
was Interesse war,
was Lügerei,
war inszeniertes
oder echtes Lächeln,
Schauspielerei war
oder auch mal
tiefrer Ernst.

Geblieben 
ist von Menschen nichts,
nicht mal der Ansatz
einer Stunden-Nähe …
Indes:
Was hätte denn 
auch bleiben können?

Nun: Er, der Gott, blieb,
wie’s die Winde taten,
die Sande an den 
Feldwegrändern,
die Schneekristalle,
lautlos fallend …
die Katzen blieben
und die alten Steine,
mir zuzuraunen was
von Asozialen,
von Säufern und
von Gassenschatten …
Ein ganzer Kosmos blieb
von Wunderbarem,
das bis zum Tod 
ich wissen werde
als einer Kindheit
Seelenführerschatz.

Das Große Nein (1061)19

Ob Macht, ob Sex, ob Geld, ob Ehre,
ob jenes Grundgut Anerkennung auch,
sind, um‘s ganz ungeschönt zu sagen,
doch nur Entlastungsdunst für Ich-Verfügte,
für solche, schicksalslos von sich besessen.

Ums Große Nein weiß nur der Geist,
der sinnlos tapfere, der nachtmarstille.
Den jene Knechte weder kennen,
noch irgend auch ertragen würden,
schon weil per Du er ist mit jener Leere,
die allem Sein zugrunde liegt.

Geschlagen nicht mit Drangsal nur,
nein, mit Bewusstseinszwängen auch, 
die jene sich verdrängen müssen, 
indem sie schamlos sie missachten,
betränend Kälte und Verlassenheit.

Teilnahmslos (1062)20

Es gibt Tage, da schaffe ich keine einzige Zeile.
Geflutet von torpider Resignation,
die mir allein Naturzerstörung,
Klimawandel und Ressourcenverlust,
nicht steuer- und bewältigbare Migrations-Ströme,
die Folgen der Künstlichen Intelligenz
(Entmenschlichung, Persönlichkeitsverlust,
Totalitarismus, radikale Kulturlosigkeit,
der Niedergang von Demokratie und Rechtsstaat …),
Hungersnöte, Kriege, anome Barbarei, ja: Bestialität,
die doch ein bleibendes Erbe unseres 
irrationalen, gier- und drangsalgetriebenen Wesens ist, 
und eben die bedrückende Vorstellung einer
wahrscheinlichen globalen Anarchie hervorrufen,
die die Art selbst in den Abgrund reißen könnte.
Obwohl ich das alles selbst nicht mehr erleben werde.
Obwohl ich mich, was unsere Zukunft angeht,
auch sehr täuschen könnte, heimgesucht zumal
von Alter, Krankheit und Todeserwartung,
die mich hoffnungslos und pessimistisch machen.
Obwohl ich zumal auch weiß, dass an uns nichts liegt, 
dass, gingen wir unter, dies für die Natur, 
die Flora und Fauna, ja den Planeten überhaupt,
eine Chance wäre, wieder ein eigenes Lot zu finden
in den noch verbleibenden Jahrmilliarden,
bis auch das kleine Sonnensystem definitiv
sein physikalisch-chemisches Ende finden wird.

Zynischer Nihilismus (1063)21

Um abzurechnen, 
müsste ich doch sagen,
was niemand hören will. 
Nun ich verstehe.
Zumal ich weiß, 
dass alle unsre Lagen
prekär sind 
und gewaltsam nur zu lösen.
Auch schweige ich, 
damit mich niemand schmähe,
ich wolle andern 
doch nur Angst einflößen.
Da krankhaft nihilistisch 
doch gestimmt
und ohne Sinn 
für ethische Synthesen,
aus denen Zuversicht 
und Rettung glimmt.
Die würden sich ja selbst 
der Lüge strafen:
Dass gut er sei, der Mensch, 
und, gut, bestimmt,
zu finden dieser Menschenliebe Hafen …
Obwohl noch nie 
sich dort Sapiente trafen.

So ist es II (1064)22
Vergleiche (9/535) und (67/3563)

Opportunistisch? Ich? - Ja allemal.
Was bleibt mir freilich denn auch übrig?
Ich finde selber es betrüblich.
Doch hab ich keine Wahl.
Muss täglich heulen mit der Meute,
auch wenn das meine Selbstachtung verbrennt.
Was zählt schon die Person? Es zählen Trend,
Erfolg, Gewinn und Ich-Ausbeute.
Doch wie steht’s damit, dem Gewissen?
Ist sich eins machen nicht längst dumm?
Ich drücke täglich mich um es herum.
Auf meinen Vorteil aus: Dem Markt beflissen.
Wofür noch altruistisch sein?
Was man nicht nimmt, fehlt einem doppelt.
Das ist an DNA gekoppelt
an ihren Grundbefehl von Mein und Dein.

