Alfred Sattig
Gedichte
 

Über mich

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Diese Seite enthält 22 Gedichte (15 Prosa-, Reim-Gedichte und 7 Sonette)

(A) Grundlegender Hinweis:
Ich beginne mit dem Homo-mensura-Satz/dem metron-anthropos-Satz (Mensch-Maß-Satz) des Protagoras von Abdera (ca. 485 – 415 v. Chr.); dieser lautet: "Πάντων χρημάτων μέτρον ἄνθρωπος, τῶν μὲν ὄντων ὡς ἔστι, τῶν δὲ οὐκ ὄντων ὡς οὐκ ἔστιν … οἷα μὲν ἕκαστα ἐμοὶ φαίνεται, τοιαῦτα ἔστιν ἐμοί … οἷα δὲ σοί, τοιαῦτα αὖ σοί."
Übersetzung: „Aller Dinge Maß ist der Mensch, der seienden, dass (wie!) sie sind, der nichtseienden, dass (wie!) sie nicht sind … Wie alles einzelne mir erscheint, so ist es für mich ... wie dir, so ist es wieder für dich.“

Ich beginne mit diesem Satz, um mit diesem zum Ausdruck zu bringen, dass alles, was nun folgt, in Aussagen, Behauptungen, Dafürhaltungen usw. gekleidet, m i r so zu sein s c h e i n t, wie ich es gesagt, behauptet, in Verse gefasst bzw. ausformuliert habe, sei es auch noch so negativ, extremistisch und also auch bedrückend: Es ist je 
m e i n e persönliche Sicht auf mich selbst, mein Leben, die anderen, die Gesellschaft und die Welt überhaupt; ob diese Sicht richtig oder falsch ist, sei dahingestellt. 
Tatsache ist, dass ich keinerlei Anspruch erhebe darauf, definitive Wahrheiten  bieten zu können (solche am allerwenigsten); noch will ich jemanden belehren oder überzeugen; weder mittel der Gedichte selbst, noch mit den Inhalten meiner Erläuterungen und Kommentaren zu diesen; diese dienen ausschließlich dazu, das Verständnis der Gedichte zu erleichtern; und zu nichts außerdem.

Vorspann:
(B) Zunächst das Wichtigste zu meiner Person: Mein Name ist Alfred Sattig. Ich bin 72 Jahre alt. Dass ich nunmehr mit meinen Gedichten - ich schreibe seit den 1980er Jahren Gedichte, schrieb auch schon früher zuweilen welche - an die Öffentlichkeit gehe, hat rein persönliche Gründe:
Ich werde mich dieser Aufgabe widmen in der Hoffnung, dass sie mich ziehen (herausfordern) wird, soll genauer heißen: kommandieren, um mir auf diese Weise - vielleicht - zu helfen, mir die letzten Jahre meines Lebens, wenigstens in manchen Stunden, faszinierend und sinnträchtig auszugestalten, soll heißen: mir meinen unvermeidlichen biologischen Verfall zuweilen aus dem Bewusstsein zu streichen: Wer Gedichte macht, ist sich nämlich selber los … Was jeder weiß, der sich irgendeiner packenden Aufgabe widmet und dabei völlig „in ihr aufgeht“: z. B. in einer künstlerisch-handwerklichen; weiter: vor allem mich auch ein wenig zu schützen vor der Gefahr einer z. B. resignationsfundierten Antriebslosigkeit, der man sich, insbesondere im Alter, nur allzu leicht überlässt, wenn man, wie ich selbst, in seinen späten Jahren in einer Welt lebt, die einem, aufgrund z. B. technologischer oder kultureller (psychoethisch tief prägender) Neuerungen mehr oder weniger fremd geworden ist; zumal einem vielleicht auch - ob zu Recht oder zu Unrecht - als eine im Niedergang befindliche erscheint.
Aber warum veröffentliche ich eine Homepage? Könnte ich nicht einen Verlag suchen, der sich bereit fände, meine Gedichte zu veröffentlichen? Nun, ich habe es versucht; dreimal; es war zwecklos; warum? Das wirtschaftliche Risiko für den Verlag wäre einfach zu groß; denn meine Gedichte sind nicht leicht zu verstehen; zumal sie nicht mit dem Zeitgeist konform gehen bzw. zu vereinbaren sind, denn sie setzen auf eine obsolete (überholte) Kategorie der Daseinsausrichtung: Geist. Ich werde nicht umhin kommen, immer wieder zu versuchen, klar zu machen, was ich im Begriff „Geist“ an existenzprägenden Momenten sozusagen zusammenschießen lasse; überhaupt: Das Geistige (als sozusagen hochkulturell-elitäre Kategorie) erscheint heute den meisten eher als eine individuelle, zumal elitär-arrogante, Marotte, als dass es - von Ausnahmen abgesehen - noch ernst genommen würde: Die heutige Zeit ist, muss es sein, geistlos, denn eben dies entlastet die einzelnen von all den Mächten, die sie als Individuum, genauer: als Person (im kantischen Sinn: Würdeträger, der niemals Sache, sondern immer nur Zweck-an-sich ist) zu entmächtigen so geeignet sind; außerdem wirken sich geistige Ansprüche und Haltungen per se antikonsumtiv aus.
Dann habe ich viele Sonette geschrieben; und diese Gedichtform gilt ebenfalls als obsolet, ist in der Tat, was ihre Form anbelangt, der Gefahr ausgesetzt, „schematisch“ zu werden, jedenfalls (gilt sie als eine), die den effekthungrigen Zeitgeistsubjektivismus (Subjektivismus = einseitig übertriebener und unbelehrbarer Individualismus) emotional nicht zu berühren vermöchte; hinzukommt - erschwerend -, dass ich geradezu monoman (besessen, getrieben, psychisch gefangen, ohne die innere Kraft, davon Abstand zu gewinnen) immer wieder „andichte“ (geistig „anrenne“) gegen die gegenwärtige Welt als einer - so sehe ich sie – von (s. unten) Bedrückungsmächten heimgesuchte, die aufgrund dieser sich selbst in die Falle laufen könnte (wirtschaftlicher Niedergang, politisch-rechtsstaatliche Veränderungen, kulturelle Verwahrlosungen, Anomie (griech.: Gesetzeswidrigkeit, Gesetzlosigkeit; auch Zustand mangelnder sozialer Ordnung; auch: Zusammenbruch der kulturellen Ordnung; und: Zustand mangelhafter gesellschaftlicher Integration innerhalb eines sozialen Gebildes, verbunden mit Einsamkeit, Hilflosigkeit u. Ä (so das Fremdwörterbuch des Duden, Mannheim 1997)

(C) Was ist ein Sonett? Hier das Beispiel:

Innenwelt-Zersetzung/Sonett (1)

Erbärmlichkeit und Stumpfsinn zu vermeiden,     (Zeile 1)
das ist nicht leicht in einer Welt der Daten,          (Zeile 2)
der Zahlen, news und aufgeblasen faden            (Zeile 3)
Verzückungschancen sinnverlassner Zeiten.       (Zeile 4)
      
Man muss sich wappnen vor den Niedrigkeiten,  (Zeile 5)
in die man ziemlich schnell doch kann geraten,   (Zeile 6)
weil, ausgesetzt Entwirklichungsdiktaten,            (Zeile 7)
man, bodenlos, sich muss berauscht entgleiten. (Zeile 8)
      
Wir sind die Opfer einer hochsubtilen                  (Zeile 9)
Zersetzung wertgetränkter Innenwelten.              (Zeile 10)
Verführt, uns sittlich selber zu verspielen.            (Zeile 11)
         
Und zu verschreiben Posen, Spaß und Gelten.   (Zeile 12)
Wir haben nichts mehr, das uns noch bezelten    (Zeile 13)
und retten könnte vor Entseelungskühlen.           (Zeile 14)

(1) Das Sonett (grundsätzlich) umfasst 14 Zeilen
(2) Es besteht aus 4 Strophen
(3) Die Strophen 1 und 2 nennt man Quartette (Vierzeiler)
   (1) "Erbärmlichkeit" bis "Zeiten"
   (2) "Man" bis "entgleiten"
(4) Die 3. und 4. Strophe heißen Terzette (Dreizeiler)
   (3. Strophe: „Wir“ bis „verspielen“
   (4. Strophe: „Und“ bis „Entseelungskühlen“
(5) Taktart des Sonetts: Jambus (Steiger: -/ = unbetonte Silbe, dann betonte. Jede Zeile eines Sonetts weist 5 Jamben (Steiger) auf. 
Zeile 2 oben: Das íst nicht leícht in eíner Wélt der Dáten 
(´ = Betonung)
Zeile 5 oben: Man múss sich wáppnen vór den Níedrigkeíten (´ = Betonung)
Zeile 8 oben: Man, bódenlós, sich múss beraúscht entgleíten  (´ = Betonung) usw. usw.: 
Immer 5 Betonungen (/)je Zeile: -/-/-/-/-/
(6) Reimschema (es gibt einige von solchen Reimschemata; ich bringe nur das folgende Beispiel): 
abba abba (die ersten beiden Strophen, die Quartette), cdc cdc (die beiden letzten Strophen, die Terzette)
(7) Reimschema des oben angeführten Sonetts:
abba abba cdc ddc
(8) Jede Zeile des obigen Sonetts ist ein 11-Silbler: 
(9) Zeile 11:
Ver(1)führt(2), uns(3)sitt(4)lich(5)sel(6)ber(7)zu (8)ver-(9)spie(10)len(11) .... Also: 11 Silben
(10) Weiblicher Ausgang: 2 Silben: meí/den, schreí/ben, sá/gen//Männlicher Ausgang: 1 Silbe: kalt, hart, lieb, krumm usw.//entweder betont oder unbetont

(D) Hier drei Sonette von mir:

Die gezielte Verramschung der Innenwelten (2)

Wer reagierte noch auf Argumente,
statt auf Effekte, Reize, Sensationen?
Wer wäre nicht erpicht, mit Emotionen
zu setzen auch moralische Akzente?

Und wer bemerkte nicht auch die stupende
Tendenz, sich selbst vor allem zu betonen.
Ganz ähnlich, wie das tun die Star-Ikonen,
die Meinungsmacher und Parteivorstände.