Hemmungsbesetzte Einsichtslasten (1065)23

Ich begreife sie sehr gut,
diese moderne Welt.
Weit besser als die,
die sich ihr hemmungslos,
verroht, verdinglicht
und verwahrlosungsselig
hingeben:
Gleichungs- und 
Artefaktenknechte,
Selbstinszenierer,
Desorientierte,
die sich bewusstlos cool,
smart und begeistert
unterwerfen müssen
der sie deklassierenden Tyrannei
technik- und mammonfundierter
Seelensteuerung.
Verschobene Schatten, sie:
Verfügungsplebs eines
akulturellen Allgemeinen.

Diese Welt (1066)24

Wie soll ich diese Welt
denn anders sehen
als tugendzynisch und gewissenlos,
entlastungshungrig ratiodominiert?
Als Technik, Mammon, 
Mittelmäßigkeit geraten,
Globalgefüge,
seiner selbst nicht mächtig?
So mag sie denn 
in Unschuld untergehen,
zumal im Kern stets 
Macht-Verblendung Floß,
Bipeden-Hybris, 
destruktionsversiert.
An uns liegt nichts,
doch gottlos niederträchtig,
notwendig sich verfügt 
zu Trauertaten.

Keine Siege (1067)25

Es gibt doch keine Siege.
Auch die gemeinten sind es nicht,
Zumal noch jedes Wertgefüge
Betrug ist, täuschungsschlicht.
Nur Kindsgemüter glauben
an Inhalt, Fortschritt und an Daseins-Zwecke.
Woraus sie innre Ordnung klauben,
auf dass sie Leere ihnen decke.
Die Leere, wie sie alle Fakten weisen
in den Befehlen, sich zu beugen:
Sich, sinnbedürftig, über sie hinaus zu reißen,
um Rausch sich, Halt und Einheit zu bezeugen.

Halbschlaf-Dogma/Das Gedicht fiel mir während des Aufwachens ein (1068)26

Wenn du willst, 
dann kannst du kommen.
Wenn du nicht willst, 
lass es sein.
Bleib ich doch 
in beiden Fällen
so beklommen 
wie allein.

Selbstkritik (1069)27

Was für ein schäbig-kleines Menschlein 
ich doch bin.
Erpicht, 
dies Homo-Zuchthaus zu entlarven.
Es auszulegen dann, 
wie ich es muss:
Als Prozedur der Selbstzerstörung,
verfügt von Anfang an subatomar,
deterministisch-radikaler Hyle
Substanzgeschehen,
menschlich völlig ungreifbar,
da wertfrei ohne Zweck und Ziel.

Wär’s nicht humaner doch,
dies zu verschweigen,
ja: jenes sogar hochzuhalten
als Ort der Chancen,
Ort der Glücke;
als Sinngefüge jedem vorbehalten,
so dass sein Leben er gestalten könne,
an dessen Ende er sich sagen dürfte:
für  mich war’s lohnend, schön, erfüllt?

Doch wäre es; zumal ich weiß,
dass es doch tief bedrückend ist,
auf eine Wahrheit dann zu pochen,
wenn unabänderlich sie 
unser Dasein prägt;
wie die des toten Stoffes,
der hier doch mit uns spielt;
allein nach seinen Regeln,
nur nach seinen:
Organisierter  Stummheit
Zufall und Notwendigkeit.

Deutsches Kultur-Theater (1070)28

Ich produziere - erstens - zum Gebrauch.
Und - zweitens - nur für meinen.
Zumal nicht aufgelegt zu Optimismus-Hauch,
wie jenen in Kulturvereinen.
Das deutsche Raunen habe ich nicht drauf.
Das klingt nach intellektueller Lethe:
Nach geistig-intellektuellem Ausverkauf
durch Hochmoral als tugendstete.

Und dann ist da noch der Verdacht:
Wer denn begriffe mich - gesinnungsinfantil.
Zumal der deutsche Erst-Bedacht
auf Umsatz geht, Prestige und Lustkalkül.
Wiewohl auch ich mir eingestehen muss:
Das, was mal Geist hieß, ist vergangen.
Genauer: Es ist mit ihm Schluss.
Ist er doch fremd 
den technisch-ökonomischen Belangen.