Indes wir leben längst in surrealen
Affekt-, Gefühls- und Stimmungs-Druckgefügen.
Bedient von Propaganda und von schalen,

reklametechnisch inszenierten Lügen,
die sich als Fortschritt und Beglückung prahlen.
Sich uns als Marktabklatsch zurechtzubiegen.

Von absoluten Fakten und Kommandofallen (3)

Ein Affenorganismus - Sternestaub -,
Atomgefüge, das, Verfall verfügt,
doch ihm bewusst in jedem Augenblick,
wird sich erdreisten müssen einen Wert,

der ihn sich selbst dann machen muss zum Raub.
Zumal ihn seine Eitelkeit betrügt
mit Würde-, Freiheits- und Vernunft-Geschick.
Weil er sich selbst nur, muss es, doch begehrt.

Als dieser Knecht sich dann die Welt umschafft
- Natur, Moral, Recht, Staat, Geschichte -
primär mit hypertropher Ratio-Kraft.

Die setzt ihn aus jetzt einer Daseinsdichte,
in der er unverstellt sich selbst angafft:
Ding ohne metaphysische Gewichte.

Die totale Verlassenheit des spätkapitalistischen Erlebniskonsumenten (4)

Dass dieser Spätzeittypus noch verstehe 
- auf Reizentfesselungen angewiesen -,
dass er, geborgen in Entwirklichungen,
sich eine faktenfremde Trance so schaffe …
das scheint mir nicht der Fall zu sein, ich sehe,
dass er, ekstatisiert, doch will zerfließen
in kultkonformen Drangentäußerungen
auf dass er so sich in Erlösung raffe.  
Mag da sich auch ein Grundvorgang vollziehen:
Der tiefe Wunsch, Vereinzelung zu meiden,
von der, als Kunde ihr perfekt gediehen,
er nie vermögen wird sich abzuscheiden:
Er muss mit allen andern vor ihr knien.
So außerstande, ihr noch zu entgleiten.

(E) Weiter: Sehr kurze - sehr allgemeine - Darlegung (besser: Andeutung) der weltanschaulichen Grundlagen meiner Gedichte (für die ich keinerlei denkerische Originalität beanspruchen kann; da bin ich ausnahmslos Schüler anderer Denker, von denen ich sehr viel lernen durfte)
Der menschliche Wille ist nicht frei (Determinismus): Wir sind in der Regel außerstande, über uns selbst zu verfügen; etwa weil nicht vernünftig, sondern durch und durch irrational
(1) als Organismen (Bedürftigkeits- und Trieb-Gefüge), Träger eines rationalen Intellekts (Verstandes), Vernunftwesen (auf moralische Werte angewiesen, aber oft nicht in der Lage, uns diesen gemäß zu verhalten: Wir versagen moralisch viel zu oft) und - zuletzt - Geistwesen, die wir letztlich alle sind, nämlich als
(2) Wesen, die über eine komplexe Lautsprache verfügen; als
(3) Schöpfer von Staaten, Rechtssystemen, von Ideen und Idealen; also als
(4) Vertreter von Weltanschauungen, Ideologien, Wertsystemen und Religionen, sind wir sozusagen wesensbedingt widersprüchlich:
(a) Wir können nicht nicht kommunizieren (Paul Watzlawick),
(b) Wir können aber auch nicht nicht werten (selbst das abstrakteste Tun: Das analytische Denken, ist "wertdurchtränkt", weil zweckorientiert
(c) Man kann alles Mögliche wollen, aber nicht nicht wollen (Artur Schopenhauer, 1788 -1860), deutscher Philosoph)
(d) Wir verfügen geistig über uns als Individuen nur auf der Grundlage einer kollektiv erbrachten Kulturleistung: der Lautsprache, woraus ich folgern möchte, dass wir uns selbst schon deswegen, weil wir, uns selbst als Selbst betrachtend, zurückgreifen müssen auf das kollektiv geschaffene Kulturgut Sprache, nur als (sprachlich fundierte) Perspektiven haben. Kurz gesagt: Wir haben uns nicht als individuelle Selbst-Einheiten, wir interpretieren uns, um auf diese Weise uns eine solche Einheit (auf Abruf) zu werden. Übrigens: Die jeweilige Muttersprache "färbt" die individuellen Gefühlswelten signifikant mit.
Weiter: Ich glaube nicht an eine natürliche Güte/Gutheit des Menschen, der, falsch, amoralisch, schlecht sich betragend, dies nur tue, weil er durch die Gesellschaft, in der lebt, verdorben worden sei (so Jean Jaques Rousseau, 1712  - 1778, französischer Philosoph. Ähnlich auch Karl Marx in den Ökonomisch-philosophischen Manuskripten, Meiner-Verlag, Hamburg, 2005, der von einer natürlichen(!) Güte des Menschen ausgeht und annimmt, dass das Privateigentum die Quelle allen Übels, vor allem: der Entfremdung des Menschen von sich selbst (also auch: seiner ursprünglichen Güte sei; dazu Barbara Zehnpfennig (s. hinteren Einband des angegebenen Werkes): „Der Mensch ist Teil eines Heilsgeschehens, das des Durchgangs durch das Unheil bedarf, um ihn erlösen zu können. In den ökonomischen Verhältnissen spiegelt sich der Stand jenes Prozesses wider. Am Ende der Geschichte ist der Mensch aller ihn bedrängenden Übel ledig: der Not und der Feindschaft, der Gier und der Herrschaft …“  Ich, Sa. glaube freilich, dass der Mensch "von Natur" weder gut noch böse, sondern "liquide Masse"  ist (also: formbar, je nach Gegebenheiten und Verhältnissen); nach Robert Musil, Edler von, 1880 - 1942, Autor des Romans "Der Mann ohne Eigenschaften").
(e) Überhaupt gilt: Der Mensch ist seiner Pleonexie (nach Arnold Gehlen dem Ineinanderlaufen von Ich-, Hab-, Macht- und Genuss-Sucht) radikal ausgesetzt 
(f) Er weiß von vornherein um sein Ende; weiß, dass er Zeit: Verfall und Tod ausgesetzt ist, und das wird ihn lebenslang seelisch heimsuchen (sollte er auch versuchen, es gänzlich zu verdrängen)
(g) Die menschliche Existenz ist dauerprekär (prekär = gefährdet) man kann krank werden, verunfallen, arbeitslos, verlassen, ausgebeutet, herabgewürdigt, übermächtigt werden, in Kriegswirren geraten - und das in jedem Augenblick
(h) Der Einzelne kann seiner - auch genetisch mitbedingten: er ist als Individuum genetisch einmaliges Zufallsprodukt - Persönlichkeit nicht entrinnen.

(F) Zusammenfassung:
Der Mensch ist also 
(1) Organismus (Kreatürlichkeit: Bedürftigkeits- und Triebgefüge)
(2) Ingeniöser Ratio-/Intelligenz-/Verstandes-Virtuose: Techniker und Naturwissenschaftler 
(3) Vernunftträger (wert- und normenbezogen, ethisch (leitungs-) bedürftig)
(4) Geistwesen 
Dazu dies: Das Geistige ist - ist es in der Tat - schlechterdings elitär - vgl. dazu: Christopher Lasch, Das Zeitalter des Narzißmus, Hamburg 1995, S. 183: „Konservative und progressive Kritiker des Bildungswesens stimmen in einer zentralen Grundauffassung überein; daß nämlich geistige Maßstäbe schlechthin elitär sind.“ Im Original: The Culture of Narcissism, New York, 1991, Nr. VI, S. 125: Kapitel: Schooling and the New Illiteracy ... The Spread of Stupefaction … „Conservative and radical critics of the educational system agree on a central contention---that intellectual standards are inherently elitist.“ 
Woraus unmittelbar folgt, dass der Geistmensch ein gesellschaftlicher Außenseiter ist; notwendig; soll auch heißen: einsam auf sich selbst zurückgeworfen
(5) Ich, empirisches (faktisches) Selbst, ideales (erwünschtes/ ersehntes) Selbst, soziales Selbst (Vgl. dazu Vittorio Hösle, Moral und Politik, 4.2. Die menschliche Identitätsproblematik, S, 288ff)
Also: Der Mensch ist Ich; als dieses empirisches (faktisches) und ideales (erstrebtes) Selbst und: Me (George Mead, 1863 - 1931, amerikanischer Philosoph und Sozialpsychologe) =  soziales Selbst (der, der ich bin in den Augen anderer; Selbst, zu dem mich andere Artgenossen machen/gemacht haben, indem sie mich beurteil(t)en).

(G) Der heutige Mensch, der Mensch der westlichen Konsumgesellschaften
(1) ist auffällig narzisstisch*. Der heutige Narzissmus ist allerdings ein "zeitgeisttypisches" Phänomen, soll heißen: Unter den Bedingungen der heutigen Konsumdiktaturen unvermeidlich; entscheidend sind deren (sich immer deutlicher herausschälenden und an Intensität zulegenden) psychisch fundamental prägenden Gesellschaftsphänomene, die man unten unter (H) (nach der Anmerkung betreffs Narzissmus) aufgelistet findet.

*Anm.: Narzissmus
Heutzutage weit verbreitete Sucht nach Selbstverwirklichung, Selbstinszenierung. 
Dazu Reinhard Haller, Die Narzissmusfalle, S. 40:
Narzissmus setze sich aus folgenden 4 Komponenten zusammen:
(1) Egozentrizität (ich verstehe das Wort so: Das eigne Ich ist einem sozusagen die ganze Welt, eine Art zwanghafte Fixierung auf sich selbst, sich selbst sein Ein und Alles seiend, eine Art Halbgott durch und für sich selbst 
(2) Empfindlichkeit (sich leicht beleidigt, angegriffen, zu Unrecht kritisiert fühlen usw. usw.)
(3) Empathiemangel (Empathie = die Fähigkeit, sich in andere Menschen einzufühlen; das kann der Narziss nicht, weil er sich selbst die einzig relevante „Daseinsgröße“, also individuelle Grandiosität  ist)
(4) Entwertung (anderer Menschen; der Narziss, gewissermaßen von seiner eigenen Großartigkeit geflutet, ertrinkt, sich permanent als "größter und dickster Fisch" inszenierend, so in der eigenen verdorrten Innerlichkeit einer desorientierten, verängstigten, geistlosen und faktenflüchtigen menschlichen Armseligkeit. Was ich freilich auch verbinde mit Selbsthass, Seelenkälte, Gewissenlosigkeit, Neid, Angst, Geistesarmut, Realitätsverweigerung und maßloser (zwanghafter!) Selbstbezogenheit.
Und all dies findet man heute als „Massenphänomen“ 
----------------------------------------------------------Ende der Anm.*

(H) Kategorien:
(1) Atheismus (Die Leugnung der Existenz Gottes, Ungläubigkeit, Gottlosigkeit); Fakt ist dass dieser Atheismus weit verbreitet ist; und: immer mehr Menschen ergreift
(2) Materialismus (gemeint ist der alltagsprofane: Das Streben nach Wohlstand, Lust und konsumtivem Glück)
(3) Utlilitarismus (Sammelbezeichnung für das Nützlichkeitsdenken; z. B. meinte John Stuart Mill, 1806 - 1873, englischer Philosoph: Ziel des Utilitarismus sei das "größtmögliche Glück für die größtmögliche Anzahl von Menschen"
(4) Eudämonismus (Lebensziel: Glück)/Hedonismus (Lebensziel: physische Lust; griech.: eudaimonía = Glückseligkeit; hedoné griech.: Lust
(5) Infantilismus (Selbstentpflichtung, sich den disziplinierenden Alltagsanforderungen -etwa beruflichen - am liebsten entziehen wollen; dazu: Eskapismus: Die Flucht aus der Realität in eine träumerische Verantwortungslosigkeit als Scheinweltgenuss  
(6) Emotionalismus (hier: sich in Gefühlen, Affekten, Stimmungen usw. erleben, ergehen, verträumen, entlasten)
(7) Egalitarismus = vollkommene Gleichheit aller Menschen. Indes: Die Menschen wollen gar nicht gleich sein, vielmehr in der Regel andere überragen, ausstechen, übertreffen; indes sind sie sich gerade darin gleich, dass sie, gleich seiend in dem, was sie wollen (Wohlstand, Lust, Prestige, Erfolg, Macht, Erlebnischancen usw.), sich oberflächlich zu unterscheiden suchen: also nicht in ihrem Wesenstreben (nach Wohlstand), sondern in den (ungleich verteilten) Mitteln, dieses zu realisieren (Waren): Dasselbe wollen so gut wie alle (Wohlleben), aber die Chancen, es zu erlangen, sind ungleich. 
(8) Nihilismus (auch als Tugendillusionismus bzw. -hypertrophie): Vereinfacht gesagt: Welt, Geschichte, Ideen, Ideale, Existenz, Gesellschaft, Moral, Kultur - welches menschliche Schaffen und Streben auch immer, egal welches Werten und Bezwecken auch immer usw. ist letztlich sinnlos. Wörterbuch der philosophischen Begriffe (Meiner-Verlag, Hamburg, S. 455): "Neubildung von lat. nihil "nichts", der Standpunkt oder die Lehre der bedingungslosen Verneinung bestehender Anschauungen, Glaubenssätze oder Verhältnisse" . Schon bei Aurelius Augustinus, 354 - 430, Philosoph und Kirchenlehrer hießen die Nichtgläubigen "nihilisti", also: Gottesleugner: Atheisten)
(9) Werte-Pluralismus (Freilich "Wenn alles gilt, gilt gar nichts" - Gottfried Benn, 1886 - 1956, deutscher Dichter)

(I) Der heutige Mensch ist (in der Regel), einer globalen Welt ausgesetzt/verfügt (denken Sie beim Lesen des Folgenden, warum ich am Anfang den Satz des Protagoras angeführt habe); also: 
(1) faktisch (sehr oft jedenfalls) seiner selbst entmächtigt
(2) er treibt - idealtypisch gefasst (die realen Individuen sind weitaus mehr; viel differenzierter, reicher … und: in der Regel besser, als ihre – fragwürdige - Kultur es vermuten lässt = Erinnerung an ein Bonmot Theodor W. Adornos), um die Probleme pointiert herausstellen zu können - gottverlassen hilflos-desorientiert und dauerentlastungsbedürftig, erlebnislüstern als spaßversierter Kick-, Reiz,- Effekt- und Sensations-Sammler durch ein hochkomplexes Gestrüpp von Markt- und Medial-Verknechtungswirren, belämmerungssanfte, artefaktielle „Erlösungs“-Labyrinthe irrend, um sich 
(3) erlebnismonoman-verwahrlosungsselig (monoman = von einer Zwangsneigung, einer einzigen Idee besessen) 
(4) seiner Marktknechtschaft zu erfreuen, die es ihm immerhin ermöglicht, 
(5) sich von jedweder Faktizität (vor allem auch seiner Reduktion zur Umsatzmonade - Monade = eine in sich geschlossene, für sich seiende Einheit - durch märchenhafte Wirklichkeitsverluste loszumachen: 
(6) sich wohllebensgeborgen in gängige Formen der Trance (= in meinen Texten immer irrationale Träumerei, Absenkung des Realitätssinnes usw.) zu versetzen (Eskapismus!, s. o.)

(J) Weiter: Und das gilt auch für mich selbst: Ich lebe (muss es) als ihrer selbst existenziell entmächtigte Systemmonade, als welche ich, selbst wenn ich über einen freien Willen verfügte, mit diesem faktisch nichts würde ausrichten/anfangen können, denn (beispielsweise) meine Abhängigkeit von hochkomplexen globalen, z. B. wirtschaftlichen Verflechtungen ist offenkundig ... Ich werde, um auch dies zu erwähnen, von Machtkonstellationen beeinflusst, gar gesteuert, die ich nicht einmal kenne. Einmal abgesehen davon, bin ich gesellschaftlich-ökonomisch nichts weiter als 
(1) eine Umsatzpotenz ... (Kunde; und als dieser bin ich allein systemrelevant; nicht als Privatperson: als dieser besondere Mensch; das muss so sein)
(2) ein Bedürftigkeitsbüttel und ein biologisches Triebgefüge,
(3) an dem ein menschliches Interesse seitens der gesellschaftlichen Mächte gar nicht bestehen kann ... obgleich diese unermüdlich mir ein solches vorgaukeln via Reklame, Politpropaganda, Ergriffenheitsethik und Tugend-Bombastik ... Und doch bin ich auch 
(4) Geistwesen. Und diese Tatsache rettet mich zwar nicht vor allem dem, was ich eben anführte, wohl aber doch vor einem totalen Nihilismus (völliger Sinnlosigkeit von egal was immer; auch meinem eigenen Dasein), indem die Gabe des Geistes mir erlaubt, Gedichte zu machen, mich dabei selber los zu sein (ich sagte das schon, s. o.), die Welt, in der ich lebe, ein wenig besser und tiefer zu begreifen, um sie entsprechend dann auch distanzieren zu können; Geist, das ist der Rettungsanker meiner Existenz, sozusagen die Schwerkraft, die diese zusammenhält und also davor bewahrt, seelisch, sozial, ethisch (moralisch) und kulturell „auseinanderzufallen“, zu „kollabieren“. 
Und eben davon handeln die Gedichte: Von meinem Ausgeliefertsein an eine Gesellschaft, eine globale Welt, an ein System, fundamental geprägt von Kapitalismus, Naturwissenschaften, Technik (mehr u. mehr Digitalisierung, Künstliche Intelligenz), an Mächte also, gegen die ich nichts vermag, denen ich mich nicht entziehen kann, die zumal mein Leben in einem Ausmaß steuern (medial, propagandistisch, per Reklame usw.), wie es bedenklicher nicht sein könnte; daher mein monomanes (zwanghaft besessenes) "Andichten" gegen diese Welt mit den Mitteln eines Geistes, der freilich faktisch irrelevant, macht- und mittellos, kurzum: ohnmächtig ist. Das angedeutete, mich sich ihm untertan gemacht habende Weltgeflecht, ist übrigens notwendig, geradezu wesenstypisch für uns Techniker („Entwirklichungsvirtuosen“), die sich – verfügend über eine hochkomplexe Lautsprache als Quelle anthropologischer  Mentifakte (Geistprodukte wie Religion, Wertsysteme, Weltausdeutungen, Institutionen usw. usw.; dagegen: Artefakte = Werkzeuge, die wir auch bei Tieren finden) Kunstwelten schaffen müssen: kulturelle (religiöse, weltanschauliche, ideologische, also: sprachlich fundierte), und dann v. a.: technische als intelligente Naturumgestaltung und -Zerstörung - dazu wesensfundiert gezwungen), unumkehrbar, von niemanden zumal gewollt (niemand ist schuld daran) ... Es ist evolutionäre Ananke (Notwendigkeit); wahrscheinlich sogar - wer weiß? - eine evolutionäre Falle qua Überspezialisierung ... (s. dazu auch Gedichte, S. 12 der HP = Homepage).

Dazu folgendes Gedicht: „Das Geistige“ (5)/Vgleiche dazu (37/2222): 37 = Seite und 2222 = Gedicht-Nummer)

Das Geistige? Orientierungsstrategie,
den Nihilismus dieser Welt zu meiden:
Fiktionenexegese* mittels Sprachmagie,
sich nicht nur marktgesteuert zu erleiden.

Vielleicht auch noch mal heimzufinden
in metaphysische Regionen,
sich kindlich noch mal als Person* zu gründen,
um jene zu entthronen.

Und sei’s auch nur für eine Stunde,
sakral sich zu erfahren,
nachtrauernd jener tiefsten Gottes-Kunde,
dass man nur geistig kann sich selbst bewahren*.

*Fiktionenexegese: Tatsächlich ist das Geistige die Macht/Fähigkeit/Gabe, die Lebenswelt als „Faktenkosmos“ so 
a u s z u d e u t e n, dass man sie, wenigstens halbwegs, psychoethisch zu meistern/ zu bewerkstelligen versteht, es einem gelingt, sich in ihr zurechtzufinden
*Person: Nach Kant vernünftiger „Zweck-an-sich“, „Nicht-Sache“, „Wesenswürdeträger“: s. GG 1,1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ (die Würde des Menschen als Person, Zweck-an-sich, die Würde des Menschen als Subjekt des Sittengesetzes (des kategorischen Imperativs, dazu später ausführlich)
*geistig sich bewahren: Etwa in diesem Sinne: „Es ist wiederum nur die Religion, die die Frage nach einem Zweck“ - also auch: Sinn - „zu beantworten weiß. Man wird kaum irren, zu entscheiden, daß die Idee eines Lebenszweckes mit dem religiösen System steht und fällt.“ So Sigmund Freud, in: Abriss der Psychoanalyse. Das Unbehagen in der Kultur, Fischer Bücherei, Nr. 8043, S. 74). 
Und: Der oben erwähnte Nihilismus, Atheismus erst einmal als Daseinstatsache vorausgesetzt, wird sich/muss sich - und sei es auch nur schleichend - am Ende durchsetzen.