Der unschuldige Durchschnitt: Wir alle. 
Radikal an und durch sich selbst gebundene Organismen (1071)29

Er ganz allein verteilt nun alle Ehren.
Und alle Macht beansprucht er allein für sich.
Er hat sich durchgesetzt als allgemeines Ich
und pocht darauf, sich selber zu belehren.
Er tut das nicht aus eigner Wahl.
Er setzt nur fort die Diktatur der Zahl.
Um gattungseignen Zwangslauf zu ergänzen.
Er ist auf Technik angewiesen
in seiner hochprekären Daseinsschlacht.
Am Ende nihilistisch zu verfließen.
Und er lebt Zwang wie DNA-Unschuld:
Pleonexie, entzogen jedem Sollen,
Drang zwischen Perfidie und Selbstwertknollen,
Narzissmus, Nu-Vergötzung und Prestigeschein-Kult:
Magie-Gehabe pervertierter Seelenschicht,
beklatscht von den Statisten oben wie auch unten,
die selbstverdinglicht Märkten eingebunden,
sich inszenieren ohne Seins-Gewicht.
Das höchste Gut? Der Ich- und Selbstgenuss
in chronisch unzufriednem Luxurieren,
um dieses dann als höchstes Gut zu zelebrieren:
Als Selbstverfehlen bis zum Schluss.
Da tobt ein Affe, dem das Schmierenstück gelingt,
sich selbst als Daseinsgipfel auszugeben,
als Würdelot in eignem Schöpfungsbeben.
Obwohl vor seiner Wissenschaft versinkt,
zur Farce wird, weil er sich perfekt vergreift:
Doch Niedrigkeit allein ihn herrisch zu sich pfeift.
Wiewohl er sich in Halluzinationen aalt
von freiem Willen, Sinn, Vernunft und Spezieszweck.
Er hortet nun mal nichts als Wohlstandsdreck
und Deutungsschutt, mit dem er prahlt.
Was ihm Gesellschaft heißt, ist immer Diktatur:
Ist Kreatürlichkeit zu Staat verdichtet,
auf Not basierend immer illusionsgeschichtet:
Die Linderung des Krieges von Natur.
Das gilt auch für globale Wohlstandskraken,
gewissenlos fiktionserfüllt,
in hedonistisch-infantilen Tugendschein gehüllt,
sich zu verhehlen ihr Total-Versagen.
Wird’s so verloren sein? Ich weiß es nicht.
Ich werde wohl das Schlimmste meiden:
Schon bald ins absolute Nichts entgleiten.
Wo nichts mehr quält: 
Kein Leib, kein Wert, kein Selbst-Gewicht.

Am Ende (1072)30

Vor Ekel bin ich ganz kaputt,
bin innerlich zerschlagen.
Das macht grad dieser zähe Schutt
der Scham aus Kindertagen.
Dann umgemünzt in äußre Siege
(Wen freilich machte Äußres stolz?):
Verkümmerung entkommen, Gram und Lüge:
Dem frühen Dreck … Indes: Was soll’s?
Die bleiben innen. Bleiben bis zum Schluss!
Man tritt da auf der Stelle.
Zumal auch Zufallswurf in diesen Guss
von Leib, Alleinsein, Selbst und Sinngefälle.

Zynismus, Indolenz und Kernmisstrauen/Sonett (1073)31

Sie haben letztlich aufrecht mich gehalten:
Zynismus, Faktenwille, Kernmisstrauen.
Stets konnte ich auf ihren Scharfsinn bauen:
Dass Wahrheit und Vernunft uns nicht gestalten;
dass meistens Gier und Niedertracht hier walten;
dass man wird schäbig übers Ohr gehauen,
zumal hier Gauner gelten als die Schlauen;
weshalb sie sich auch vorteilhaft entfalten.
Was kann an derlei Mittelmaß mir liegen?
Doch überhaupt nichts; ich kann’s nur verachten;
indes wird’s trotzdem immer öfter siegen,

wird jede noch so kleine Chance ausschlachten,
die übrige Gesellschaft zu verbiegen …
Bis sie einst Terror ohne Recht wird schmachten.

Andeutungen über unsere zwangsnarzisstisch lustvolle Systemverstrickung (1074)32

Dass wir uns alle inszenieren müssen
- dem, was man Ich nennt, nur verschrieben:
Subjekt von Selbstverwertung als Prestigepopanz,
belämmerungsorgiastisch dauernd angetrieben
zu Reizkonsum qua Selbstvergeudungs-Stunts
und Emotionen-Sud zerflossen,
den wir aus Filmen, Songs und aus Reklame weben,
entlastungsdumpf uns zu verjubeln allen Gossen,
denselben zeitgeistaxiomatisch hingegeben -
ist unvermeidlich, sind wir doch Kultur entrissen.
Existenziell dann auch nur Angelernte,
als die - gewissensarm - uns selbst verfallen.
sind wir tatsächlich geistig auch Entkernte,
die sich verticken als die coolnessprallen,
sozial lädierten Siegertypen,
befreit davon, noch irgendwas zu sollen.

Es sei denn, Wirklichkeit zu kippen.
Uns zu verrätseln dies blasierte Wollen:
Indem wir selber hinters Licht uns führen
im Schlamm globaler Geldstromstollen …
Gelernte Sinnschundsammler und Profanweltmacher.