(K) Generell lässt sich sagen:
(1) Kein einziges Individuum vermag die hochkomplexen, unsere Welt formenden und ausmachenden Gegebenheiten, Prozesse, Gefahren usw. usw. auch nur annähernd psychisch zu verarbeiten; wir sind ihnen als Individuen hilflos ausgeliefert, oft gar ihre Spielbälle; und auch diese Tatsache ist ein zentrales Thema meiner Gedichte: Die Selbstentmächtigung des Individuums, seine Ausgeliefertheit an von ihm nicht mehr angemessen zu begreifende und seelisch-geistig zu verarbeitende (globale) Verhältnisse
(2) Davon abgesehen, vermag niemand, seine Gesellschaft sei, welche auch immer, seine Existenz ohne Illusionen, Leerformeln, Traumgefüge und Lebenslügen zu bewältigen: Existieren heißt immer, sich um die sei es empirischen (in der Erfahrung faktisch vorliegenden), sei es moralischen, sei es metaphysischen (metaphysisch = jede mögliche konkrete Erfahrung übersteigend, also z. B. religiöse = innere seelische Erlebnisse) Einflüsse, Zwänge, Befangenheiten usw. usw. "herum zu phantasieren"
(3) Man hat sich selbst immer nur als gesellschaftlich-sozial geprägte Perspektive und: nur im Spiegel der Sprache,
d. h. in "Bedeutungsaffekten" 
(4) Friedrich Nietzsche (1844 - 1900, deutscher Philosoph) meinte, Dasein sei Traum und Rausch. Das ist korrekt. Es ist aber - heute - auch und vor allem "Entlastungswirrsal" mit dem Ziel, sich selbst vor sich selbst, dem Du, dem Wir, der Gesellschaft, überhaupt: der Welt, zu bewahren; es ist Erlebniszufuhr und Emotionen-Bewirtschaftung, ist Ausblendung von Wirklichkeit, ist narzisstische Selbstinszenierung, ist Lust-, Selbstentfesselungs- und Belämmmerungs-Kult (z. B. via Pop-Musik, Drogen), es ist resigniert-ängstliche Selbstentmächtigung, es ist existenzielle Resignation und Selbstaufgabe ...
(5) Unsere heutige Welt - objektiv die Superstruktur von Kapitalismus, Technik und Naturwissenschaften (so Arnold Gehlen, 1904 - 1976, deutscher Philosoph, Anthropologe, Soziologe) - ist einer der Gegenstände meiner Gedichte … nämlich der fundamentale. 
Und ich selbst, 
(a) das hilflos dieser Superstruktur ausgelieferte Individuum
(b) der Spielball ihrer progressiven Verwahrlosungsträchtigkeit
(c) die permanent ihr ausgesetzte „Umsatzpotenz“
(d) schutzlos ausgeliefert ihrem Trivialmaterialismus (Konsum als Daseinsinhalt)
(e) ihrem Belämmerungs-Hedonismus (hedonistisch = auf physische Lust bezogen)
(f) ihrer Tugendhypertrophie (hypertroph = im Übermaß, überspannt, überzogen)
(g) ihren Zwängen zu massiven Realitätsverlusten und -ausblendungen
(h) und zu einem entmündigenden Erlebnisinfantilismus usw. usw.

(L) Weitere Gedichte:

Niedergang I (6)/Vergleiche Niedergang II (1/67)

Neurotisch monoman fixiert
auf diese späte Kunstweltbrache
die alles korrumpiert:
Moral, Sinn, Glück und Sprache,
Kultur, Gesellschaft, Staat und Recht -;
von ihrer Allmacht 
hilflos tief berührt;
so sehr, 
dass sie mich formt und treibt,
am Ende 
meine Selbstverfügung gar mir nimmt.

Sodass mir nur noch eines bleibt:
Sie in Gedichte mir zu fassen
und so vielleicht sie zu begreifen:
Als tief absurdes sich Verprassen,
als das Vabanquespiel 
eines Ratio-Knechtes,
der auf Erlösung setzt durch Waren,
Lust, Kinderei und Emotionen …

Was sich jetzt zeigt 
als ein Geflecht
aus Innenweltzerfall,
Narzissmus-Lumpereien,
aus Korruption und Psychenkälten,
als radikales Ich-Gefecht
in einem Waren-, Mammon-
Macht-, Lust-, Vorteils-All ...
als eines auch der Tugend-Tyrannei,
politmessianisch elitär,
auf dass man selbst erhoben sei:
Ideologe, gebend die Gewähr,
dass nah sie seien,
die humanen Welten.

Indes Verfall längst
in den Psychen glimmt,
Konstruktivismen Fakten schleifen,
Den Geist erstickt Gesinnungsbrei …
Als ob der Niedergang
gar ein erwünschter sei.

Wozu noch in solchem Land?(7)

Wozu noch Sehnsucht, 
wenn die Glücke dorren,
die Seelen
nach und nach zerfallen,
Natur verkommt, 
in Müll versinkt,
das Land ist 
vor sich selbst längst 
auf der Flucht,
will allenfalls noch 
Tugendpreise schnorren,
indem es tragisch
um die Menschheit ringt,
will diese vor sich selbst 
bewahren
mit seinem weltberühmten 
Ethik-Hauch?
Nicht fähig freilich,
für sich selber auch
das Nötigste, nur dies, zu tun:
Für es ist nun mal
Schall und Rauch,
dass man am Ende nur
auf sich kann ruhn:
Pleonexie verwobnes
Trieb-Gebaren.

Nihilismus-Trott (8)

Indes das Land mag -
sei’s drum - untergehen;
scheint’s ja zu wollen,
gleichsam Tag für Tag: 
Der Wirklichkeitsverlust 
bleibt störrisch unbesehen.
Die Sprache freilich, 
die so reiche, tiefe, 
ja: mir sogar substanzsakrale,
die ohne cool und fuck und wow
muss bleiben,
Auf dass man auf die letzte Schiefe,
auf dass man auf die letzte Schale,
auf allerletzte Daseinswehen 
auf Deutsch auch könne 
dieses schreiben:
Vielleicht mag Einsicht uns
zuweilen schenken,
gewähren Nachsicht einst ein Gott,
zu lassen von verlognem Sollen,
der Widersprüche Bau zu schleifen,
um uns am Ende zu gestehen,
dass wir verroht verfielen Nihilismus-Trott,
wir wohlstandsblind 
nach Selbstentmächtigungs-Verfahren greifen.

Mein mit sich selbst geschlagenes Volk/Sonett (9)

Dem Land, den Deutschen (dieser Selbsthass-Glut) ...
Was hätte ihnen grade ich zu sagen?
Ich kann nicht loben sie, doch auch nicht klagen.
Vor ihnen immer doch schon auf der Hut.

Zumal zu täuschen wissen sie recht gut:
Nicht Geist. Nur Wirtschaft sollte sie doch tragen.
Um so dann andere zu überragen,
was heimlich greift als tiefsten Glückes Flut.

Indes verdanke ich mich geistig ihnen.
Genauer: Ihrer wunderschönen Sprache.
Die prägte mich so tief, dass sie mich hob:
 
Nicht nur mir selbst als Kreatur zu dienen:
Erlebnis-Einheit dieser Mammon-Brache ...
In manchen Traum mich von Vollendung schob.