Und so wie wir auch die Funktionseliten,
die sich, wie alle andern auch,
an Propaganda-Shows: Schaumschlägerei verrieten,
die, drastisch selbst sich so verschollen,
nicht fähig sind zu Wert und Augenmaß,
zu Dienst und Würde und Verantwortung …
sodass sie sich Verwahrlosung verböten:
Charakterlosigkeit und Mittelmaß zu meistern …
Statt sich für sich allein, da fehlerfrei, 
ganz ungeniert sich zu begeistern:
anheimgefallen ihren Seelenöden.

SMS//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (1075)33

Nichts, was mich 
anonymer zermürbte,
als diese subtile Ausweglosigkeit 
gängigen Glücks:
Wiederholungsbanale Vermitteltheit 
gesellschaftlich verfügter
Verrechnungsmystik:
Ein perverser Utilitarismus
stetig sinkender 
Scheinnutzenerträge.

Schleichend bedrängender Verfall und Schlüsseleinsichten/Sonett (1076)34

Da spielt, ich spür’s, schon der Verfall mit mir.
Wenn auch noch sachte. Unspektakulär.
Nicht dass mir fiele das Begreifen schwer.
Nein, nein … die Triebnatur, was Kampf und Gier,
was ganz brachial angeht die Lust am Hier,
erscheint mir kindisch; und das immer mehr;
als ob sie Selbstbetrug, ja: Knechtschaft wär.
Kurz: Die Person löst sich von mir als Tier.
Indes war mein Verstand noch nie so klar.
Begreift genauer jetzt dies Menschen-Los:
Als Diktatur von Zeit und Zahl und Schoß …

Als Leibgefüge, stofflich atomar,
das Sex, Prestige und Macht steht nur Spalier;
ein Leben lang Geschwätz. Und panprekär.

Grundsatzentscheidung (1077)35

Gleich werde ich, ziemlich müde, 
ins Bett gehen.
Dann wäre auch dieses Wochenende vorbei.
Es verlief, wie jedes andere auch.
ich las viel, schaute mir auf PHOENIX 
eine Dokumentation an,
trieb ausgiebig Sport 
und versuchte vor allem,
ein weniger länger zu schlafen,
als es mir während der Werktage vergönnt ist.
An eine Änderung dieser Lebensweise 
ist indes gar nicht zu denken.
Obwohl es zuweilen 
schon ein wenig schwer fällt,
das Dauerschweigen an den Wochenenden 
zu ertragen.
Aber das ist mir immer noch lieber,
als mir zum z. B. die Fremdheit, 
Phantasielosigkeit, Tugendlüsternheit 
und Herrschsucht 
so mancher sich politisch-ideologisch 
produzierender Intellektuellen zuzumuten.
Auch: Wie könnte ich, 
ließe ich mich darauf ein,
die schiere Langeweile 
einer sogenannten Beziehung ertragen,
in der mir doch stündlich 
die von mir vehement abgelehnte
kapitalistische Waren-, Spaß-, 
Verdinglichungs- 
und Verkindlichungs-Begeisterung begegnete, 
wollte das Gegenüber doch etwas erleben,
genießen, entspannen, Kraft „tanken“, 
sich amüsieren … 
Einmal abgesehen von dem anderen Problem,
dass ich recht schnell 
die Banalität 
einer solchen Beziehung empfände,
ihre geistlos plane 
Alltäglich- und Problemlastigkeit,
die tatsächlich gar nicht zu vermeiden sind.
Auch ziehe ich es unbedingt vor,
nur diskret für mich mitzubekommen, 
wie mein körperlicher Verfall, 
meine wachsende Hässlichkeit,
die zunehmende Anzahl 
meiner Wehwehchen und Krankheiten 
und überhaupt jene Abnahme 
der geistigen Leistungsfähigkeit,
unweigerlich sich mehr und mehr 
bedrückend bemerkbar machen. 
Um mir auch angesichts dieser 
noch einmal die längst 
gewonnene Einsicht zu bestätigen,
dass man von vornherein 
definitiv allein, für sich, 
einsam und radikal 
auf sich selbst gestellt ist.
Ein Fremder sich selbst wie dem Du.
Ein Leben lang.

SMS//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (1078)36

Erlösungssüchtig,
ein Phrasenlaller.
Noch weit entfernt von den Tränen der Zukunft
bündelt er,
von seinen Gespinsten ergriffen,
die ökonomisch geschaffenen 
Illusionen einer leerformelanfälligen Allgemeinheit,
die, wie ich vermute, 
angesichts ihrer ausufernden Verfehlungen,
in nicht allzu ferner Zeit 
wieder wird lüstern werden müssen 
auf den Kern das Politischen:
Gewalt.
Zumal angesichts von Staatsverfall, 
Anarchie 
und Bestialisierungszwängen.