(M) Weiteres zu meiner Weltanschauung (allgemeine Angaben)
(1) Ich bin - aus wohlverstandenem Selbstinteresse heraus - überzeugter Demokrat, ein Befürworter liberaler Rechtsstaatlichkeit
(2) Ich lehne alle Entwürfe utopistischer Vergesellschaftung-Versuche als illusorisch ab - egal, wie man sie auch nennen mag: Das bekannteste Beispiel: Der Kommunismus/Sozialismus (Sowjetunion, China, Nordvietnam, Kambodscha,  Kuba usw. usw.: Das Ergebnis war immer (musste es sein): Diktatur, Barbarei, Massenelend, Ausbeutung, zuweilen gar Armut.
Der "Neue Mensch" - ein Ideal und Ziel etwa Che Guevaras, 1928 – 1967, argentinischer Revolutionär auf Kuba - ist und war ein Illusion
(3) Der Mensch ist (s. o.) unfrei; was auch heißt: kein moralisches Wesen (im Sinne Kants; also keine Person; kein Würdeträger (das ist hier freilich zunächst mal nichts weiter als eine Behauptung; das Thema ist sehr schwierig, bedarf also besonderer Behandlung - und Redlichkeit).  
Immanuel Kant, 1724 - 1804, deutscher Philosoph aus Königsberg, geistiger Vater des Grundgesetzes   
(4) Der Mensch ist unterworfen (teilweise schon mitgeteilt)
(a) seiner Pleonexie (Ich-, Hab-, Macht- und Genuss-Sucht; griech.: „Mehr-und-immer-mehr-haben-Wollen“)
(b) lebenslang sich selbst als Organismus (Bedürftigkeits- und Triebgefüge), 
(c) ist ausgeliefert an andere Menschen  (konkurrenzsüchtige, weil überragen wollende/müssende - das ist ein Grundantrieb - Artgenossen), weiter an
(d) Machtverhältnisse (ökonomische, politische, existenzielle usw.) 
(e) Zufälle: schwankende Herkunfts- und Gesellschaftsverhältnisse,
(f) an physischen Verfall, Endlichkeit (vor allem: wir wissen von vornherein, dass wir sterben werden; man kann das nicht oft genug betonen, denn es ist, wenn nicht radikal verdrängt, eine lebenslange Daseinslast), 
(g) an Unterlegenheit gegenüber (manchen, einigen) anderen (ich nenne hier nur die natürliche Lotterie, was körperliche und personale Vorzüge, aber auch soziale Privilegien anbelangt, weiter: ausgeliefert an dauerprekäre Gegebenheiten, wie
(h) physische und psychische Gesundheit, vor allem aber auch an Vorzüge/Nachteile, dann an genetisch fundierte Persönlichkeitsmerkmale usw.; dann:
(i) Der Mensch ist nicht aus einer göttlichen Schöpfung hervorgegangen. Vielmehr
(j) Gott existiert wohl nicht (ich sage "wohl", weil man seine Existenz weder beweisen noch widerlegen kann); ich lege mich (die Ergebnisse der Naturwissenschaften lassen mir keine andere Wahl) fest: Gott als allwissender, allmächtiger, allliebender und allbergender absoluter Geist existiert nicht; also wird es 
(k) für uns kein Danach geben; keine Auferstehung; kein ewiges Leben
(l) Wir sind zufällig aus einer biologischen Evolution hervorgegangen
(m) Wir sind "Materiemorphen" (Morphe = Gestalt, Form), atomare Gebilde durch und durch, also unfrei (für uns gilt das Gesetz der Kausalität ausnahmslos: wir unterliegen einem lückenlosen Determinismus), sind 
(n) objektiv sinnlos existierende Wesen, subjektiv sich notwendig selbst verfallene, zum Nichts bestimmte, „seelenlose“ (nicht mit einer unsterblichen Seele ausgestattet) Leibgefüge, die freilich als Tiere weit mehr sind als die von uns so genannten anderen bewegungsfähigen Lebewesen (einer der entscheidenden Unterschiede ist die hochentwickelte Lautsprache bei uns Menschen, ohne die wir über keine geistigen Fähigkeiten verfügten: an Gott glauben, Staaten gründen, Rechts- und Moralsysteme, Institutionen, Weltanschauungen vertreten, Kunst machen, uns für Ideen aufopfern, lachen, weinen Selbstmord begehen, Nein sagen, protestieren, uns selbst ausdeuten, ironisieren, humorfähig sein, uns selbst perspektivieren, beziehen auf (was auch immer) usw.; kurzum: wir sind deutungsabhängige Kulturwesen: und als solche können wir nicht nicht werten  
(o) Die physikalische Materie organisiert sich selbst
(p) Der Urknall (vor 13,82 Milliarden Jahren) erfolgte ziel- und zweckfrei; er erfolgte nicht, auf dass es irgendwann einmal uns gäbe; wir waren nicht das Ziel der physikalischen, chemischen und biologischen Evolution (letztere hier auf der Erde)
(q) Wir existieren nicht notwendig; noch muss es uns - wie wir es uns zuweilen naiverweise wünschen - immer geben
(r) Wir werden wieder verschwinden (vielleicht gar durch uns selbst (mit-)verursacht)
(s) Wir sind als notwendig Techniker sein müssende Wesen (wir konnten nur als "Techniker" = Werkzeughersteller überhaupt überleben; vgl. einschlägige Literatur, am besten Arnold Gehlen: Der Mensch und Konrad Lorenz, 1903 - 1989, Verhaltensforscher u. a.), wir sind  eine Naturkatastrophe (so Franz Wuketits, zeitgenössischer österreichischer Soziobiologe)

(N) Der Kapitalismus als "Superstruktur" (= Das Gefüge von Kapitalismus, Technik und Naturwissenschaften) (nach Arnold Gehlen) ist
(1) autodestruktiv (ökologisch, sozial: progressiver Zerfall der Gesellschaft durch massive Ungleichheiten, fortschreitende Dekadenz, politisch: im schlimmsten Fall schleichende Zerstörung der Demokratie und des liberalen Rechtsstaates, weil die (ist deren Eintreten wahrscheinlich? Und wenn ja: In welchen Zeiträumen?) sozialen Folgen: Asozialisierung, Anomisierung und Anarchisierung nur diktatorisch-autoritär würden sei's unterdrückt, sei's korrigiert werden können - wenn überhaupt, kulturell: Zerfall der individuellen Innenwelten: "Gemütstod" = Reflexionsinkompetenz, psychischer und sittlicher Verfall (Gewissenlosig- und Vernunftunfähigkeit), Orientierungslosig- und Haltlosigkeit, Vergossungs-Nihilismus = dauerneurotische Heteronomie, Selbstverlust, massive Aggressionen, wachsende soziale Unfähigkeit usw. usw. - im Extremfall ist die Steuerung der Menschen unvermeidlich; tatsächlich aber erwarte ich (auch) Gewaltorgien (aufgrund unmittelbarer Existenzbedrohungen, wie etwa durch ökologische Katastrophen; eine  lebbare, gar humane Zukunft in globalem Ausmaß, halte ich dagegen für unwahrscheinlich, will sie aber nicht ganz ausschließen - allerdings mit einem Menschentypus, der mit uns Heutigen eher nicht zu vergleichen sein wird. Er wird, das ist die wahrscheinliche Konsequenz aus einer grenzenlosen Anwendung (und dem Missbrauch) von Künstlicher Intelligenz: Es wird ein Knechtstyp, ein Wesen sein, gekennzeichnet (wenn‘s gut geht) von einer "servitude  paisible": "von friedlicher Knechtschaft" (Alexis de Tocqueville, 1805 - 1859, französischer Staatsdenker und Politiker), Hauptwerk: De la Démocratie en Amérique (Über die Demokratie in Amerika)
(2) Ich gehe zumal davon aus, sagte das bereits, dass unsere hypertrophe („maßlose“) Rationalität sich als "evolutionäre Sackgasse" herausstellen könnte: Technologisch "überdeterminiert" könnten wir, der Natur vollständig aus der Hut gelaufen, sei's durch diese (Katastrophenszenarien), sei's durch uns selbst (sich autonomisiert und von uns emanzipiert habende KI = Künstliche Intelligenz) vernichtet werden ... eine durchaus deprimierende Vorstellung, wenngleich wohl doch eher spekulativ
(3) Gerne bereit, alptraumhafte Szenarien beiseite zu setzen (da sie zu viele unsichere Elemente beinhalten würden), möchte ich trotzdem die Meinung vertreten, dass sich die bereits jetzt offenkundigen Probleme, allgemein gesprochen: die Probleme einer progressiven Auflösung individueller Selbststeuerungskompetenzen: heteronome (fremdbestimmte) Desorientierung und Entlastungsbedürfnisse, die individuell nur mittels Autodeklassierungsverhaltungen - Drogen, Gewaltorgien, Entnormungsdekadenz usw. - werden (schein)befriedigt werden können. Man denke auch an den wohl unvermeidlichen Niedergang seelisch-geistig tragender Bildungsfähigkeit und -willigkeit: Die diesbezüglichen intellektuellen Leistungen sinken immer mehr (ein Ergebnis: der gewaltselige, gewissenlos-primitive Desorientierte)

(O) Ich bin also 
(1) "reiner" Materialist/Naturalist (die physikalische Materie ist das einzige Sein; außer ihr gibt es nichts: keinen Gott als dieser Materie über- und vorgeordneter, reiner Geist, keine unsterbliche Geistseele des  Menschen, die nach seinem Tod weiter existierte; der Geist des Menschen als intellektuelle Spezialbegabung beruht selbstverständlich auf materiellen Vorgängen im Gehirn; d. h. ich vertrete einen naturalistischen Monismus (erkläre alles aus einem Prinzip, eben der Materie)
(2) Darwinist (der Mensch hat sich aus dem Tierstamm heraus entwickelt, ist das zufällige, nicht notwendig entstandene Ergebnis einer biologischen Evolution, die vor über 4 Milliarden Jahren auf der Erde begann), also:
(a) Atheist  (Gott existiert nicht) und 
(b) Nihilist (das Ganze hier ist letztlich, zumindest objektiv, sinnlos; subjektiv mag man sich - und tut es - einen solchen - wodurch immer (ich tue es radikal geistbezogen) Sinn schaffen oder „anschaffen“
(c) Fatalist (ohnmächtig meinem Schicksal ausgeliefert)
(d) Determinist (alles Geschehen ist determiniert: festgelegt)
(e) Solipsist (in diesem Sinne: Dass ich mich niemandem mitteilen kann. Dagegen: Die Außenwelt als von mir, dem Ich, unabhängige, erkenne ich als solche ohne Einschränkungen an, d. h. diese ist nicht das „Produkt meiner eigenen Vorstellungen“)
(f) Und zugleich - das ist sehr paradox, entspricht aber der Wahrheit - distanziere ich mich, geistig existierend, genau davon:  Vom Materialismus, Darwinismus, Atheismus und Nihilismus - und zwar als Gedichte machender (eine per se antinihilistisch- mystisch-magische Sehnsuchtstätigkeit mittels Sprache) Geistmensch; denn: Als solcher bin ich dem Irrationalen: dem Metaphysischen, dem Ekstatisch-Dionysischen und dem ideellen Erleben/Erfahren anheimgegeben, ja: verpflichtet, besser: ekstatisch „verfallen“, um - etwa - diese empirische (erfahrbare) Gegenwartswelt zu entlarven, an der ich doch auch als Geistmensch mitnichten vorbeikomme (im Gegenteil: ihr geradezu schmerzlich ausgesetzt bin, weil ich ihre Fragwürdigkeiten, Fehlentwicklungen und Lebenslügen gleichsam "geistig tasten" kann. Sie, diese Gegenwartswelt, zwingt mich dadurch, meine prekär-irrationale Daseinssituation zu analysieren, auf dass ich wisse, was und wer ich, in sie unlösbar verflochten, sei (jedenfalls eine Selbst-Fiktion)... Anstatt sie unmittelbar, naiv fraglos mein Dasein in ihr vollziehend, existenziell auszudrücken als überindividuelle entlastungsschiere Wirklichkeitsverlustquelle sozusagen devot hinzunehmen (was mich doch manchen Daseinsleides enthöbe). 
Kurzum: 
(3) Geistiges Dasein erfahre ich subjektiv als fraglos sinngesättigt, weil es ein Schaffen ist, das sinn- und einsichtsträchtige Ergebnisse zeitigt: nämlich Gedichte, obwohl es, das geistige Dasein, faktisch-objektiv (empirisch) nicht gegeben sein kann; geistiges Sein ist per se - auch - eine träumerisch-irrationale, ja: ekstatisch-metaphysische, sehnsuchtsgetriebene) Teilhabe an einer scheinbar für sich seienden, rauschhaften, der materiellen Tatsächlichkeit entzogenen (ihrer ledigen) Welt. Geist, das ist Schaffens-Rausch, Schaffens-Macht, „Vergessen“ seiner als Organismus (Bedürftigkeit), ist ein sich selbst los Sein, ein sich selbst haben vergessen Dürfen. Allgemeiner: Dafür, dass ich an der rein materiell fundierten geistigen/sprachmächtigen Schicht des menschlichen Daseins habe teilhaben dürfen (das ist ein Zufalls-Geschenk, ein unverdientes Privileg, das man nicht hat haben w o l l e n können, sondern das einem genetisch „zu und hin gewürfelt“ wurde - ohne Grund, einfach als Ergebnis einer Lotterie. Ein Geschenk, wofür zu leben sich gelohnt hat, denn es verleiht dem Leben einen einzigartigen Wert, u. a. weil es, wurde man seiner teilhaftig, einem erlaubt, sich selbst (in Gedichten) hervorzubringen/sich selbst zu konstruieren/zu fiktionalisieren/ sich sogar auszuspielen/sich aus-, um- und weg zu deuten, etwa aus dieser inzwischen allgemeinen Plage der nihilistischen Banalität und zunehmenden (auch sittlichen) Erbärmlichkeit des modernen Lebens

(P) Grundsätzlich Bemerkungen (noch einmal):
Weder will ich, solche Gedichte verfassend, die Welt, die Gesellschaft, die Verhältnisse überhaupt, noch also auch die Menschen, sei es ändern, sei es bessern, sei es verdammen, sei es glorifizieren. Ich ziele nicht auf irgendwelche gesellschaftlichen Wirkungen ab; das erschiene mir gänzlich naiv. Indes will/wollte ich sie (diese Welt) erkennen. Ob mir das gelungen ist/gelingt, das sei dahingestellt.
Für meine weltanschaulichen Ausführungen gilt: 
Sämtliche Ausführungen dienen allein dem Zweck, die Gedichte verständlicher zu machen; diesem Zweck allein; sie erheben also keinen Anspruch auf „Richtigkeit“ (exakte Welt-, Gesellschafts-, Daseins-, Zukunfts-Wiedergabe/-Analyse/-Beschreibung/-Ausdeutung/-Erfassung); es waren (und sind) lediglich subjektive Perspektiven, die ich biete (eben "meine"); und nichts außerdem.

(Q) Was ist für mich Geist (u. a.)?
(1) Zunächst einmal eine seltene (nicht intendierbare) Gabe
(2) Eine kommandierende Gabe: So bin ich etwa desinteressiert  an einem auf Dauer gestellten Ausleben meiner Pleonexie (dem Ausleben meiner Ich-, Hab-, Macht- und Genuss-Sucht); diese menschliche Grundeigenschaft "Pleonexie" (griech.: Mehr-und-immer-mehr-haben-Wollen) ist gegenüber Kunstmachen und Einsichtsgewinn für mich von nachgeordneter Bedeutung
(3) Eine Gabe auf der Grundlage, wie oben schon ausgeführt,  "Genetischer Gnade"; insofern eine Zufallsgabe, ohne dass ich nur ansatzweise erklären könnte, warum gerade mir … denn irgendwelche objektiven Voraussetzungen gab es dafür nicht; im Gegenteil; vor allem deswegen sehe ich mich gezwungen, auf die genetische Seite so großen Wert zu legen
(4) Ein Zwang: Etwa der, mich mir selbst auszusetzen, um zu erkunden (falls möglich), wer und was ich sei: Jedenfalls jemand, der an Wohlstandssteigerung als zentralem Daseinsziel nur wenig Interesse hat; jemand, der sich auf keinen Fall unüberlegt den herrschenden Verhältnissen aussetzen möchte, um von diesen dann vereinnahmt und „verschlungen“ – „existenziell gekapert“ - zu werden; weiter: etwa der, keinerlei narzisstische Anfechtungen: Selbstinszenierungssucht zuzulassen; dann der: mir selbst gegenüber eine radikale Redlichkeit an den Tag zu legen 
(5) Eine Perspektive auf die heutige Welt, eine kritische, u. U. auch entlarvende
(6) Eine misstrauische Einstellung gegenüber der Ingeniosität von Naturwissenschaften und Technik, die Wissenszuwachs in ihren Bereichen wie selbstverständlich als Fortschritt ausgeben, obwohl es vielleicht gar keiner ist. Von "Fortschritt" reden, meint doch auch - wieder einmal - "werten": Fortschritt ist/sei als solcher gut! Wirklich?
(7) Ein Selbstanspruch
(8) Ein Reflexions-, Schaffens- und Orientierungs-Drang
(9) Eine metaphysische (irrational-mystisch-kindliche: sehnsuchtsgesteuerte) Zufluchts-Chance = magische Welt-Überschreitung
(10) Eine Verpflichtung zu bestimmten Werten:
(a) zu Demokratie und Rechtsstaat (anderes zu präferieren, etwa die Herrschaft einer totalitären Partei, wäre nämlich „Masochismus“, insofern ich mich mit einer solchen Haltung selbst ans Messer (etwa einer Diktatur) lieferte
(b) zu einer Askese-, statt Konsum-Moral (Anti-Narzissmus, Vorrang des "Ganzen" vor mir selbst, Sozialverpflichtung, Ehrlichkeit, Verzichtsleistungen, Selbstzwang, Selbstübermächtigung im Namen übergeordneter Ziele: Vermeiden jedweder Form parasitären Verhaltens zum Nachteil anderer usw.
(c) zur absoluten Bevorzugung des rationalen Verstehens komplexer gesellschaftlicher Zusammenhänge gegenüber Ideologien, Weltanschauungen, Religionen, Tugend-Idealen und egal welchen Fundamentalismen
(d) zu einem nichtgängigen Daseinsvollzug als Weltüberschreitung, Weltflucht ... zu einer Art „platonischem Eskapismus“ (Realitätsabkehr und -verweigerung im Dienst einer metaphysischen Sehnsucht … wäre bei Platon: 427 – 347, griechischer Philosoph) die Sehnsucht des vernünftigen Seelenteils (dem unsterblichen neben dem sterblichen begehrlichen und ebenfalls sterblichen ehrliebenden Seelenteil), einst in die rein geistige (unwandelbar ewige) Ideenwelt einzugehen bzw. sie eine Leben lang zu „betrachten“/zu „schauen“
(e) zu einer geistigen Lebensweise als stabilisierendes, orientierendes Daseinszentrum (Vgl. dazu Gedichte Seite 1 der HP; Thema „Geist“)
(f) zu einem geistigen Schutzwall gegen Wirklichkeitsverluste
(g) zur Priorisierung des Geistigen als existenzieller Schwerkraft meines Daseins

(11) Zum Thema „Glück und Geist“ dies:

Aristoteles, griech. Philosoph aus Stageira, Schüler Platons, 384 – 322 v. Chr. Aristoteles: ἡ εὐδαιμονία τὠν αὐταρκὠν ἔστιν (Eudem. Ethik, VII, 2) „Das Glück gehört denen, die sich selber genügen.“ So sehe ich, Sa., 
es auch.

Demokrit von Abdera (Um 460 - 370 v. Chr.), Philosoph schuf zusammen mit Leukipp die antike Atomtheorie. Hier sein Frg. 146: Der Geist (nach Demokrit) ist es gewohnt, seine Freuden aus sich selbst zu ziehen* (Übers. von Gregor Damschen) *τὸν λόγον (κατὰ Δημόκριτον) αὐτὸν ἐξ ἑαυτοῦ τὰς τέρψιας ἐϑιζόμεον λαμβάνειν (Frg. 146). So sehe ich, Sa., es auch.

Arthur Schopenhauer (1788 – 1860), Aphorismen zur Lebensweisheit, Kröner-Verlag, 1974, S. 7)
„…so ist es auch mit dem Menschen: durch seine Individualität ist das Maß seines möglichen Glückes zum Voraus bestimmt. Besonders haben die Schranken seiner Geisteskräfte seine Fähigkeit für erhöhten Genuss ein für allemal festgelegt. Sind sie zu eng, so werden alle Be-mühungen von außen, alles was Menschen, alles, was das Glück für ihn tut, nicht vermögen, ihn über das Maß des gewöhnlichen, halb tierischen Menschenglücks und Behagens hinauszuführen: auf Sinnengenuss, trauliches und heiteres Familienleben, niedrige Geselligkeit und vulgären Zeitvertreib bleibt er angewiesen: sogar die Bildung vermag im Ganzen, zu Erweiterung jenes Kreises, nicht gar viel, wenngleich etwas. Denn die höchsten, die mannigfaltigsten und die anhaltendsten Genüsse sind die geistigen; wie sehr wir auch, in der Jugend, uns darüber täuschen mögen, diese aber hängen hauptsächlich von der geistigen Kraft ab. Hieraus wird klar, wie sehr unser Glück von dem, was wir sind, von unserer Individualität …“ also nicht davon, was wir haben oder was wir gelten.

S. auch S. 1 der Einleitung zu Schopenhauers Schrift: Chamfort, 1741 – 1794, franz. Schriftsteller: 
„Le bonheur n’est pas chose aisée: Il est très-difficile de le trouver en nous, et impossible de le trouver ailleurs“.
Übersetzung: „Das Glück ist keine leichte Sache (keine klare und einfache Angelegenheit für uns Menschen, denn …): Es ist sehr schwierig, es in uns selbst, und zugleich doch unmöglich, es anderswo (außer uns selbst) zu finden.“
Beiden, Chamfort und Schopenhauer, stimme ich vollumfänglich zu.  