Isolation und Einsamkeit (1079)37

Damals, als Kind und Jugendlicher, 
hatte ich nicht die Chance,
Isolation und Einsamkeit zu verwerfen.
Hätte ich sie heute,
würde ich schon zögern,
sie um jeden Preis
nicht in Kauf zu nehmen.
Denn die Nachteile,
die sie mit sich bringen,
lassen einen 
- und darauf kommt es an -
menschlich wachsen:
Auf geistigen Scharfsinn verpflichtend,
der desillusioniert 
und in Einsichten mündet,
die gleichgültig machen gegen alles,
was man niemals ungestraft 
nicht zu meiden versteht.

Tränen-Rätsel (1080)38

Manchmal rollen mir 
ein paar Tränen
über die Wangen.
Meistens dann, 
wenn ich zurückdenke 
an Herkunftswirren,
menschliche Ohnmacht
und angstfundierte
Selbstzerrüttungsschwäche.
Kindisches Selbstmitleid?
Sentimentalitäten-Konsum?
Selbstberauschung 
im Genuss von Trauer,
Melancholie und 
fiktiv angereicherten 
Realitätsperspektiven?
Oder einfach tiefes Mitleid?
Verständnis für 
existenzielle Ausweglosigkeiten?
Trauergütiger Nachvollzug 
unlösbaren menschlichen Leids?
Schwer zu sagen in einer Zeit, 
die einen chronisch daran hindert,
Abstand zu seinen seelischen
Regungen zu gewinnen.
Fallen ihre Häscher doch
sofort über diese her,
Fakten und Gefühle,
Begriffe und Erfahrungen,
Stimmungen und Affekte
marktbefangen auszurichten,
hedonistisch in sich 
selbst zu spiegeln,
um sie, depersonalisierend
und konsumtiv angekränkelt,
in entlastungsträchtige 
Kauflustanreize - unbemerkt -
zu verwandeln.

Kindheits-Vollkommenheit (1081)39

Und wenn die Töne der Glocken
über das Land treiben
und die Leeren Gottes 
durch mich hindurch tragen,
dann heilt meine Indolenz 
mich sogar von mir selbst.

Göttergeschenke (1082)40

Vor ein paar Tagen
wurde ich 63 Jahre alt.
Wenn ich Bilanz ziehe,
muss ich gestehen:
Nichts Großes ist es gewesen.
Nicht mal Mittelmaß.
Und Scheitern,
unleugbares Scheitern,
war’s allemal.
Nur dass es mir erlaubt war, 
ein paar geistige Bahnen zu ziehen.
In völliger Einsamkeit.
Die mich befreiten von mir selbst
wie von den anderen.
Und das war das Beste:
momentweise eingehen zu dürfen 
in Vollendungsahnung, 
jenseits aller menschlichen 
Unzulänglichkeit.

Halt-, sinn- und orientierungslos/Sonett (1083)41

Gehalt von was? Für wen? Zumal: Warum?
Das rührt doch nicht mehr diese leeren Seelen,
die sich durch immer gleiche Lüste quälen,
so letztlich inhaltslos sind: daseinsstumm.

Sind sich verdorrendes Monadentum,
erlebnislüstern hilflos sich zu schälen
aus diesem Fun-Druck-Schub von Selbst-Verfehlen
und Reiz verfallenem Effekt-Dumdum.

Was rührt sie nicht mehr? Nun: Kultur und Geist,
der Selbstwert-Antrieb, sich allein zu tragen,
damit nicht vollends man sich selbst entgleist.

Erkennt die allgemein maroden Lagen:
Dass man ein Nichts ist, radikal verwaist
im Würgegriff von hochabstrakten Plagen.

Das Ganze vor der letzten Jahren (1084)42

Man kann es drehn und wenden,
wie man will.
Stets wird man doch 
dasselbe sehn:
Sich als Alleinsein, Drangsal,
Marktknecht und Vergehn
in einer Welt von Selbstsucht,
Gleichung und Verfahren,
der Mittelmaß muss sich
als Beute spenden,
um sich in Selbstwert-Schein 
so zu bewahren.
Um sich in blauer Ödnis einst
dann zu verwehn,
versagensdrastisch mittellos,
kalt und gewissensstill …
entronnen Selbstverhängniszwängen
und Verdinglichungs-Gebaren.

So wird es sein (1085)43

Formelgeknebelte Agonien
biosozialer Monaden.
Bevor der Niedergang,
der Krieg,
die Bestie
wiederkommen.
Aus jeder Seelentiefe,
notdürftig überschüttet
von Wohllebens-Ignoranz,
Erlebnis-Narkosen
und Selbst-Relevanz-Phantasmen.