Bemerkungen: Und da wir das Glück nur in uns finden können, und es also nur ein geistiges sein kann, sage ich (ohne Vorwurf - ein solcher wäre lächerlich), dass der Kapitalismus glücksfeindlich ist, denn er tut alles, uns davon zu überzeugen, dass wir so was wie Glück (in erster Linie) außerhalb unserer selbst suchen soll(t)en (denn nur außerhalb unserer selbst fänden wir es), nämlich es als konsumtives Glück; indes ist dieses - als Ziel unseres Glückstrebens - nichts weiter als die permanente (und zwar erfolglose) Wiederholung des Versuches, Glück zu finden, was der Kapitalismus verhindern muss, denn: Träte eine dauernde Befriedigung ein (im Falle des konsumtiven Glücks ist eine solche freilich von vornherein ausgeschlossen), gäbe es keinen Grund mehr, weiter und weiter, fort und fort, darin Glück suchend, zu konsumieren.
Ein amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler (dessen Name mir leider entfiel: Chikagoer Schule!?), brachte es auf den Punkt, indem er sinngemäß sagte: Der Kapitalismus hat das Glück durch die permanente Jagd nach ihm ersetzt: Der Weg zum Glück, die Jagd nach ihm, ist also die Hoffnung, es, das Glück, es jagend, zu finden, also gibt es, genau genommen, keins; nur die Erwartung, es irgendwann doch zu ergreifen, festhalten zu dürfen, es zu bewahren.
Das für mich definitiv größte Glück besteht darin - ich wiederhole mich das -, mich selber los zu sein; und das ist genau dann der Fall, wenn ich Gedichte mache, also sozusagen geistig schaffend mich als 
(מ) Organismus
(נ) Sozialmonade
(ס) Machtobjekt
(ע) Verbraucher usw. usw. 
vergessen darf; ja: transzendieren (übersteigen) darf (und kann) um, gelingt das, aufzugehen in einem geistigen Schaffensprozess, dessen Ziel es auch ist, mich von mir als Kreatur, rationaler Intelligenz und Vernunftwesen: Bedarfsfiktionen (Werte)-  als Gesellschaftsgefangener dazu gezwungen - perspektivierendes Subjekt zu distanzieren, um mich als geistiges Selbst mir zu Bewusstsein zu bringen bzw. sogar überhaupt erst sprachkonstruktiv zu entbergen

(R) Ein weiteres Gedicht als Selbsteinwand 

Indes wozu Gedichte noch? (10)

Für was denn schreibst du noch Gedichte?
Für wen? Das ist absurd.
Wenn du bedenkst, 
dass du am Ende stehst 
der Geistkultur-Geschichte:
Jetzt bist du Ratio-Ausgeburt,
im Auftrag derer du 
dich selber lenkst:
als Körperding nur noch erhöhst.

Musst zumal digital dich fügen
in kaltprekäre Asozialität,
in stumme Zwänge,
schicksalslos gediegen
Effekten, Reizen und Gerät:
Dem Wuchern einer Techno-Diktatur
sich selbst benommner gleicher Iche,
globalem Markt Neuronen-Riegen,
zu fronen jeder Lust-Tortur …
sich physisch zu genügen
im Trance-Vollzug von Kultstechschritten -
subtil verfügter Spätzeitschliche.

Wozu Gedichte also? Sag!
Ist doch längst fort die alte Geisteswelt:
Schimäre ohne Sinn-Ertrag,
die niemand mehr hier psychisch hält.
Man gibt sich gierig hin Ekstasen, 
wie Markt- und Zeitgeist-Druck sie schenken.
Um sich zu finden in Erlebnisphasen:
An Einsicht sich, Gehalt und Zweck,
von Spaß betört vorbei zu lenken.

(S) Weitere Gedichte

Des Zeitgeists Spielball (11)

Versäumen Wir
und Du -
und was man sonst 
versäumen kann -
verfügt dem konsumtiven Bann
von ontologischem Tabu.
Monade,
lebenslang allein,
ein Knechts- und Traumgefüge,
sich permanent
entzognes Sein.
Sich selbst Fiktion,
erzwungenes Entseelen.
des Marktes Klon,
sich zu verhehlen:
Orgiastisch zu versanden,
ein Spielball nur zu sein
ein Ich-Knecht,
selbst sich unverstanden,
entfesselt sich allein -
das musste ich
im Großen Fun
als Dauerschweigen
des Wozu.

Teilchenwelt gegen Geistwelt (12)

Selbst die zentralen Worte greifen nicht.
Aufgrund der Wirklichkeitsverluste.
Nur greifbar im Gedicht
als rational gemusste.
Als Botschaft aus den Kernen:
Ein nihilistisches Diktat
aus atomaren Fernen:
Quarks-Elektronen-Saat.
Gefügt in Geist entrungnen Zeilen,
die Widerstände klären.
Indes die Fakten anonym verbleiben
im ausweglosen sich Verzehren.

Transzendenz des Nihilismus (13)

Mir gehen alle Tage
so leer und sinnlos hin …
Entfremdungsdiktatorisch ohne Frage.
Bewusst mir als geheimer Daseinssinn.
Es sei denn, dass mich Geist berührt,
ein Versgebilde zu gestalten;
von einem unbekannten Gott verführt
zu tragenden Gehalten.
Zu solchen einer Transzendenz
ins metaphysisch Absolute:
Primaten-Exzellenz.
Nach Platon ausgerichtet auf das Gute.
Doch das ist fort.
Und kommt nie wieder.
zu diesem Gram verfallnen Güter-Ort,
der schleichend nun geht nieder.

Vom definitiven Ende der Existenzmacht Geist (14)

Das, was vollziehen wir als Existenz,
ist eine späte Hörigkeit:
Ein Dasein ohne Transzendenz
in einer Welt,
ermangelnd Halt- und Sinn-Geleit.
Uns selbst verfügt, dem rationalen Intellekt,
verfallen wir als Marktmonaden,
erfahren uns nur indirekt:
als ausgesetzt sei’s Traumweltschwaden,
sei’s Wirklichkeitsverlusten,
Tugendillusionen …
verfügt indes den unbewussten,
auf Eskapismus angewiesnen Psychen-Zonen.
Versagen so auch mehr und mehr,
uns selber wahnfrei auszudeuten:
Wir inszenieren uns, narzisstisch leer,
uns an das eigne Wirken zu vergeuden.

Daseinswidersprüche/Sonett (15)

Noch mal: So was wie Schuld, das gibt es nicht.
Sind wir doch Stoffgefüge, außerstande,
uns selbst zu fassen, gar auch frei zu lenken …
Sind Perspektiven-Träumer, sinngebunden.

Das gilt auch für die rationale Schicht,
Pleonexie-Magd bis zum Grabesrande:
Im Dienst des Körpers muss sie sich verrenken 
der Kreatürlichkeit und deren Wunden.

Indes uns manchmal Selbstansprüche treiben,
von Stolz getragen, diesem Geist-Affekt,
nicht immer Spielball, Knecht und Tier zu bleiben,

um dann, von Selbstverachtungsscham geweckt,
uns fraglos eine Würde zuzuschreiben,
von Selbstdistanz als Ichsuchtbann gedeckt.

Uns selbst ausgelieferte Sinnsucher (16)

Wir werden immer vor uns selbst versagen
und immer uns verfehlen;
nur einen Traum von uns als Schein austragen,
auch andre so zu quälen.
Wir werden nie uns selber haben,
als Perspektive uns doch nur gegeben;
so lebenslang nach schönen Lügen schaben,
erträglich zu gestalten unser Streben
nach Lust, nach Anerkennung, Macht und Geld
von Ehrzgeiz, Habsucht, Trieb gezwungen.
Obgleich uns nichts dergleichen hält;
doch von Versagen und von Selbstbetrug gedungen.
Zumal in unsrer Zeit uns inszenieren müssen.
Weil faktisch gar nichts mehr ist klar.
Weshalb wir Lebenslügen hissen:
Gekaufte Pseudo-Halte* resignierter Schar.

*A l l e (sinngebenden) Halte sind Pseudo-Halte, weil geglaubte "Entlastungsfiktionen", an denen niemand je vorbeikam, vorbeikommt, vorbeikommen wird; das ist unabänderlich. Anders gesagt: Das, was uns, wenn wir Glück haben, innerlich (einigermaßen) im Lot (stabil) hält, Werte sind, d. h. Sollens-Perspektiven, die sich je nach Umständen sehr schnell ändern (als Illusionen erweisen) können.

(T) Ich behalte mir Änderungen der Gedichte vor.
Im Übrigen habe ich auch Gedichte aufgenommen, die manchem als fragwürdig oder gar als misslungen erscheinen mögen; und selbstverständlich gibt es solche; kurzum: ich habe alle Gedichte aufgenommen (auch solche, die ein und dasselbe Sujet nur variieren, also sehr ähnliche oder auch gleiche Inhalte aufweisen), was ich mir glaubte erlauben zu dürfen, weil es mir nicht um Anerkennung und dergleichen zu tun ist, sondern um so etwas wie Selbsterfüllung (genauer: Selbstabstand, ja: Selbstvergessen) in einer - in meinen Augen - niedergangsgefährdeten Gesellschaft, die als solche ich zu meiden und zu distanzieren versuche; eben auch - und vor allem - dadurch, dass ich mich „in mich selbst zurückziehe“, um Gedichte zu schreiben. Das könnte man leicht als Misanthropie (Menschenhass oder auch nur -scheu)  missverstehen, ist es aber mitnichten, denn: Keiner kann sich als der, der ist (sein muss) entrinnen, keiner sich nach Belieben selbst bestimmen, keiner - in der Regel - sich meistern; zumal in einer hochabstrakt-diffus-widersprüchlichen und die Individuen ihrer selbst benehmenden Gesellschaft. Aber dafür kann niemand etwas; auch nicht die sog. Funktionseliten (ich nenne hier nur die wirtschaftliche und die politische), die in den letzten 3 - 4 Jahrzehnten immer häufiger sich selbst schadeten, ja: zuweilen gar völlig versagten. Indes: Wem sollte, könnte ich Vorwürfe machen, doch wissend um das Phänomen des sich selbst und der Gesellschaft Ausgesetztseins, zumal nicht nicht werten und nicht nicht wollen könnend, zumal allfällig doch auch gefangen in Überzeugungen, Lebenslügen, Ausblendungen, Politmessianismus, existentieller Feigheit, ideologischen Versimpelungen der Welt, Leerformeln usw. usw. Und wem könnte man das alles (oder nur das eine oder andere) ernsthaft vorwerfen, ist es doch Ausdruck einer existenziellen Last, die wir alle tragen müssen.

(U) Weitere Gedichte:

Sich verdichtendes Gefühl/Sonett (17)

Es wird wohl immer mehr zur Einbahnstraße:
Zu einem digitalen Zwangsgefüge,
zur protzend sich verdrängten Lebenslüge,
Gewissenlosigkeit auch ohne Maße.
Dies Dasein: Work-Life-Balance, Spaß und Phrase
im Zuge rücksichtsloser Selbstwertkriege.
Als dilettantischer Narzissten-Riege
von sich entlastender Betrugs-Ekstase.
Da greift notwendig eine Daseinsleere,
die drastisch zwingt, sich selbst zu inszenieren,
sich zu verhehlen diese Spät-Misere,
dass man sich unverschämt muss selbst fingieren:
Indes doch Spielball ohne Wesensschwere,
um, metaphysisch tot, nach Gram zu gieren.

Verdorrt (18)

Man wird sich freilich
keiner Illusion hingeben,
was dieses Dasein heute anbelangt:
Hysterisiertes Phrasenbeben,
grad weil sein Untergrund 
längst schwankt.
Indes auch dies 
begreifen müssen:
Die Seelen werden klein,
beflissen,
selbst sich 
nur noch abzuküssen:
verdorrt, abstrakt, allein.

Unbehaust (19)

Was wäre freilich noch zu greifen,
was ohne Zweifel Sinnhalt wäre
in diesem aggressiven Dauerkeifen
um eine Existenz-Rauschbeere,
die, metaphysisch tot, verblüht,
entwurzelt sich zerfällt.
Entlarvt von rationaler Drangsalmacht ...
als einer ohne jedes Zelt.

Materie-Gebilde (20)

Ich? Neuronale Diktatur.
Ansonsten Illusionenkonsument.
Ein Zufall der Natur,
der sich seit Darwin kennt
als Tier, das rational gezwungen,
sich letztlich in Verderben hetzt:
Ein Stoffgebilde, Drang gedungen.

Verzeihender Realitätssinn (21)

Man muss es freilich realistisch sehen:
Es kann mit uns nichts Großes werden,
sind wir doch faktisch gottverlassen;
obwohl erlösungs-, halt- und sinnbedürftig.
So doch nichts weiter als Gebilde,
gefügt aus Elektronen und aus Quarks.
Geworfen in ein kosmisches Geschehen,
in dem wir völlig unbedeutend sind.
                            *
Erraffe daher, was sich bietet dir
an Geltung, Lüsten, Macht und Geld.
Ergreife jedes Jetzt und Hier,
das dich vor dir verborgen hält,
das dir verhehlt, was du doch bist:
Nur eine existenzprekäre,
verfallsbestimmte kurze Frist:
Entlastungshungrige Schimäre.

(V) Bekenntnis zur tiefen Weisheit Pindars von Theben (518 -446 v. Chr.): (Pythische Ode VIII, 95f)
„ἐπάμεροι·τί δέ τιϛ; τί δ̓ οὔ τιϛ; σκιᾶς ὄναρ ἄνθρωπος“ 
Übersetzung(sversuch): „Tagswesen/Eintagswesen. Was ist einer? Was einer nicht? Eines Schattens Traum, das ist der Mensch.“
So ist es.

(W) Widmung: Diese Sammlung von Gedichten und die auf den Seiten 39 bis 47 der Homepage dargelegte Weltanschauung widme ich meinen geliebten und verehrten Eltern, Helene und Rudolf Sattig, deren jeweilige Persönlichkeit, jeweilige sie tief geprägt habenden sozialen Wurzeln, jeweilige Schicksale, die sie hilflos hinzunehmen hatten (insbesondere den II. Weltkrieg), mich direkt und indirekt seelisch-existenziell fundamental geprägt haben. Dafür bin ich ihnen, gerade auch weil faktennackt schroff belehrt (und auf diese Weise gut vorbereitet auf existenzielle Herausforderungen) durch ihre Schicksale, großen Dank schuldig.

Erinnerungen an die verehrten Eltern (22)

Das waren bieder-kleine Leute,
bedrückt von Mängeln und von Alltagssorgen:
Sich selber ausgesetzt als bildungsarme Beute,
in Unterschichtendaseinskampf verborgen.
Indes ich nicht mich kann beklagen:
Sie haben’s immer gut mit mir gemeint.
Obwohl sich selbst zu tragen
sie kaum vermochten, heimlich wund geweint.
Mir geht’s genauso jetzt,
da ich sie vor mir sehe: 
seh als Daseinsschatten,
von Krieg, von Drogen, Angst gehetzt,
die letztlich nichts von ihrem kargen Leben hatten.

Grundsätzliche Anmerkungen
(1) Wenn ich des öfteren Hobbes* Diktum vom bellum omnium contra omnes benutze (Übersetzung: Ein Krieg aller gegen alle), soll das selbstverständlich nicht wörtlich genommen werden, sondern stehen für einen zukünftig möglichen hochprekären globalen Zustand - er sei ökologiosch, wirtschaftlich, technologisch, kulturell oder sonstwie herbeigeführt worden - einen Zustand eines radikalen Gegeneinanders von z. B. Kontinenten, Militärbündnissen, Staaten, Völkern, Konkurrenten, Gruppen, das sich zum Flächenbrand-Fiasko (also zu kriegerischen Auseinandersetzungen, auch einen Atomkrieg) entwickeln könnte. Es ist jedenfalls nicht absurd/unangebracht/unverantwortlich usw., wenn man eher pessimistisch in die Zukunft - insbesondere auch die fernere - blickt. So etwa neige ich dazu, anzunehmen, dass der Niedergang der rechtsstaatlichen Demokratie - und zwar gerade auch aus kulturellen(!) Gründen (psychoethische Verwahrlosung! Anomie! KI!?) nicht wird verhindert werden können.  

*Thomas Hobbes, englischer Philosoph, 1588 - 1679, meinte mit dem bellum omnium contra omnes einen hypothetischen vorstaatlich-rechtlosen Naturzustand, in dem der Grundantrieb der menschlichen Natur: nämlich die Selbstsucht (homo homini lupus: der Mensch ist dem Menschen ein Wolf) sich ungehindert auswirke (eben als Krieg aller gegen alle), welchem Zustand nur dadurch begegnet werden könne/kann, dass sich die Menschen zu einem Gesellschafstvertrag herbeiließen/herbeilassen, um eine Staatsgewalt zu etablieren (der sie sich, die Menschen, dann bedingungslos unterwürfen/unterwerfen), auf dass diese ihnen dann ihr Überleben garantiere.  

(2) Wenn ich von Nihilismus spreche (dass alles sinnlos sei: Kosmos, Welt, Geschichte,Gesellschaft, menschliche Existenz usw.), dann soll dass nicht eine Meinung(!) - ein Dafürhalten, eine Befürchtung - ausdrücken, sondern 
stehen für eine objektive Tatsache: Das objektive Sein: die sich selbst organisierende Materie, die als einzige i s t ,die alles hervorbrachte, die jede Vorstellung einer durch Gott (ein Geistwesen) geschaffenen Welt verbietet, aus der auch zufällig das Materiegebilde Mensch hervorging, i s t sinnlos (wobei ich naturalistisch, nicht philosophisch oder religiös denke), was nicht heißt, dass das subjektiv(!): von den menschlichen Individuen akzeptiert/hingenommen werden muss/müsse/müsste. So wird etwa der religiöse: tief gläubige Mensch von diesem Nihilismus gar nicht berührt: Er ruht in Gott, was, dieses Ruhen in Gott, in der Tat  dem Nihilismus  einen Riegel vorschiebt. Andere Menschen mögen sich die Frage der Sinnhaftigkeit ihrer Existenz erst gar nicht stellen, auch deswegen nicht, weil sie, sozusagen mit ihrem Leben zufrieden, nicht die Notwendigkeit empfinden, sich mit Sinnfragen auseinanderzuetzen; und das nicht zu tun, erscheint mir klug. Überhaupt: Wir Menschen verfügen über eine Lautsprache, die uns, als "Mutter des menschlichen Geistes", allerlei Möglichkeiten bietet (etwa das Machen von Gedichten), "Fiktionen" zu konzipieren, die geeignet sind, dem Phänomen des Nihilismus zu entrinnen (Religion, Staat, Recht, Ethik, Institutionen, Wertvorstellungen, Kunst usw. usw., also: geistige Kategorien als gesellschaftlich erwünschte Innenweltsteuerungs"mechanismen").

(3) Meine z. T. scharfe Kritik der gegenwärtigen Überflussgesellschaften (Konsumdiktaturen) hat keinerlei 
i d e o l o g i s c h e Gründe (im Gegenteil: ich lehne jede politisch-ideell fundierte Systemkritik dieser Überflussgesellschaft ab, weil sie, wie alle politischen Ideale, umgesetzt, nicht zu "besseren" Verhältnissen führten, sondern geradewegs ins Fiasko: alle politischen Ideale: es seien der Kommunismus, der Sozialismus, die egalitäre
rechtsstaatlich-würdefundierte Demokratie autonomer Vernunftwesen usw. usw. sind zum Scheitern verurteilt, denn: wir sind zwar idealbedürftig, aber nicht idealfähig; sind auch nicht gut, aber auch nicht schlecht, sind auch nicht nur selbstsüchtig (wie Hobbes meinte), sondern eben unserer selbst nicht mächtig, in Widersprüchen, Träumgespinste, Illusionen, Sehnsüchten, Emotionen, Tagträumen, Einsichtsgrenzen eingepfercht (vor allem auch von gesellschaftlichen Bedingungen geprägt, von Herkunft, Persönlichkeit usw usw.), soll auch heißen: permanent uns selbst und unserer Irrationalität ausgesetzt, also durch uns selbst gefährdet), sondern ganz allein k u l t u r e l l e
Gründe: angestoßen durch die in dieser Gesellschaft schleichend zunehmenden Phänomene z. B. der Verwahrlosung, der Verrohung, der Selbstentmächtigung, der Desorientierung, der Halbbildung, der Realitätsverluste, der Tugendnaivität usw. usw.; jedenfalls
(a) Wir können nicht nicht wollen
(b) Wir können nicht nicht werten
(c) Wir sind also uns selbst nur als Perspektivenbündel gegeben
(d) Wir sind zumal - und zwar permanent - der Welt, den andern (unseren Artgenossen) den historisch-gesellschaftlichen Bedingungen, unserem Herkunftsmilieu und uns selbst als genetisch einmaligen Wesen radikal ausgeliefert
 

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