Trostloses Psychen-Gestrüpp (1086)44

Merkwürdig, es schon definitiv zu wissen, 
kaum dass man das Büro betreten hat:
Ein bedrückender Tag zieht herauf,
zerrissen von Erledigungszwängen,
der Diktatur der technisch perfektionierten Entwirklichungsapparaturen, 
die einen so stumm wie tyrannisch umstellen
und in ihren stumpfsinnig machenden Beschlag nehmen,
und dem narzisstisch-selbstsüchtig desorientierten Eigensinn 
einer fachlich permanent überforderten Vorstandschaft, 
hinter keep smiling-Gängigkeitsfloskeln 
und hilflos-flachschichtigen Witzeleien 
von nicht mehr überbietbarer Anspruchslosigkeit 
unbeholfen gesellschaftliche Selbstverramschunsgbefehle kaschierend,
Floskeln und Witzeleien,
wie sie der kommunikativ deklassierte Virtuose 
kollektivierender Verbraucher-Idiosynkrasien
gleichsam reflexhaft aktiviert, 
abgerichtet aus sich herauswürgt als Schauspieler 
an inszenierter Pseudo-Persönlichkeit
medial provozierten geistigen Dauer-Ruins -
Entlastungsversuche freilich auch 
einer außengesteuerten,
sich behelfsdifferenzierenden Sozial-Monade:
Verlassenheits-Selbst: 
flachseelisch, roh, moros, 
geldgierig, vergnügungserpicht 
und devot markthörig auf sich selbst 
als personales Surrogat verwiesen.
Ein bedrückender Tag zieht herauf,
einem zusetzend mit unabweisbaren Vorstellungen,
Ahnungen mehr als Einsichten und Gedanken,
dass da ein Wille zur Selbstzerstörung am Werke sei,
verzweiflungsgehetzt gleichsam thanatophil,
sich heraus zu retten aus einer Welt,
die radikal darauf verwiesen ist, 
Inhalt, Sinn, Bedeutung, Zusammenhang und Glück 
nur noch halluzinieren zu dürfen,
um sie, sie halluzinierend, zugleich zu negieren
in orgiastisch erbärmlichkeitstrunkener Gleichgültigkeit.
Doch niemand trägt Schuld daran. 
Niemand. 
Auch nicht die Macher:
Selbst gebundene Opfer 
gewürfelter Mittelmäßigkeit.

Wahrheitsgemäß I (18/1087)45

Nein. Nein. Ich habe nichts zu sagen.
Zu was? Und wem? Und warum ich?
Ich streife höchstens nur noch unsre Lagen.
D i e weiß ich unabänderlich.
Die weiß ich schäbig, schal und ausweglos.
Und dass sie keiner wollte. Keiner.
Da wuchert cerebrales Los*.
Und d a s ist ein Verneiner.
Indes gab’s auch für mich Momente.
D i e wogen alles auf.
Versagen. Leid. 
Das Wissen um das Ende.
Den ganzen tief absurden Lauf. 

*Die uns wesentlich als menschliche Bedürfnis- und Trieb-Wesen bestimmende Diktatur (das Wort wird hier n i c h t kritisch verwandt - als hätten wir die Wahl, auf sie zu verzichten; haben wir mitnichten) naturwissenschaftlich-technischer Rationalität im Dienste des kapitalistischen Wirtschaftssystems, welches allein fähig ist, denjenigen materiellen Wohlstand hervorzubringen, der für die meisten der Menschen - sie mögen ansonsten sein, welche auch immer - das summum bonum ihrer Existenz darstellt; auch als Garant von so etwas wie Lebenssinn, der in einer Konsumgesellschaft nur diesseitig-gesellschaftlich-sozial-eudämonistisch-hedonistisch, nicht mehr (jedenfalls immer weniger) metaphysisch realisiert/erreicht werden kann.

Schleichender Prozess (1088)46

Ein Gewinn ist es schon,
sie los zu sein:
Die intellektuellen Illusionen,
die Pfaffen, die Armut, 
das arrogante „von“,
den Vaterlandsverein.
Um endlich in sich selbst  
zu wohnen.

Als Kunde mit Optimierungsanspruch:
Sich sakralisiertes Subjekt sogar:
Biologisch fundierte Würde-Monade.

Doch wer spürte da nicht auch
den technischen Bruch,
der prägend sich durch die Seelen leckt,
entwest sie ins absolut Fade?

T-Shirt-Paria I (1089)47

Er kehrt heraus sie,
seine Leeren;
er inszeniert sie
gar als Selbstanteile,
sich seelisch 
drastisch zu verheeren.
So will’s nun mal 
die Zeitgeist-Zeile:
Verwerte dich,
als Umsatz-Zahl.
Das will sie
unbedingt ihn lehren
ihn ködernd
mit der Melodie,
das Warenglück 
sei seinsbasal.

Doppelknechtschaft (1090)48

Ich entkomme mir nicht.
Ich weiß es nur allzu gut.
Schon gar nicht im Gedicht,
dieser obsoleten Glut.
Ich entkäme mir vielleicht,
akzeptierte ich nur
- steril, flach und seicht -
jene zweite Natur,
die die Märkte anpreisen
als Lust-Übergang:
Um sich selber zu kreisen 
in Gegen-Belang.

Verknechtungs-Entlastung (1091)49

Der Kommunikations-Büttel:
umstellt von Bild- und Symbol-Welten,
willig sich selbst verstoßend 
in die monologische Verlassenheit
technisch gesteuerten Spaß-Sinns.
Entlastungs-Geschwätz:
Unterdrückte Innerlichkeit,
Seelen-Kollektivierung
mittels Besagungs-Verzicht.
Depersonalisierungs-Wonnen.
Die Inhalte sind gleichgültig.
Die Bedeutungen sind gleichgültig.
Die Unterschiede sind gleichgültig.
Die Personen sind gleichgültig:
Satelliten-Iche, zwiekreisig sich lästernd.
Sich selbst an raunende Umsatz-Masse,
verängstigt, entmündigt, gesteuert
ins Nirgends plappernd
fortschreitender Simplifizierungs-Trance:
Adiaphora*-Konsum als Substanzmeidung.

*Adiaphora: Dinge, die man nicht braucht, die völlig überflüssig sind; die zu haben aber, die meisten gleichsam drastisch begehren. 

Verluste (1092)50

Uns soll sich stets das Ganze lohnen,
wir wollen mehr 
als Augenblicksfragmente,
mehr als nur häufen 
schöner Stunden Splitter;
Erfüllung bis zum Ende,
der stündlich 
träumend einzuwohnen …
Obwohl’s Erfahrung 
läuft zuwider.
Denn immer öfter 
muss man sich gestehen,
dass wir in Lebenswelten existieren,
die immer seltner Glück zulassen:
Die zwingen, 
es als konsumtives nur zu sehen,
das uns auf Abruf soll verführen …
Um werdend dann 
als Nu-Reiz zu verblassen. 

Unvollständige existenzielle Synthesis (1093)51

Hilflosigkeit und Aggression,
Pleonexie und Unzufriedenheit,
ein Warenparadies als Kundenmohn
und digital abstrakte Fron.
Und selbstverständlich Lebenslügen
Von Sinn, Geborgenheit und Letztgehalten …
Als ob die Lagen uns noch sicher trügen;
längst doch Globalgewalten.
Nicht zu vergessen diese Zwänge:
Was man zu fühlen und zu denken habe
in diesem primitiven Rauschgemenge
Atomisierter ohne Geistesgabe.

25.1.2005; abends (1094)52

Das ist so einer jener Abende,
an denen ich, gefragt, ob es sich lohne,
das alles hier noch tapfer durchzuhalten,
spontan dann wohl eher nein sagen würde.
Vor Antriebslosigkeit ganz indolent
und haltlos vegetierend vor mich hin.

Tatsächlich wäre längst ich schon verfallen:
Dem Nihilismus dieser Daseinsschwäre.
Wenn da nicht noch die Einsichtskraft,
die Selbstdistanz und diese Sehnsucht wäre,
mich in Gedichten auszulegen,
in ihnen mich als Schein zu greifen.

Coole Selbstbestandslose (1095)53

Ach diese schäbig kleinen Seelen,
die wir doch alle sind als inszenierte
Verfallsprodukte dieser Tauschwertsause.
Narzissten, die sich spaßstramm quälen
als Selbstdarsteller: Marktdressierte 
Behelfsschauspieler einer Mammon-Flause,
in Gier und Neid und in Gewissensleere,
Orientierungslosigkeit gefangen.
Existenziell Systemverfügte.
Versager in Substanzbelangen.
Als ob die infantile Show genügte,
sich selber zu entkommen:
Enthemmender Bedeutungslosigkeit.
Von Mittelmäßigkeit benommen
und unstillbarer Selbstwertlüsternheit.

Allein? (1096)54

Was wäre freilich angenehmer auch,
bedenkt man nur die Perfidie,
den Stumpfsinn und die Launenhaftigkeit
sich selbst entzogener Iche zweiter Hand.
Die Reiz, Reklame, Show bekriechen,
sich Halt und Einheit abzuspiegeln,
sich einen Daseinssinn zu träumen …
Am Ende all das psychisch zu bestehen,
was faktisch Einzelnen sich doch entzieht:
System-Zynismus, Staatsverfall und Asozialität,
Entselbstungsdruck und Inszenierungszwang.
Obszönität als Tugendquelle ausgeliefert.
Allein? Ach was! Noch nicht mal mit sich selbst.

Leerstelle (1097)55

Man hat sich allenfalls als Perspektive,
als ausgedeutetes Behelfskonstrukt.
Entklaubt sich einem Dickicht doch
verdichteter Kultursymbolik.
Sei’s ins Gedicht, in Traumweltscheit,
in die Fiktionen reizenthemmter Worte.
In Wertphantasmen, tugendsieche.
Zuletzt ins absolut Diffuse,
wo man dann auch die große Leere fühlt:
Man ist so einsam, ist so ganz allein.
Sein Leben lang als Trance sich nur gegeben,
mit sich in rätselhaftem Zwiegespräch.
Umsonst sich suchend auch in Du und Wir.

Sublime Psychen-Auflösung (1098)56

Ist doch gar nichts mehr da, 
was nicht die geistige:
die ökonomisch notwendige 
Selbstenteignung der Individuen, 
Spaß verheiligend, anbeföhle.
Ist diese doch der Preis 
für ein geplantes Glück.
Wär’s nämlich anders,
griffen jener Bitterkräfte nicht:
Wie Schalheit, Stumpfsinn,
die gesollte Lust …  
Uns unser Dasein als 
Entlastungszwang entlarvend.
Zumal auch ständig 
Tugend radebrecht 
der Medienchor 
als Letztvernunft.
Verdrängend freilich,
dass als Rabulistik
sein Allheils-Prophetismus 
wirken muss;
Man findet jene nämlich 
faktisch nicht mehr vor.
Am Ende bleibt 
tatsächlich nur
die feministisch 
selbstbestimmte Variante 
der Bergung aller 
im vertrauten Schoß
des familiären Pazifismus …
Der Barbarei, Gewalt 
und Selbstzerfall 
indes vergeblich 
zuzudecken sucht.

SMS//Zufällig aus einer Papierhalde gezogen (1099)57

Die Langeweile 
quält sich um die Kirmeshalden.
Die übersättigte Existenz, 
ihrer selbst müde, beginnt, 
aus dem Ruder zu laufen.
Die Gleichgültigkeit fällt drogensüchtig
und ichkrank sich selbst an.
Die Selbstsucht, wie befohlen, 
wirft sich auf Subjektverneinungsstrategien.
Und doch greift auch sie 
orientierungslos daneben.
Nicht dass deshalb Grund 
zu irgendeiner Verantwortung bestünde.
Nicht dass sich die Sorge, 
vergeblich auf Reife aus, 
um sich selbst 
Gedanken machen müsste.
Nicht dass die große Vergeblichkeit 
nun versuchen wollte, 
aus sich selbst auszubrechen.
Nicht dass die Nichtigkeit 
der gegenwärtigen Existenz 
als solche über uns käme.
Nicht dass unsre Tugendnaivität 
sich irgendwann 
einmal faktisch beweisen müsste.
Wir brauchen nicht zu fürchten, 
uns nunmehr selber tragen zu müssen.
Zumal wir es gar nicht könnten, 
uns schon so tief benommen, 
dass wir Schuld an was immer zu haben 
definitiv unfähig geworden sind.
Vielleicht indes dürfte ich - 
diese Illusion will ich mir gönnen, 
zumal ich dann längst schon 
Asche sein werde - 
auf Teile der Massen zählen, 
deren Realitätssinn vielleicht 
groß genug wäre, 
die postkapitalistischen Verhältnisse 
(sollte es überhaupt noch 
Verhältnisse geben) 
nicht nur auf Pleonexie, 
Naturwissenschaften, 
Technik und gierblinde 
Verrohung zu stellen …
Indes wir, ich ahne es, 
uns selbst zu stabilisieren 
eines Gottes bedürften, 
unserer selbst, 
dazu sind wir außerstande,
niemals mächtig.

Probleme eines Politikers in einer Wohllebenswerte anschmachtenden Stimmungs-Demokratie/
Für Max Weber (1100) 58

Von news umstellter Staatsschauspieler,
der Selbstverlust sich nicht entziehen kann,
der, Wirklichkeit entwöhnt in einer Blasenwelt,
sich mimen muss als kompetent,
als souverän primär, ergriffen zeitgeisthörig,
indem er allbesorgt von Würde schwadroniert,
Respekt und Achtung und von Werten,
die er benutzen muss, sich anzubiedern
dem spaßweltdrastisch egophilen* Wähler,
der nur sich selber sieht. 
Und das ist rational
in einer Welt der reinen Propaganda,
Reklame, Sensationslust und Effektmagie.
Die nicht zu meistern ist mit Wahrheit, 
Ehre, Stolz und Geistesschärfe …
Nur noch mit Selbstverachtung, Feigheit,
Phrasen und berechnetem Klamauk.
Zumal die Mittel fehlen doch zu Augenmaß,
zu Sachbezogenheit und Selbstdistanz,
zu Kraft und Mut, die eigne Eitelkeit,
gar den Narzissmus so zu zügeln,
dass sich Verantwortung noch tragen ließe.
Ein obsoletes Ideal, ich weiß es doch.
Mediokrität hat es zerschlagen. 
Noch mehr indes dies Wohlstandsjoch
der hochprekären Lagen.
Die immer mehr sich doch verdichten
zu solchen, nicht zu lösen.
Auch weil zertrümmern alle Geistesschichten,
erregungsnihilistisch Lust-Gram zu verdösen.

*egophil = das eigene Ich liebend

 

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